Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 382† Baden-Baden 1588

Beschreibung

Bahrtuch Markgraf Philipps II. von Baden-Baden. In einer anonymen zeitgenössischen Zeichnung ist der Leichenzug zur Bestattung Markgraf Philipps II. von Baden-Baden in detaillierten Einzeldarstellungen überliefert.1 Etwa in der Mitte des Zuges ist der Sarg des Verstorbenen abgebildet, wie er auf einem Gestell aus zwei langen Stangen von mehr als zwanzig Personen getragen wird. Er ist gänzlich von einem dunklen und mit mehreren Applikationen versehenen Bahrtuch verhüllt. Dieses zeigt zwei lange, sich im Zentrum überkreuzende Besatzstreifen, in deren Mitte ein längs zum Sarg ausgerichtetes Kruzifix aufgestickt ist. Über dem Haupt Christi läßt sich der Kreuztitulus der Perspektive wegen nur teilweise erkennen (A). Vor der linken Schrägseite des Sargdeckels sind parallel zum Kreuzstamm die Initialen des fürstlichen Titels in zwei Ausführungen (B, C) wiedergegeben, unterbrochen durch den linken Kreuzbalkenabschnitt. Auf der gegenüberliegenden, nicht sichtbaren Schrägseite ist analog dazu die dritte und vierte Wiederholung (D, E) anzunehmen. Unter den beiden abgezeichneten Buchstabenfolgen befinden sich vor der linken Längsseite des Sarges zwei Vollwappen unter je drei Helmen. Diese werden von zwei einfachen Wappenschilden vor den unteren Ecken des Sarges flankiert. Die heraldische Gestaltung der verborgenen Tuchhälfte auf der anderen Seite des Sarges dürfte der hier abgebildeten entsprochen haben.2

Inschrift nach GLA Karlsruhe 46/2342, Leichenzug Philipps II. von Baden.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    [I]ṆRI3)

  2. B

    P(HILIPS) M(ARGGRAVE) Z(V) B(ADEN) V(ND) H(OCHBERG)a)

  3. C

    P(HILIPS) M(ARGGRAVE) Z(V) B(ADEN) V(ND) H(OCHBERG)a)

  4. D

    [P(HILIPS) M(ARGGRAVE) Z(V) B(ADEN) V(ND) H(OCHBERG)b)]

  5. E

    [P(HILIPS) M(ARGGRAVE) Z(V) B(ADEN) V(ND) H(OCHBERG)b)]

Wappen:
linke Tuchhälfte:
Baden-Baden4, Baden-Baden4;
Pfalz-BayernBaden-Sponheim.
rechte Tuchhälfte:
[Baden-Baden, Baden-Baden]5;
[Pfalz-Bayern]5[Baden-Sponheim]5.

Kommentar

Die Beschaffenheit des Bahrtuches Markgraf Philipps II. von Baden-Baden entsprach der seit dem 14. und 15. Jahrhundert üblichen Gestaltung, die vor allem durch die sich überkreuzenden Besatzstreifen und – soweit es sich bei den Verstorbenen um Personen fürstlichen Standes handelte – durch applizierte Wappen geprägt war.6 Hier verweisen die unteren der sichtbaren Schilde auf Philipps Eltern, Philibert von Baden-Baden und Mechthild von Bayern.7 Die zentralen Hauptwappen entsprechen dem überwiegend nur auf Siegeln und Medaillen überlieferten mehrfeldrigen Wappen des Markgrafen.8

Textkritischer Apparat

  1. Sämtliche Abkürzungen durch Punkte auf oder knapp über der Grundlinie. Auflösung der Initialen nach den Umschriften auf den Gnadenpfennigen des Markgrafen von 1584 und 1587, vgl. Wielandt/Zeitz, Medaillen 31f. nrr. 17f.
  2. Inschrift nicht überliefert. Aus Gründen der Symmetrie analog zum linken Bereich des Bahrtuches erschlossen, vgl. wie Anm. 5. Zu den Abkürzungen und Auflösungen vgl. wie Anm. a.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe 46/2342, Leichenzug Philipps II. von Baden, o. S. Zum Bestattungsort vgl. nr. 484. Auf einen Bericht in doppelter Ausfertigung über das Leichenbegängnis Markgraf Philipps II. von Baden-Baden im Staatsarchiv München verweist Mone, Verzeichniß 326.
  2. Vgl. zur vermuteten Symmetrie die Abb. des Danziger Bahrtuches (15. Jh.) in RDK, Bd. 1, Sp. 1385f (Abb.).
  3. Io 19,19.
  4. Geviert und mit Mittelschild (Baden) belegt: 1. Vordere Grafschaft Sponheim, 2. Geviert: 1/4. Alt-Eberstein, 2/3. Neu-Eberstein (Felder nur undeutlich erkennbar), 3. Geteilt, vorn Lahr, hinten Mahlberg (nur undeutlich erkennbar), 4. Hintere Grafschaft Sponheim. Die Helmzierden in der Zeichnung nur angedeutet.
  5. Wappen nicht überliefert. Aus Gründen der Symmetrie analog zum linken Bereich des Bahrtuches erschlossen.
  6. Vgl. RDK, Bd. 2, Sp. 1382–1384 (Lit.). S. a. Czerny, Tod 490; Dagmar Thormann, Vortragekreuz, Bahrtuch und Krankenkelch: Zeugnisse des Totenbrauchtums in den Kirchen, in: Trauer und Hoffnung, hg. v. Andrea K. Thunwald (Schriften und Kataloge des Fränkischen Freilandmuseums 41), Petersberg 2003, 65–88.
  7. Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 258. Zu Markgraf Philipp II. von Baden-Baden vgl. nr. 484, zu Markgraf Philibert von Baden-Baden vgl. nr. 344, zu dessen Gemahlin, Herzogin Mechthild von Bayern, vgl. nr. 327.
  8. Vgl. Wielandt/Zeitz, Medaillen 30–32 nrr. 15, 17, 18; Das Wappen des Grossherzoglichen Hauses Baden 30. S. a. nrr. 367–369, 384, 484.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 46/2342, Leichenzug Philipps II. von Baden, o. S. (Abb.).
  2. Kdm. Baden-Baden 15 (Abb. 10).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 382† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0038209.