Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 272 Gernsbach, Katzscher Garten (Bleichstr. 9) 1549

Beschreibung

Flachbogenportal. Östlicher Zugang des Gartens an der Bleichstraße. Hier nicht in situ; Herkunft unbekannt.1 Rötlicher Sandstein. Das an den Seiten verkröpfte Gebälk ruht auf zwei etwa gleichaltrigen, aber offenbar nicht zugehörigen Pfeilern. Diese sind reich ornamentiert, an der Vorderseite mit Pilastern versehen und enden oben in Blattkapitellen. Über dem Durchgang ein Flachbogen. Im Fries des Gebälks der zeilenweise eingemeißelte Sinnspruch, an den sich ein Name und eine Jahresangabe anschließen. An den Verkröpfungen des Gesimses zwei aufgelegte Wappenschilde. Über dem Gebälk ein Muschelbogen, der von zwei Voluten flankiert und von einer Kugel bekrönt wird. Im Scheitelpunkt des Bogens das Stz. nr. 26, unten an den Pfosten die Stz. nrr. 25 und 26.

Maße: H. ca. 300, B. 192, Bu. 4,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Fraktur-Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. WERa) · IEDERMAN · RECHT · BAWEN · WETb) · DER · DERFTc) · DAS · / ER · FŸL · GETSd) · HET ·2) MICHELL · RODTFVS · 1 · 5 · 4 · 9 JARe)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
unbekannt3, Rotfuß4.

Kommentar

Die Kerben der größtenteils unverzierten und sehr einheitlich geschlagenen Buchstaben sind gleichbleibend schmal. C, H, M und W haben quadratische Proportionen. Die Cauda des G ist nach innen rechtwinklig umgebrochen. Der Mittelteil des geraden M bleibt auf die obere Zeilenhälfte begrenzt. Das O ist spitzoval, die Cauda des R geschwungen und ausgestellt. Als Worttrenner dienen kleine Dreiecke auf halber Zeilenhöhe. Die Schriftmerkmale und das Stz. nr. 25 deuten darauf hin, daß die Buchstaben von demselben Steinmetz gehauen wurden, der auch die Inschrift am Marktbrunnen ausführte.5

Michael Rotfuß ist bisher anderweitig nicht nachweisbar. Aus seinem Wappen6, der Inschrift und dem reich verzierten Portal geht hervor, daß er offenbar zur Murgschifferschaft gehörte und im angegebenen Jahr ein aufwendig ausgestattetes Haus errichten ließ. Ein Verwandter namens Christoph Rotfuß war spätestens seit 1533 Stadtschreiber in Gernsbach.7

Textkritischer Apparat

  1. Auf den drei Stufen der linken Verkröpfung des Gebälks. Das W auf dem linken und mittleren Abschnitt in doppelter Zeilenhöhe und als Fraktur-Versal ausgeführt.
  2. So offenbar für hochdeutsch WOLLTE. Am rechten Ende des T-Balkens eine Beschädigung.
  3. So für hochdeutsch BEDÜRFTE.
  4. So für hochdeutsch GELDES.
  5. Auf den zwei linken Stufen der rechten Verkröpfung etwa doppelt so groß ausgeführt. Das J als Fraktur-Versal gestaltet. Auf der rechten Stufe eine konturiert eingeritzte, S-förmige Verzierung.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. (wie unten). Der Katzsche Garten wurde erst 1803 unter Verwendung zahlreicher Spolien angelegt, vgl. Kieser u. a., Kunst- u. Kulturdenkmale RA/BAD 216; Kappler, Der Katz’sche Garten 133.
  2. Vgl. ähnliche Redensarten in TPMA, Bd. 1, 364; Dt. Sprichwörter-Lexikon, Bd. 1, Sp. 253f. nrr. 37, 56.
  3. Schifferzeichen nr. 5 (zwei schwebende Schräglinksleisten pfahlweise übereinander, beseitet von zwei Längsschindeln).
  4. Schifferzeichen nr. 6 (vorn ein Bein, hinten waagschnittige Schräglinksschindel, oben und unten begleitet von je einer schwebenden Schräglinksleiste).
  5. Vgl. nr. 269, s. a. nr. 282 und Einl. Kap. 5.4, LXXXVII.
  6. Vgl. die üblichen Schifferzeichen in Scheifele, Murgschifferschaft 134; Jägerschmid, Murgthal 170f.
  7. Vgl. Hennl, Gernsbach 153.

Nachweise

  1. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nrr. 670/89, 5143.
  2. StdtA Gaggenau Chronik Hö, Langenbach, Dorfchronik Hörden, o. S.
  3. StdtA Gernsbach o. Sig., Langenbach, Stadtchronik Gernsbach, Bd. 2, 136 (erw.).
  4. Kdm. Rastatt 184f. (Abb. 110).
  5. Kunitzki, Gernsbach 74 (erw.).
  6. Kappler, Der Katz’sche Garten 136.
  7. Kieser u. a., Kunst- u. Kulturdenkmale RA/BAD 216 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 272 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0027208.