Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 254 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1542?

Beschreibung

Grabplatte (?) für den markgräflich badischen Landschreiber Matthäus Schäppler gen. Zoller. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr als fünftes Grabmal „links des grosen Eingangs“ bezeugt.1 Im Zuge der Renovierung der Kirche 1865 im westlichen Langhausjoch als erste Platte von Osten aufrecht an die Südwand gestellt.2 Nach der Verkürzung des Kirchenschiffes 1963 in das östliche Langhausjoches versetzt.3 Hier die dritte Platte von Osten an der Südwand. Rötlicher Sandstein. Die hochrechteckige Platte ist von einer schmalen Rahmenleiste umgeben. Das Binnenfeld ist zwischen zwei Balustern, die von einem laubwerkverzierten Kielbogen überspannt werden, nischenartig eingetieft. Darin im oberen Bereich ein reliefiertes Vollwappen in Frontalstellung. Darunter eine seitlich geschweifte Schrifttafel mit dem zeilenweise eingemeißelten Sterbevermerk und der anschließenden Fürbitte. Die Ränder der Platte sind leicht bestoßen; die Oberfläche sandelt vor allem im unteren Bereich stellenweise ab.

Maße: H. 190, B. 90, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno //a) dom(in)i / · M · v[c] · x · lijb) · am · 27 · tag =/ Augusti Starb der Ern/hafft vnd furneme Math/eus schaepplerc) genant Zol=/er Lanndtschreiber Zu / Baden dem Got gena(d)d)

Wappen:
Schäppler.4

Kommentar

Während in den meisten Buchstaben die spitzovalen Rundungen der Fraktur vollkommen ausgeprägt sind, gehören m und n noch gänzlich der Gotischen Minuskel an. Das a ist zweistöckig, das r als Bogen-r wiedergegeben. Die Oberlängen von b, h und l wurden nach dem Vorbild der Kursive mit Zierschleifen versehen. Über dem u befindet sich in der Regel ein diakritisches Häkchen. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Aus einem Schreiben des baden-badischen Vormundschaftsregiments von 1546 an Herzog Wilhelm IV. von Bayern, der neben Pfalzgraf Johann II. von Simmern und Graf Wilhelm IV. von Eberstein nach dem Tod Bernhards III. von Baden-Baden (gest. 9. Nov. 1536) die einstweilige Verfügungsgewalt über die Markgrafschaft erhalten hatte, geht hervor, daß der Landschreiber Matthäus Zoller verstorben und die Stelle neu zu besetzen war.5 Da dieses Amt, das Zoller folglich bis zu seinem Tode versehen hatte, kaum über einen Zeitraum von vier Jahren vakant geblieben sein kann, ist zu erwägen, ob das inschriftlich überlieferte Todesjahr nicht als M · v · x · l ⟨5⟩ gelesen werden muß.6

Textkritischer Apparat

  1. Unterbrechung durch die Schildspitze des Wappens, die von oben in den Text hineinragt.
  2. M · v[c] · x · lij] M.V.XVJ Herr. Der zur Vollständigkeit der Jahreszahl notwendige Multiplikator c erschlossen; über dem l ein Zierbogen. Der verkürzte i-Schaft endet oberhalb der Grundlinie. Möglicherweise handelt es sich bei dem hier als ij transkribierten Zeichen um eine linksgewendete 5, von deren gebrochenem Bogen lediglich der linke, senkrecht gestellte Abschnitt erkennbar ist (siehe Kommentar).
  3. Das erste e klein über das a gestellt.
  4. Über dem a ein langgezogener, geschwungener Kürzungsbalken.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 51r–v.
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 220 nr. 25; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  4. Ein von einem Kranz umringtes Mühlrad (vermutlich redend für „Schapel“, einem kranzförmigen Kopfschmuck, vgl. Bildwörterbuch 219). Als Helmzier die Schildfigur zwischen zwei Büffelhörnern.
  5. Vgl. Reinking, Vormundschaften 75; zu den historischen Einzelheiten vgl. ebd. 36–59.
  6. Die 5 paßt freilich nur in linksgewendeter Form zum Befund. Zum Amt des Landschreibers unter dem bayrischen Vormundschaftsregiment vgl. Reinking, Vormundschaften 75f.; siehe allgemein auch Herkert, Beamtentum 44–50; Wielandt, Markgraf Christoph I. 567–569.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 420 nr. 5.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 51v. nr. V.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 139r.
  4. Kdm. Baden-Baden 220 nr. 25.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 254 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0025400.