Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 186† Bühl, ehem. Pfarrkirche St. Peter und Paul 1516

Beschreibung

Chorverglasung. Im Windeckschen Wappenbuch von ca. 1575 teilweise bezeugt.1 Vermutlich bereits 1622 zerstört, als die ehemalige Pfarrkirche von Truppen der katholischen Liga niedergebrannt wurde,2 spätestens jedoch 1751 abgegangen, als man die gesamte Verglasung erneuerte.3 Der Chor besaß ursprünglich sieben spitzbogige Fenster, drei davon im polygonalen Chorschluß.4 Süd IV wurde später durch den Neubau der Sakristei zugesetzt.5 Das Achsenfenster war dreibahnig, die übrigen abwechselnd zwei- und dreibahnig.6 In der Beschreibung heißt es: „Jn hüeuor gemeltem Chor in Fenstern auf der Rechten seitten, in dem vierten gemalten quatier, volgendtes wapen, darbey ein gemalte, Geistliche Person Mit volgend vnderschrifft.“7 [tingierter Wappenschild, darunter (A).] „Ane hüeuor geschribenem ortt im andern Fennster im ersten Quatier dis volgendt wapen mit nachuolgender vnderschrifft.“8 [tingiertes Vollwappen, darunter (B).] „Hüeuor gemelten Fensters Jm andern quattier, darunder geschribenn.“9 [tingiertes Vollwappen, darunter (C).] „Jnn hüeuor gemelten Fennstern im dritten quatier, mit volgender vnderschrifft.“10 [tingiertes Vollwappen, darunter (D).] „Ane bemeltem ortt, der Fennster Im vndersten quatier, diß wapen Darunder Stath.“11 [zwei tingierte Eheallianzwappen unter einem Helm, darunter (E).] Eine genaue Lokalisierung der Scheiben innerhalb der Chorverglasung läßt sich hieraus nicht erschließen.12

Inschriften nach FrGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch.

  1. A

    D(ominus) Sebastianus Windeck: Kirchherr / zuo Otterschwÿr.13) ora pro me / Sancte Joannesa).

  2. B

    Gutta von Homburg.

  3. C

    Wolff vonn Winndeckhb).14)

  4. D

    Johanna vonn Thann / Anno Dominj · 1516c).

  5. E

    Caspar von Rottenburg. / Barbel von Windeckh.

Übersetzung:

Herr Sebastian Windeck, Kirchherr zu Ottersweier. Bete für mich, heiliger Johannes. (A)

Wappen:
Windeck15; Homburg16; Windeck17; Thann; Blick von Rotenburg, Windeck18.

Kommentar

Die Jahreszahl in Inschrift (D) bezeugt, daß die Verglasung bereits zwei Jahre nach Beginn der Bauarbeiten am neuen Chor fertiggestellt war.19 Wie aus der Bitte um Fürbitte in (A) hervorgeht, handelt es sich bei den dargestellten Personen offenbar um die am Neubau beteiligten Stifter.20 Sebastian von Windeck war der Patronatsherr und hatte als Pfarrektor zu Ottersweier ein Jahr später auch die dortige Kirche errichten lassen.21 Er war zugleich der Vormund von Wolfgang von Windeck, dem Sohn Gutas von Homburg, da dessen Vater Jakob d. Ä. bereits 1504 verstorben war.22 Da Wolfs Gemahlin Johanna von Thann hier inschriftlich erwähnt wird, muß die Eheschließung bereits vor 1516 erfolgt sein.23 Kaspar Blick von Rotenburg entstammte einem elsässischen Rittergeschlecht.24 Er ist im Jahre 1509 als Zeuge eines Schiedspruchs zwischen dem Stift Selz (Elsaß, dép. Bas-Rhin) und Nikolaus von Fleckenstein nachweisbar.25 1518 bestätigte er Bischof Georg von Speyer den Erhalt seines Burglehens in Rotenburg.26 Barbara von Windeck hatte im Jahr 1506 zunächst die Ehe mit Philipp Breder von Hohenstein geschlossen27 und kann somit erst später die Frau Kaspar Blicks von Rotenburg (Stadt Rauenberg, Rhein-Neckar-Kreis) geworden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Johannes GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.
  2. Winndeck GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.
  3. Über der Jahreszahl ein Balken mit Ausbuchtung nach oben. 1.5.16 GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.

Anmerkungen

  1. Vgl. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch (wie unten).
  2. Vgl. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18. Zum Stadtbrand von 1622 vgl. Franz Ruf, Der Bühler Großbrand vom Jahre 1622, in: Bühler Heimatgeschichte 3 (1989) 27–35.
  3. Vgl. Brommer, St. Peter- u. Paulskirche 12.
  4. Vgl. ebd. 17 (Abb. zum Grundriß des Chores); CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18.
  5. Vgl. Reinfried, St. Peters- u. Paulskirche Bühl 291. Zum Bezeichnung „Süd IV“ vgl. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) XI.
  6. Vgl. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18; Brommer, St. Peter u. Paulskirche 17 (Abb.).
  7. FGvAGA EbnetD 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 85r.
  8. Ebd. 86r.
  9. Ebd. 87r.
  10. Ebd. 88r.
  11. Ebd. 89r.
  12. Vgl. hierzu CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18 Anm. 7: „Vermutlich saßen aber die Wappen von Wolfgang von Windeck, seiner Mutter Gutta von Homburg und seiner Frau Anna von Thann in dem dreibahnigen Fenster nord III, während Sebastian von Windeck seinen Platz in dem zweibahnigen Fenster nord II gehabt haben könnte.“ Hier wird folglich davon ausgegangen, daß die überlieferte Lokalisierung „auf der Rechten seitten“ (vgl. wie Anm. 7) mit Blick vom Altar in das Kirchenschiff vorgenommen wurde.
  13. Ottersweier, vgl. nr. 241.
  14. Es folgt als erklärender Zusatz: „Diser soll des jetzigen noch lebenden Junckher Jeörgen vonn Windecks Vatter geweßen sein.“
  15. Linksgewendet.
  16. Linksgewendet. Helmzier: über goldener Helmkrone ein geschlossener silberner Flug.
  17. Linksgewendet. Helmzier: schwarz gekleideter und mit einem goldenen Schrägbalken bezeichneter, golden gekrönter Jungfrauenrumpf mit goldener Schärpe; statt der Arme ein goldenes und ein silbernes Büffelhorn.
  18. Blick von Rotenburg (linksgewendet): in Silber ein schwarzes Mühlrad. Helmzier: ein schwarzes Mühlrad zwischen zwei silbernen Büffelhörnern.
  19. Vgl. zum Chorneubau nrr. 181, 220.
  20. Vgl. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18, hier in Anlehnung an die Chorverglasung zu Ottersweier erschlossen, vgl. nr. 196.
  21. Vgl. Reinfried, St. Peters- u. Paulskirche Bühl 297; nr. 189; zur Biographie Sebastians v. Windeck vgl. nr. 241.
  22. Vgl. Reinfried, Stadt- u. Pfarrgemeinde Bühl 76 Anm. 3. Zu Jakob d. Ä. von Windeck vgl. nrr. 156, 157.
  23. Vgl. zu Johanna von Thann nr. 259; Gartner, Die Windecker, 34, o. S. (hinterer Klappeinband). S. a. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 1, 194.
  24. Vgl. Siebmacher Si1 (Ndr. hg. v. Horst Appuhn, München 1999) 215 (Taf. 195), Deutsches Adels-Lexicon, Bd. 1, 466.
  25. Vgl. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18 Anm. 5; Franz Joseph Mone, Urkunden und Auszüge über Elsaß und Lothringen vom 13.–16. Jahrhundert, in: ZGO 8 (1857) 160-195, hier 183f.
  26. Vgl. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18 Anm. 5; s. a. Franz Joseph Mone (wie Anm. 25).
  27. Vgl. Gartner, Die Windecker, o. S. (hinterer Klappeinband).

Nachweise

  1. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 85r–89r.
  2. GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch, fol. 67r–71r.
  3. Reinfried, Inschriften 276f.
  4. Reinfried, St. Peters- u. Paulskirche Bühl 297.
  5. CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 18, 289.
  6. Regesten von Windeck 175 nr. 645.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 186† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0018607.