Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 115 Baden-Baden, kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau (ehem. Stiftskirche) 1475–1489

Beschreibung

Grabmal für den badischen Hofmeister und Vogt zu Baden Walter von Heimenhofen (?). Im südlichen Seitenschiff in der zweiten Kapelle von Osten, die sich neben dem vierten Joch von Westen befindet. Hier unterhalb des Fensters aufrecht in die Südwand eingelassen. Sandstein. Die hochrechteckige Platte heute fast gänzlich durch einen Beichtstuhl verdeckt. Lediglich der obere Abschnitt der von Stegen gerahmten Randleiste erkennbar. Die Gestaltung des Binnenfeldes bereits 1942 als unkenntlich bezeugt,1 jedoch kopial überliefert. Nach einer Skizze Fridegar Mones war darin ein reliefiertes Vollwappen unter einem krabbenbesetzten Eselsrückenbogen wiedergegeben.2 Dieser endete oben in der noch teilweise sichtbaren Kreuzblume, unter der sich ein leeres Schriftband horizontal entrollt. Von dem am Rand umlaufenden, erhaben gemeißelten Sterbevermerk mit Fürbitte (?) gegenwärtig nur der Anfang und die letzten Buchstaben wahrnehmbar. Die sichtbare Oberfläche der Platte stellenweise beschädigt.

Maße: H. 265, B. 120, Bu. ca. 10 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno · //a) domini · / Ṃ°̣b) c̣cccl[xc) – – – / – – – / – – –]ọlld) ·e)

Wappen:
[Heimenhofen].3

Kommentar

Die sorgfältig geschlagenen Buchstaben sind allesamt mit einem Grat versehen. Das i trägt regelmäßig einen Punkt, das l endet oben in einem einseitig ausgezogenen und rechtwinklig nach links umgebrochenen Zierhäkchen. Die Außenkanten der gebrochenen Bogenabschnitte von o und d sind leicht eingebogen. Das pseudounziale A besitzt einen geschwungenen, linksschräg gestellten Mittelbalken. Der geschwungene linke Schaft weist eine deutliche Bogenschwellung auf, der rechte hat unten einen rechtwinklig angesetzten Sporn, der so weit nach links bis unter die Grundlinie verlängert ist, daß er den Buchstaben abschließt. Das unziale, beiderseits geschlossene M ist fast gänzlich zerstört; die verbliebene Kontur läßt die Innen- und Außenschwellungen der Bögen jedoch noch deutlich erkennen. Als Worttrenner dienen kräftige, paragraphzeichenförmige Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Die Identifizierung der Grabplatte ist derzeit nur durch die von Fridegar Mone vorgenommene Abzeichnung des Vollwappens möglich, der es jedoch irrtümlich dem Geschlecht Frauenberg vom Haag zuwies.4 Die Helmzier belegt indes eindeutig, daß es sich hierbei um das Wappen von Heimenhofen handelte.3 Diese Adelsfamilie hatte ihren Stammsitz auf der Burg Heimhofen bei Grünenbach (Lkr. Lindau) im Allgäu.5 Der einzige Angehörige von Rang, der sich innerhalb des 15. Jahrhunderts in der Stadt Baden nachweisen läßt, ist Walter von Heimenhofen.6 Er war ein Sohn Konrads I. von Heimenhofen-Burgberg und der Anastasia von Laubenberg,7 erhielt zunächst die Stelle des württembergischen Haushofmeisters (1448)8 und trat später als Hofmeister und Rat in die Dienste Markgraf Jakobs von Baden.9 Ab 1454 ist er mehrfach als Vogt von Baden,10 für das Jahr 1469 sogar als Statthalter Markgraf Karls I. bezeugt.11 Nach dem 8. Februar 1475 läßt er sich bislang nicht mehr nachweisen.12 Aufgrund dieser Nachrichten bleiben kaum Zweifel, daß die große und aufwendig gestaltete Platte ihm zuzuweisen ist. Da sein Wappen auch auf dem Schlußstein der Seitenkapelle angebracht war, dürfte er an dieser Stelle der Stiftskirche bestattet worden sein.13 Er starb spätestens 1489, da die römische Jahreszahl auf der Grabplatte mit lx abbricht. Bei einem späteren Todeszeitpunkt wäre eine andere Ziffernfolge zu erwarten.

Textkritischer Apparat

  1. Spitze des Eselsrückens, die die rahmenden Profilleisten des Binnenfeldes durchstößt und in die Inschrift hineinragt.
  2. Nur noch die Kontur erkennbar.
  3. Ergänzung nach Mone und Kdm.
  4. Ergänze vermutlich zu – – –w]oll als Abschluß einer Fürbitte wie „der selen gott gnedig sin woll“ o. ä., vgl. DI 20 (Karlsruhe) nrr. 91, 112; DI 57 (Pforzheim) nr. 92. – – –]öll Mone.
  5. Siebenblättrige Blüte auf halber Zeilenhöhe.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. (wie unten). Hier irrtümlich die Möglichkeit einer Identität mit dem ehemals verlorenen Grabmal von Berwangen geäußert, vgl. ebd. 142 nr. 19. Siehe dazu nr. 104.
  2. Vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten).
  3. Nach Skizze in GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten): steigendes gezäumtes Pferd. Als Helmzier ein wachsendes gezäumtes Pferd über Helmwulst. Siehe hierzu Alberti, Wappenbuch 202 (Abb. 1028).
  4. Vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten). Zum Wappen Frauenberg vom Haag vgl. Siebmacher Bay 34f. (Taf. 31).
  5. Vgl. Oberbad. Wappenbuch, Bd. 2, 21. Zum Adelsgeschlecht von Heimenhofen vgl. Wilhelm Pültz, Die Chronik von Heimenhofen. Glück und Untergang eines Allgäuer Herrengeschlechts, Augsburg 1972, passim; Anton Wendelin Endres, Geschichte der Pfarrei Grünenbach, königlich bayerischen Landgerichts Weiler, mit den Adels-Geschichten von Taubenberg zu Alt-Taubenberg und von Heimenhofen, Kempten 1860, passim; Urkunden-Regesten zur Geschichte des Adelsgeschlechtes von Heimenhofen, mitgetheilt v. Bernhard Zör, in: Jahres-Bericht des historischen Kreis-Vereins im Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg 15/16 (1851) 83–113 und 17/18 (1853) 77–114.
  6. Vgl. Oberbad. Wappenbuch, Bd. 2, 21.
  7. Vgl. Endres (wie Anm. 5) 81, 90.
  8. Vgl. Neues württ. Dienerbuch, Bd. 1, § 196; Alberti, Wappenbuch 292.
  9. Vgl. RMB, Bd. 4, 389 (Registereinträge).
  10. Vgl. ebd. nr. 7622 u. a. (siehe Register).
  11. Vgl. ebd. nr. 9676.
  12. Vgl. ebd. nr. 10688.
  13. Vgl. den kleinen, aber deutlich erkennbaren Wappenschild in Otto Lindes Grundriß der Stiftskirche, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 75 (Abb. 58).

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 51r (Abb.).
  2. Kdm. Baden-Baden 113 nr. 11.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 115 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0011508.