Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 31: Aachen (Dom) (1992)

Nr. 62a† Dom, Westteil des Chores vor 1442

Beschreibung

Tafel am ehem. Muttergottesaltar. Nach Angabe einer handschriftlichen Chronik befand sie sich an der Rückseite des Marienschreins bzw. seines Schutzkastens.1) Material unbekannt. Die Verse werden erstmals bei Jean de Stavelot im Zusammenhang mit einer Reliquienzeigung anläßlich der Königskrönung Friedrichs III. im Jahre 1442 überliefert.

Text nach Thenen.

Schriftart(en): Gotische Minuskel?2)

  1. Hic matris Christi camisia clauditur, isti Iungitur et pannus, cum quo fuit in cruce tectus Nudusa) Salvator, hominis lapsi reparator. Et sunt hicb) grati panni, tibi dico, locati, In quibus in stabulo natus mox volvitur ipsec). Pannum Baptistae Domini retinet locus iste. Mortisd) momentoe) rubricatumf) quisque memento. Singula praedicta dextrag) Caroli benedicta De Graecis lata nobis sunt munera grata, Quaeh) nos et gentes conserventi) huc venientes.

Übersetzung:

Hier ist das Hemd der Mutter Christi verschlossen, und diesem ist das Tuch beigegeben, mit welchem der nackte Erretter, der Erlöser von der Erbsünde des Menschen, am Kreuz bedeckt war. Und hier sind, ich sage es dir, die werten Tücher niedergelegt, in welchen der im Stall Geborene selbst sogleich gewickelt wurde. Dieser Ort bewahrt das Tuch des Täufers des Herrn. Jeder denke daran, daß es im Augenblick des Todes rotgefärbt wurde. Die einzelnen vorgenannten Stücke, die durch die gesegnete Rechte Karls von den Griechen mitgebracht wurden, sind uns teure Kostbarkeiten, die uns und die Völkerschaften, die hierher kommen, beschützen mögen.

Versmaß: Leoninische Hexameter.

Kommentar

Die Inschrift nennt die im Marienschrein verschlossenen vier großen Heiligtümer der Aachener Stiftskirche zwar in metrischer, sprachlich jedoch nicht sehr anspruchsvoller Form. Auffällig ist die Unregelmäßigkeit des Reimes: Der Binnenreim ist im 1., 4., 6., 7., 9. und 10. Vers zweisilbig, im 2. Vers einsilbig rein, im 3. und im 8. Vers dreisilbig rein. Der fünfte Vers hat keinen Binnenreim, sondern zusammen mit dem folgenden einen zweisilbig assonierenden Endreim.

Textkritischer Apparat

  1. mundus Jean de Stavelot (von Borgnet zu mundi korrigiert). Der dritte Vers ist nur bei Jean de Stavelot und Thenen, Aquisgranum, überliefert.
  2. hic sunt Chron. man.
  3. Xpo Jean de Stavelot (von Borgnet zu isto korrigiert).
  4. mortus Chron. man.
  5. memento Noppius, Chron. man., Quix, Schervier, Beissel, Thyssen; Jean de Stavelot (von Borgnet zu momento korrigiert).
  6. rubicatum Noppius, Chron. man., Quix, Schervier, Thyssen.
  7. dextera Jean de Stavelot (von Borgnet zu dextra korrigiert).
  8. quiae Chron. man.
  9. conservens Chron. man.

Anmerkungen

  1. Chron. man. p. 54: „post Altare summum in Choro Reliquiarum Arcae a tergo adjuncta“.
  2. Schervier und, ihm folgend, Faymonville (Dom, S. 243) und Beissel beschreiben die Schrift, in der die Verse „älteren Ursprungs“ ausgeführt sind, als gotisch.

Nachweise

  1. Chronique de Jean de Stavelot, ed. A. Borgnet, Brüssel 1861, S. 500.
  2. Noppius I, S. 36.
  3. StA, Chronica manuscripta, p. 54.
  4. StA, Thenen, Aquisgranum, fol. 206v.
  5. Quix, Münsterkirche, S. 120.
  6. Schervier, Münsterkirche, S. 65 Anm. 2.
  7. Beissel, Aachenfahrt, S. 111.
  8. Thyssen, S. 306f.

Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 62a† (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k00062a9.