Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 31: Aachen (Dom) (1992)
Nr. 38 Dom, Schatzkammer um 13501)
Beschreibung
Gotisches Scheibenreliquiar. Silber vergoldet. Über einer rechteckigen, profilierten Grundplatte und einem vierseitigen Sockel trägt ein Scheibenkreuz in der Mitte eine erhabene Rundkapsel mit Schwammreliquie, in deren schräg abfallenden Rand die Inschrift (A) goldfarben in dunkles Email eingelegt ist. Die Reliquienkapsel bildet zugleich den Schnittpunkt eines griechischen Kreuzes, an dessen Armenden sich vier weitere Rundkapseln mit Reliquien befinden. In den Kreuzwinkeln stellen vier Rundmedaillons in Grubenemail Szenen aus der Passion und der Auferstehung dar (Geißelung, Kreuzigung, Kreuzabnahme, Auferstehung Christi). Kreuzigung und Kreuzabnahme im oberen rechten bzw. unteren linken Medaillon tragen jeweils den Kreuztitulus (B) auf einem schräggestellten Spruchband. Das griechische Kreuz und die Rundmedaillons werden von einem in 16 Kassetten unterteilten Randstreifen eingefaßt. Die vier Kassetten an den Kreuzenden tragen in Senkemail die Evangelistensymbole mit Beischriften auf Spruchbändern. Die übrigen Felder sind mit Edelsteinen, Perlen und getriebenem Blattwerk besetzt. Die Rückseite zeigt zwischen Rankenwerk ein silbergetriebenes Agnus Dei und die Evangelistensymbole. Auf den Sockel (mit Emailplatte Nr. 23) wurden nachträglich Engelsfiguren aus der 2. Hälfte des 14. Jh. montiert. Als Entstehungsort des Reliquiars kommen Aachen2) oder Wien3) in Frage.
Maße: H. 52, B. 32, Bu. 0,5 (A) / 0,15 (B bis F) cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), gotische Majuskel (B bis F).
- A
+ de·spongia·domini·
- B
INRI4)
- C
LVCAS
- D
MARCVS
- E
MATEVS
- F
JOHANNES
Übersetzung:
Vom Schwamm des Herrn.
Anmerkungen
- Datierung nach Grimme, Domschatz, Nr. 65. Grimme datiert das Reliquiar an anderer Stelle ins 2. Viertel des 14. Jh. (Goldschmiedekunst, S. 65; Große Jahrhunderte, S. 71). Die Verwendung der gotischen Minuskel spricht jedoch eher für die spätere Datierung.
- Grimme, Goldschmiedekunst, S. 65; Ders., Große Jahrhunderte, S. 71. Die Engel wurden sicher in Aachen angefertigt.
- Grimme, Domschatz, Nr. 65.
- Io. 19,19.
Nachweise
- Grimme, Domschatz, Nr. 65 mit Tf. XI.
Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 38 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k0003804.
Kommentar
(B) bis (F) zeigen die gotische Majuskel in ausgeprägter Form. E, H, M und N werden nur unzial verwendet, T allerdings kapital. M und E sind vollkommen abgeschlossen. A hat einen breiten Deckbalken und schräggestellten linken Schenkel, in (E) einen schrägen Querstrich. Die gotische Minuskel der Inschrift (A) ist eine der frühesten in Aachen und entspricht in ihrer Entwicklung der Inschrift des Kapellenreliquiars (Nr. 46). Ebenso wie bei dieser werden hier Rosetten verschiedener Größe als Trennornamente verwendet.