Inschriftenkatalog: Aachen (Dom)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 31: Aachen (Dom) (1992)

Nr. 27 Dom, Schatzkammer um 1180

Beschreibung

Kupfervergoldete Platte mit Grubenemail, im 19. Jh. zur Chormantelschließe umgearbeitet. Herkunft maasländisch. Christus in der Mandorla thront auf dem Regenbogen, die rechte Hand zum Segen erhoben. Die Linke hält ein aufgeschlagenes Buch mit dem Text (A). Rechts und links des Erlösers brennende Lampen. Zu seinen Füßen der fluvium aquae vitae sowie zwei mit jeweils sechs Früchten beladene Zweige. Die Inschrift (B) verläuft am Rande der spitzovalen Platte im Uhrzeigersinn, beginnend auf der linken Seite oberhalb des Regenbogens. Der Text (C) führt, ebenfalls vom linken Rand ausgehend, oberhalb des Regenbogens quer über die Platte. Unter der Darstellung des Lebensbaumes die Zahl XII. Links bzw. rechts von Christus in Höhe der Schultern die apokalyptischen Buchstaben (D).

Inschriften in Grubenschmelz.

Maße: H. 19, B. 16, Bu. 0,2 (A, C, D), 0,25 (B) cm.

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

Domkapitel Aachen [1/1]

  1. A

    V/ENITE / BENE/DICTI / P(ATRIS) M(EI) / POSI/DETEa) / REGN(VM) / QVOD / VOB(IS) P(ARATVM)1)

  2. B

    VII · LAMPADES · ANTE · TRONVM · QVE · SVNT · VII · SP(IRITV)S · DEI2)

  3. C

    LIGN(VM) VITE FERE(N)S FRVCT(VS) / XII3)

  4. D

Übersetzung:

Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, besitzet das Reich, das euch bereitet ist.

Sieben Lampen vor dem Thron, welches sind die sieben Geister Gottes.

Der Baum des Lebens, der zwölf Früchte trägt.

Kommentar

Die Schrift ist noch fast vollständig kapital bestimmt, lediglich einmal wird in (A) ein unziales M verwendet. Die Buchstaben sind breit ausgeführt, in der Inschrift (C) allerdings aufgrund des Platzmangels gedrängt. Dieser dürfte auch der Grund für die z. T. starken Kürzungen besonders in (A) sein. Die Sporenbildung ist stark ausgeprägt. G hat eine eingerollte Cauda, das S bei ferens ist seitenverkehrt. Grimme vermutet, daß die Schmelzplatte ursprünglich Bestandteil eines von Barbarossa gestifteten Einbands für das karolingische Evangeliar gewesen ist.4) Das widerspricht der Angabe Schnitzlers und Elberns, bis 1794 habe der goldene Buchdeckel die vordere Einbandseite des karolingischen Evangeliars gebildet.5) Im 19. Jh. war die Platte vorübergehend im Mittelfeld des Ambos angebracht (vgl. Nr. 19). Der Text (A) befand sich im Zusammenhang mit einer Maiestas-Domini-Darstellung auch auf dem verlorenen Apsisfresko im Ostchor des Mainzer Domes (1189–1200).6)

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Mt. 25,34.
  2. Apc. 4,5.
  3. Apc. 22,2: „et ex utraque parte fluminis lignum vitae adferens fructus duodecim“.
  4. Domschatz Nr. 40.
  5. Vgl. Nr. 20.
  6. DI II (Mainz) Nr. 14. Vgl. auch den sog. Stein von St. Alban im Mainzer Dommuseum, der in Flachrelief einen Priester (Christus?) mit einem aufgeschlagenen Buch in der Hand zeigt, das die Worte VENITE BENEDICTI trägt (DI II (Mainz) Nr. 3).

Nachweise

  1. Grimme, Domschatz, Nr. 40 u. Farbtf. VIII.
  2. Redslob, Pluvialschließen, S. 10.
  3. Grimme, Ergebnisse, S. 332 u. Abb. 5.
  4. Kraus II, Nr. 484.
  5. Bock, Pfalzkapelle I, S. 77 und Fig. XXXIV.
  6. Große Kunst, S. 26 u. Farbtf. X.
  7. KDM 10,1, S. 82.

Zitierhinweis:
DI 31, Aachen (Dom), Nr. 27 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di031d001k0002701.