Inschriftenkatalog: Altkreis Witzenhausen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 87: Witzenhausen (Altkreis) (2017)

Nr. 77† Witzenhausen, Liebfrauenkirche 1582

Beschreibung

Wandmalerei. Heute verloren. „(3) Im Eingang zur rechten Hand an der Maure seindt einige geistliche Herren gemahlet, darüber aber keine Überschrift mehr zu lesen, wer sie gewesen. (4) Auf der andern Seiten seindt nachfolgende SCHULTHEISSEN, Burgermeistere und Cämmerer gemahlet, und darüber stehet geschrieben, der Anfang: ... (folgt Inschrift A bis Amthleute, Anm. d. Bearb.), im Ende ... (folgt der Rest der Inschrift A, Anm. d. Bearb.) aus dem 5. Buch Mose am 17. Capitel, ferner ein Spruch des 5. Buch Mosis, im 27. Cap. V. 25, ferner aus dem 2. Buch der Chron. im 19. Cap. V. 5, 6, 7. Darnach folgen auf einer Reyen: … (folgt Inschrift B, Anm. des Bearb.).“1)

Nach Eckhardt (= Bericht 1711).

  1. A

    Richter und Amtleuthe [– – –] daß du lange lebest auf Erden2)

  2. B

    1. Hanß Motz Schultheiß 2. Burgemeister Hanß Niedenstein 3. Burgemeister Curt Kräffe 4. Burgemeister Wilhelm Wißckemann 5. Burgemeister Martin Vockenthal 6. Moritz Wienandt Cämmerer 7. Hanß Sieffert Cämmerer 8. Michael Hungershausen Cämmerer 9. Curt Peter Cämmerer 10. Caspar Geilfueß 11. [– – –]a) 12. Frantz Schore Cämmerer

Kommentar

Die Aussage des Inschriftenensembles ist aus den angegebenen Bibelstellen noch erfassbar: Nach A ist es Gottes Wille, dass es Richter und Amtleute gibt. Nach der an Dtn 27,253) angelehnten Inschrift sollen diese Personen unbestechlich sein und nach der an 2 Chr 19,5–74) angelehnten in dem Bewusstsein handeln, dass sie dem Herrn Gericht halten, nicht den Menschen. In Inschrift B werden die Personen des Rates von 1582 genannt.5)

Solche Inschriften passen nur in einen Raum, der den Aufgaben der Richter und Amtleute, also dem Rat der Stadt dient. Und das deutet sich schon an, ehe man den Raum betritt. Denn über dem Eingang des Gewölbes – so bezeichnet der Bericht 1711 diesen Raum – war eine Steintafel mit dem Stadtwappen angebracht. Sie trägt eine Inschrift aus dem Jahre 1582 (folgende Kat.-Nr.).

Offensichtlich hat also die Kirchenleitung der Stadt einen Raum zur Verfügung gestellt. Der Grund ist nicht bekannt. Vielleicht hat der Rat vorausschauend gehandelt, indem er diesen Raum einrichten ließ. Denn es scheint ein Rathausumbau bevorgestanden zu haben.6) Man hat den Raum für den neuen Zweck hergerichtet, und er wurde dann im Jahr 1582 erstmalig benutzt.

Textkritischer Apparat

  1. In der Quelle steht: „11. ist nichts zu lesen“.

Anmerkungen

  1. Eckhardt, Bausteine 27f.
  2. Dtn 17,1: „Richter und Amptleute solltu dir setzen in allen deinen thoren ...“ Das Zitat zunächst wörtlich, dann vermutlich gekürzt; der Schluss scheint die Bibelworte „auf dass du leben und einnehmen mögest das Land“ abzuwandeln.
  3. Dtn 27,25: „Verflucht sey, wer geschenck nimpt“.
  4. 2 Ch 19,5–7: „Sehet zu, was ihr thut. Denn ihr haltet das Gericht nicht den Menschen, sondern dem Herrn.“
  5. s. Eckhardt, Bausteine 28. Er ergänzt unter 11. Michel Volland und Bernhard Meyer und korrigiert in Hans Schore.
  6. Die entsprechenden Stadtrechnungen sind ediert in Reyer, Rathaus.

Nachweise

  1. Bericht 1711 (= Eckhardt, Bausteine 27f).

Zitierhinweis:
DI 87, Witzenhausen (Altkreis), Nr. 77† (Edgar Siedschlag, Mitarbeit: Fuchs, Rüdiger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di087mz13k0007700.