Inschriftenkatalog: Altkreis Witzenhausen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 87: Witzenhausen (Altkreis) (2017)

Nr. 53 Marburg, Universitätsmuseum, Biegenstraße 11, aus Hessisch Lichtenau-Fürstenhagen, Ev. Kirche 1568

Beschreibung

Taufstein. Aus der Ev. Kirche in Hessisch Lichtenau-Fürstenhagen. „Der Taufstein steht seit 1984 im Zentrum eines Ecksaals des Landgrafenschlosses zu Marburg, in dem das Universitätsmuseum für Kulturgeschichte residiert.“1) Achtseitiges Becken auf achtseitigem, sich nach oben verjüngendem Fuß. In den Seitenfeldern des Beckens befinden sich Rundbogennischen mit Relieffiguren, darunter auf der Schrägkante Inschriften: 1. Paulus mit geschlossenem Buch2) (Inschrift A), 2. Matthäus mit offenem Buch3) (Inschrift B), 3. Jakob mit Pilgerstab und -mütze (Inschrift C), 4. Simon mit Säge (Inschrift D), 5. Petrus mit Schlüssel (Inschrift E), 6. Christus mit Weltkugel mit Kreuz (Inschrift F, zwischen den Initialen Steinmetzzeichen S7), 7. Johannes mit Kelch (ohne Inschrift), 8. Josef mit Beil und Pilgermütze4) (ohne Inschrift). Inschriften eingehauen, Worttrenner: Punkte. Der Taufstein wurde Ende der 1880er Jahre zusammen mit dem Fürstenhagener Schnitzaltar für 500 Taler von Ludwig Bickel, Kunsthistoriker und Landeskonservator, für seine Privatsammlung erworben und nach Marburg gebracht; eine dringende Kirchenrenovierung hatte Pfarrer und Kirchenvorstand zu diesem Verkauf veranlasst. Bickel übergab später seine Sammlung dem Marburger Museum.5)

Maße: H. 40 (Becken), 93 (gesamt), Dm. 63 (Becken), H. 8 (Schrägkante), Bu./Zi. ca. 7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    · A · Fa) ·

  2. B

    · M · Rb) ·

  3. C

    · M · Lc) ·

  4. D

    · H · Od) ·

  5. E

    · 1 ·5 · 6 · 8 ·

  6. F

    · H · // · Ke) ·

Kommentar

Bei den Initialen handelt es sich um Beschriftungen, die man fortlaufend zu lesen hat.6) Zwischen Anfang und Ende ist ein größerer Raum frei gelassen. Die Inschrift beginnt demnach mit den Initialen der vier Stifter (A bis D) und endet mit Jahreszahl E und der Signatur F des Bildhauers. Wenn dieser Eindruck richtig ist, wird man eher annehmen, dass die vier Genannten gemeinsam das ganze Werk gestiftet haben, statt zu glauben, jeder hätte nur diejenige Figur gestiftet, unter der jeweils sein Name steht, und einer von ihnen auch die übrigen Figuren.7)

In einer neuen Deutung weist Cornelius den „Heiligen“ die Funktion von Berufspatronen zu.8) Der „städtische Taufstein“ – so meint er weiter – wurde vom Superintendenten Christian Grau für Lichtenau in Auftrag gegeben und 1568 dort aufgestellt; den alten gotischen Taufstein habe der 1565 degradierte Lichtenauer Pfarrer von dort mitgenommen.9) Der neue Taufstein habe in Lichtenau gestanden, bis er später im Zuge der mauritzianisch-reformierten Veränderungen wegen der reichen bildlichen Darstellungen nach Fürstenhagen „entsorgt“ worden sei.10)

Textkritischer Apparat

  1. Agnes Feimann? (Siegel 165).
  2. Michel Riez (Siegel 397).
  3. Michael Lenz (nach Friedrich). Hans H. Gold/Bürgerverein Fürstenhagen e. V. haben soeben herausgegeben: Testament (Abschrift) Michael Lenz† vom 22-5-1582. Sie vermissen einen Beweis für die Zuweisung.
  4. Hans Ötzel (nach Friedrich).
  5. Hans Kremer, der bis zu seinem Tod 1587 in Kassel arbeitete, s. Chronik Fürstenhagen II 108, s. auch Kramm, Hofbildhauerwerkstätten 388f.

Anmerkungen

  1. s. Cornelius, Taufstein 107ff.; in diesem umfangreichen Beitrag ist der Taufstein ausführlich behandelt.
  2. Dieser Figur legt Friedrich keinen Namen bei.
  3. Nach Friedrich, der wohl in dem rechts unten hervorschauenden Gegenstand einen Winkel zu erkennen glaubt, handelt es sich um Thomas.
  4. Nach Friedrich, Taufstein 49 ist Matthäus dargestellt.
  5. s. Friedrich, Schnitzaltar 40.
  6. Das scheint auch Friedrich anzunehmen.
  7. So anscheinend Cornelius, Taufstein 109.
  8. Friedrich sieht in den Figuren Christus und Apostel.
  9. Cornelius, Taufstein 107.
  10. ibid. 111f.

Nachweise

  1. Friedrich, Taufstein.
  2. Cornelius, Taufstein.

Zitierhinweis:
DI 87, Witzenhausen (Altkreis), Nr. 53 (Edgar Siedschlag, Mitarbeit: Fuchs, Rüdiger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di087mz13k0005304.