Inschriftenkatalog: Altkreis Witzenhausen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 87: Witzenhausen (Altkreis) (2017)

Nr. 17 Großalmerode, Stadtkirche 1497

Beschreibung

Wappenstein mit Baudatum. Über dem spitzbogigen Durchgang zwischen dem Altarraum und der südlich anschließenden Sakristei befindet sich auf der der Sakristei zugewandten Seite in einer Nische ein Wappenstein; dieser umschließt im zweiten Platz ein vertieftes rechteckiges Feld mit der Inschrift, die erhaben gearbeitet und farbig gefasst ist, Zustand nach Renovierung. Der vorhergehende Zustand ist durch ein Foto dokumentiert.1) Wie unten weiter ausgeführte Nachrichten zeigen, befand sich das Baudatum früher außen in die Kirchenwand eingelassen; wenn man eine leicht mögliche Verlesung der 7 zur 1 berücksichtigt, befand sich das Datum bei einem Chorfenster.

Maße: Feld: H. ca. 10, B. ca. 30, Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz, Fotograf: Christian Feist [1/1]

  1. a(nno) d(omini) 1497a)

Wappen:
unbekannt2)

Kommentar

Die 1 unten ohne Brechung, stattdessen rechtsschräg beschnitten, bei der schlingenförmigen 4 der obere Teil eckig, die 9 mit offenem oberem Bogen, lambdaförmige 7, also alle Ziffern zeitgemäß. Das a früher deutlich zweistöckig, wie ein Foto der nicht renovierten Inschrift beweist.

Bevor die Inschrift wiederentdeckt wurde, wurde sie 1974 aus der kopialen Überlieferung in Großalmerode bekannt.3) Sie ist wiedergegeben in einem Brief vom 3. 5. 1781, den der damals berühmte Göttinger Mathematikprofessor Abraham Gotthelf Kästner (1719–1800) an seinen Freund Baldinger schrieb; darin berichtet Kästner von seiner Reise nach Kassel und von Aufenthalt und Übernachtung in Großalmerode. Er schreibt:4) „... das Nachtlager denselben Sonnabend nahm ich in Großalmerode, damals noch Dorf, nicht Stadt bey dem Pfarrer, Casparsons Schwager. Ein Offizier ... unterhielt sich mit des Pfarrers Tochter, einer artigen jungen Witwe5)...“ Und weiter unten: „... ging in die alte Dorfkirche und auf dem Gottesacker einsam herum antiquitäten aufzusuchen. An der äußern Kirchenmauer stand a d 14976) ich zeichnete das ab und belehrte meine Gesellschaft bey der Abendmahlzeit daß es anno domini 1497 hiesse. Der Pfarrer schien es noch nicht bemerkt oder wieder vergessen zu haben.“

Im Jahr 2005 wurde dann die Inschrift am Gebäude entdeckt: Der Dachdecker Uwe Umbach aus Weißenbach fand sie bei Arbeiten am Sakristeidach. Etwas später wurde sie auf Initiative von Hermann Nobel freigelegt.7)

Worauf sich die Inschrift bezieht, ist nicht bekannt. Jedoch widerspricht sie der gängigen Auffassung, dass die Vorgängerkirche der Stadtkirche erst Anfang des 16. Jahrhunderts gebaut worden sei.8)

Textkritischer Apparat

  1. Die 7 außerhalb des Wappens. Die Lesung 1491 nach Rehm (wie Anm. 7) ist falsch.

Anmerkungen

  1. Das Foto ist im Besitz von Hermann Nobel, dem ich für die freundliche Übermittlung Dank sage.
  2. Balken oder 2 Leisten; im ersten Platz anscheinend 4 erhabene kleine Halbkugeln.
  3. s. Gresky. Das Original des Briefes befindet sich in der UB Göttingen, Mss. Philos. 166. Eine Abbildung von fol. 124‘ (Inschrift mit Kontext) ist dem Artikel im Mitteilungsblatt beigegeben.
  4. Transkription nach Gresky, gekürzt.
  5. Großalmerode wurde 1775 zur Stadt, und die Pfarrerstochter Johanna Elisabeth Koppen ist am 9. 11. 1764 als Witwe bezeichnet, wie Gresky anmerkt. Also muss Kästners Reise zwischen 1764 und 1775 stattgefunden haben.
  6. Die frühen Formen der arabischen Ziffern sind in der Zeichnung exakt wiedergegeben.
  7. Über die kopiale Überlieferung sowie die Entdeckung der Originalinschrift informierte mich Hermann Nobel, Wiesbaden, indem er mir einen Auszug aus einem noch unveröffentlichten Manuskript zukommen ließ. Nobel erwähnt noch, dass auch der Kirchengutachter Rehm auf die Inschrift eingegangen ist. Rehm berichtete in seinem Gutachten vom 7. 9. 1867 von einer neben einem Fenster des Chores in Stein gehauenen Jahreszahl 1491. (HStAM 315e, III. 1a, Spez. Verz. 1, Vol. i, III.2, Reisebericht betr. die Untersuchung der Kirche Großalmerode).
  8. z. B. Ganßauge 114 und Stadtkirche 7. Nach Eckhardt, Anfänge 103 ist die ursprüngliche Stadtkirche älter und um diese Zeit erneuert worden. Für die Existenz Großalmerodes um 1380 führt er S. 107 einen Beweis an. Mit seiner Ansicht ist die Inschrift verträglich.

Nachweise

  1. Gresky.

Zitierhinweis:
DI 87, Witzenhausen (Altkreis), Nr. 17 (Edgar Siedschlag, Mitarbeit: Fuchs, Rüdiger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di087mz13k0001708.