Die Inschriften des Altkreises Witzenhausen

3. Die Quellen der nicht-originalen Überlieferung

Rund 45 Inschriften des nachfolgenden Katalogs sind nicht im Original erhalten, sondern ausschließlich abschriftlich oder durch Fotographien überliefert.65) Auch für die Edition heute noch vorhandener Texte sind ältere Abschriften, Zeichnungen und vor allem Fotographien wichtig, um Texte überhaupt zu kennen (Kat.-Nrr. 43/I, 68/II, 100, 176, 191, 192, [Druckseite XXXV] 250),66) Unerreichbares zu dokumentieren (Kat.-Nrr. 103, 175), um bessere Zustände zur Textrekonstruktion nutzen zu können (Kat.-Nrr. 61, 93, 270, 296, 298, 308), überhaupt ältere Zustände und Standorte zu kennen (Kat.-Nrr. 17, 81, 218, 241) und über Abschriften hinaus das physische Erscheinungsbild einer Inschrift bewerten zu können (Kat.-Nrr. 35, 100).

Alte Witzenhäuser Inschriften findet man in einem Stadtbucheintrag, den ich abkürzend als Bericht 1711 zitiere. Sein Anlass und Zweck gehen aus dem Einleitungssatz hervor: „Diese Antiquitaeten-Nachrichten von hiesiger Stadt, welche ist auf Ihro hochfürstlichen Durchlaucht Landgraf Carlens Befehl an dasige Land-Cantzley eingeschickt worden, indem eine Hessische Chronik hat errichtet werden sollen“. Der Schlusssatz lautet: „Dieses ist den 27ten Febr. Anno 1711 nacher Cassell eingeschickt worden.“ Der Bericht wurde wohl bald nach der Übersendung ins Stadtbuch von Witzenhausen eingetragen; ein Datum ist nicht vermerkt. Der Bericht ist abgedruckt in: Eckhardt, Bausteine 27–34 und wird nach dieser Veröffentlichung zitiert. Im Stadtarchiv findet man das Original in Witzenhäusische Schatzkammer S. 850–857. Auf eine solche Aufforderung der landgräflichen Verwaltung gehen wohl auch zwei kopial überlieferte Inschriften aus Allendorf zurück, die im Handschriftenbestand der Landes- und Murhardschen Bibliothek aufbewahrt werden (Kat.-Nrr. 3/AA, 42). Ältere Inschriftensammlungen, die wenigstens Teile des Bearbeitungsgebietes berücksichtigen, sind mir sonst nicht begegnet.

Auch in älteren historischen oder kirchengeschichtlichen Werken wird eher selten auf hiesige Inschriften eingegangen. Immerhin ist in Strieders Gelehrtengeschichte, Engelhards Erdbeschreibung, Bachs Kirchenstatistik oder G. Wagners Geschichte der Stadt Allendorf die eine oder andere Inschrift des Katalogs kopial überliefert. Manchmal hat ein Pfarrer oder eine alte Bauakte Inschriften notiert (Kat.-Nrr. 45, 108, 283).

Etwa ab dem späten 19. Jahrhundert geht man auch im hiesigen Bereich genauer auf die inschriftliche Überlieferung ein. So hat Gustav Siegel in der Geschichte der Stadt Lichtenau eine ganze Reihe von Inschriften angeführt, darunter eine an der Schule, von der wir sonst keine Kenntnis hätten (Kat.-Nr. 268).

Die Glockenforschung hatte schon früher Inschriften gesammelt, und so kennen wir durch den Anonymus C. O. in F. die Inschrift der nicht mehr vorhandenen Glocke in der Hospitalkapelle zu Allendorf. Vor allem aber verdanken wir es dem Kasseler Architekten und Lokalforscher Heinrich Wenzel, dass noch zahlreiche Inschriften verlorener Glocken bekannt sind. Er hat zwischen 1920 und 1950 eine handschriftliche Hessische Glockenkunde in rund 50, allerdings nur zum Teil erhaltenen Bänden verfasst, in der zahlreiche Glocken mit Zeichnung, Beschreibung und Inschrift wiedergegeben sind; teils bezog er ältere Kenntnisse ein. Darin sind mehr als ein Dutzend verlorene Glocken aus dem Bearbeitungsgebiet aufgeführt, von denen man 8 (Kat.-Nrr. 11, 24, 26, 132, 216, 225/II, 254, 313) ohne Wenzel nicht kennen würde, und darüber hinaus liefert Wenzel zu drei weiteren (Kat.-Nrr. 25, 29, 54) wertvolle Informationen.

Inzwischen betrachten Landeshistoriker und Ortschronisten Inschriften als Teil ihres Gegenstands. In Witzenhausen hat damit wohl Wilhelm Eckhardt begonnen. Denn in der Schrift über Witzenhäuser Bürgerbauten, die Karl A. Eckhardt aus dem Nachlass seines Vaters Wilhelm Eckhardt herausgegeben hat, sind Inschriften in größerer Zahl zitiert, und dabei ist manches festgehalten, was jetzt verloren ist. Für Gottfried Ganßauge war es dann fast selbstverständlich, bei den Ortsbeschreibungen im Heimatbuch des Kreises Witzenhausen [Druckseite XXXVI] auf eine Vielzahl von Inschriften hinzuweisen, die sich natürlich nicht alle bis heute erhalten haben (Kat.-Nrr. 43/III, 67/V, VII, 125, 160).

Einer der ersten, die Inschriften fotographisch festgehalten haben, war Ludwig Bickell. Ohne sein Foto könnten wir uns kaum eine Vorstellung vom Epitaph des Georg Meisenbug in Lichtenau machen, das beim Brand der Stadtkirche zerstört wurde (Kat.-Nr. 100). Auch den Kat.-Nrr. 43/I, 68/II, 191, 192, 250 liegen Fotos zugrunde, die Inschriftenträger sind verloren.

Zitationshinweis:

DI 87, Witzenhausen, Einleitung, 3. Die Quellen der nicht-originalen Überlieferung (Edgar Siedschlag), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di087mz13e001.

  1. Gezählt wurden anhand der Katalognummern 36 verlorene und eine wohl nur verborgene Inschrift (Kat.-Nr. 175), sodann acht teilweise verlorene, nämlich selbständige in zusammengefassten Nummern, also verstreute Bauzahlen in Orten und an Einzelteilen von Gebäudekomplexen. In diesen Zahlen nicht enthalten sind jene Fälle, in denen substantielle Teile an Inschriftenträgern fehlen und ggf. ergänzt werden konnten. »
  2. Besonders wichtig sind hier auch Fotos von heute an Wände gestellten Steinen mit beidseitiger Beschriftung (Kat.-Nr. 250). »