Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 52: Stadt Zeitz (2001)

Nr. 188† Gasthof zu den Drei Schwänen 1593

Beschreibung

Kopie eines Grabsteins der Scholastica Hale. Grauer Sandstein. Dieser Stein befindet sich an der rechten Seite des Vorbaus des Gasthofgebäudes. Inschrift (A) in einer Kartusche, die die untere Hälfte des Grabsteins bedeckt. Inschrift (B) soll sich auf einem Schriftband zwischen den am oberen Rand des Steins dargestellten Wolken befunden haben. Der Stein ist eine Kopie des Originals. Der Text von Inschrift (A) folgt nicht der Vorlage, denn 1931 sollen von der Originalinschrift (A) noch die Namen Scholastica und Johann erkennbar gewesen sein.1) Die Kopie trägt in ihrer oberen Hälfte, in enger Anlehnung an das originale Vorbild,2) eine Reliefdarstellung des Gasthofes in Frontansicht in seinem Zustand um 1593; über dem Gasthof dicke Wolken, aus denen links die Sonne hervortritt. In der unteren Hälfte die Inschrift in einer Kartusche. Der Originalstein befand sich zunächst über dem Grab der Scholastica Hale auf dem Oberen Johannesgottesacker, links neben dem mittleren Eingang am Bahrenhaus und neben dem Grab ihres dritten Ehemannes.3) 1881, als die Grabstelle neu belegt werden sollte, wurde der Grabstein durch den Wirt des Gasthofes zu den Drei Schwänen, Hermann Lincke, gerettet und auf den Hof des Gasthofes versetzt, wo er rechts hinter dem damaligen Toreingang in die Seitenwand eingemauert wurde.4) Die heutige Kopie soll in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts angefertigt worden sein.

Inschrift (A) nach der Kopie; Inschrift (B) nach Gasthöfe I.

Maße: H. 113 cm; B. 72 cm; Bu. 3 und 4,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur (A).

  1. A

    Scholastica Hale / Besitzerin des / Gasthofes Zu den / Drei Schwänen / 1581a)

  2. B†

    J(ESVS) (CHRIST)VS[...]9[...]V[...]b)

Kommentar

Scholastica Hale, geborene Weiße,5) war in erster Ehe mit Johann Bauerfincke, wohl der 1569 verstorbene Ratsherr, verheiratet; Johanns bisher bekannte Ehefrau war eine geborene Körner; Scholastica könnte also nur seine zweite Ehefrau gewesen sein.6) Scholastica Hales zweiter Ehemann war der Eigentümer des Gasthofes zu den Drei Schwänen, Ratsweinmeister Andreas Seibe, mit dem sie drei Kinder hatte, die früh starben.7) Nach Seibes Tod (1573) erbte Scholastica den Gasthof. 1574 heiratete sie Friedrich Heiland aus Pegau (gestorben 1576)8) und 1579 Johann Hale aus Waiblingen/Württemberg (gestorben 1582).9) 1586 verkaufte Scholastica den Gasthof mit Einwohnrecht an Michael Raute und stiftete Teile ihres Vermögens zu wohltätigen Zwecken.10) Sie starb am 9.1.1593 und wurde neben Johann Hale auf dem Oberen Johannesgottesacker begraben.11) In ihrem Testament machte sie Stiftungen an das Hospital St. Crucis, für ein neu zu errichtendes Hospital, für die Kapelle auf dem Oberen Johannesgottesacker und für Zeitzer Schüler.12) Von den Zinsen von 300 Talern Kapital war Tuch für die Armen zu kaufen und am Tag Scholastica auszuteilen. Außerdem stiftete sie 100 Taler als Stipendium für zwei Studenten aus ihrem Geschlecht (d. h. Weiße) oder – bei mangelnder Begabung – für zwei arme befähigte Bürgersöhne.13)

Textkritischer Apparat

  1. Der Inschrifttext ist offensichtlich frei nach der Originalvorlage formuliert.
  2. Die Auflösungen erfolgten nach der Abbildung.

Anmerkungen

  1. Köhler, Chronik, S. 292, und Gasthöfe I, S. 126.
  2. Ein Foto des Originalsteins bei Jubelt, Zeitz, o. S.
  3. Köhler, Chronik, S. 292.
  4. Ebd. und Gasthöfe I, S. 126.
  5. Gasthöfe I, S. 126; Merseburger, Gasthof, S. 378. Anders Zader/StArNb, S. 603, wonach Scholastica Hale eine geborene Seibe gewesen sei.
  6. Merseburger, Gasthof, S. 378, nennt ihn „Johann“. Rothe, AdG, S. 222, nennt ihn „Jakob“ und ein unbekannter Autor, Gasthöfe I, S. 126, nennt ihn ebenfalls „Jakob“.
  7. Rothe, wie Anm. 6, und Gasthöfe I, S. 126. Zu Andreas Seibe Nr. 146.
  8. Gasthöfe I, S. 126. Merseburger, Gasthof, S. 378. Friedrich Heiland fehlt in der Lebensdarstellung der Scholastica bei Rothe, wie Anm. 6.
  9. Gasthöfe I, S. 126. Merseburger, Gasthof, S. 378–381. Johann Hale erwarb am 21.1.1597 das Zeitzer Bürgerrecht. Er war vermutlich ein zwischen 1527 und 1548 geborener Sohn von Georg Hale, der 1553 Pfarrer an der Michaeliskirche Zeitz, ab 1554 an der Thomaskirche in Leipzig war (Album Geistliche, S. 322).
  10. Der Kauf ist auf 1584 datiert in: Gasthöfe I, S. 126.
  11. Gasthöfe I, S. 127. Anders Zader/StArNb, S. 603, wonach Scholastica am 19.11.1567 im Alter von 62 Jahren gestorben sei (wie es auf ihrem Epitaph in der Michaeliskirche nahe der Sakristei stehe).
  12. Vgl. Rothe, wie Anm. 6, und Stiftungen, S. 105. Für das Büchergeld waren 100 Taler Kapital gestiftet worden, von deren Zinsen Bücher zu kaufen und am Tag Scholastica – 10. Februar – auszuteilen waren.
  13. Gasthöfe I, S. 126.

Nachweise

  1. Gasthöfe I, S. 126 (B).
  2. Köhler, Chronik, S. 292 (B).

Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 188† (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0018805.