Inschriftenkatalog: Stadt Zeitz
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 52: Stadt Zeitz (2001)
Nr. 122 Naumburg, Stiftsbibliothek 1564
Beschreibung
Brustbild des Bischofs Julius Pflug. Tempera auf Lindenholz. Das Gemälde befindet sich im Kapitelsaal des Domstifts Naumburg. Dargestellt ist Julius Pflug, im Hintergrund ein Kruzifix. Die Inschriften sind gemalt. Inschriften (A) am oberen Bildrand in 3 cm breiter Leiste, (B) am Kruzifix, (C) links und rechts neben den Füßen des Gekreuzigten, (D) auf dem aufgeschlagenen Buch, (E) in zwei achtzeiligen Blöcken im Unterteil des Gemäldes, (F) über dem Rücken des Sitzenden vor dem Vorhang. Das Gemälde hing ursprünglich in der Alten Nikolaikirche über der Sakristeitür.1) Vielleicht gelangte es beim Abriß der Kirche 18212) in die Stiftsbibliothek Zeitz. Erst in den 1980er Jahren wurde es nach Naumburg gebracht, nachdem das Porträt 1968/69 restauriert worden war.3) Ein – in den Inschriften – fast identisches Gemälde hängt im Naumburger Dom.4)
Maße: H. 112 cm; B. 98 cm; Bu. 1,3 cm (A, B), 0,9 cm (C), 1 cm (D), 0,7 cm (E), 0,6 cm (F).
Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (E).
- A
[A]BSIT AVTEM MIHI GLORIARI NISI IN CRVCE DOMINI NOSTRI IESV CHRISTI5)
- B
I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)6)
- C
CVPIO DISSOLVI ET / ESSE CVM CHRISTO7)
- D
MISERERE / MEI DEVS8)
- E
TALIS ERATVIVENS REVERENDVS EP(ISCOPV)S OLIMIVLIVS, AONII GLORIA MAGNA CHORIQVI DE PFLVGORVM GENEROSO STEMMATE NATVSINGENIO REXIT NOBILITATIS ONVSHING ANIMI PROPTER BONA VIRTVTISQ(VE) NITOREMCAESARIBVS CHARVS, PRINCIPIBVSQ(VE) FVITNVMBVRGI PRAESVLVETERI DE MORE CREATVSPRINCIPIS ET MERVIT NOMEN HABERE PATRIS //
NAMQ(VE) SVVM POPVLVM REXIT BONITATE PATERNA,CIVIBUS VNDE SVIS CVRAQ(VE) AMORQ(VE) FVITINSVPER INSIGNI FLAGRANS PIETATIS AMOREPAVPERIBVS CVNCTIS LARGIVS AERA DEDITSED TANDEM GRAVIBVS CVRIS CONFECTVS ET ANNISEXTREMVM CLAVSIT CVM PIETATE DIEM .CICII . 3 . NONAS SEPTEMBRIS9) ANNO D(OMI)NI . 1564 . / AETATIS SVAE 65 . I(OHANNES) R(OTH) D(OCTOR)a) - F
L. E.10)
Übersetzung:
Von mir aber sei es fern, mich zu rühmen, außer in dem Kreuze unseres Herrn Jesus Christus. (A)
Jesus von Nazareth, König der Juden. (B)
Ich habe Lust abzuscheiden und mit Christus zu sein. (C)
Erbarme dich meiner, Gott. (D)
So sah einst im Leben der ehrwürdige Bischof Julius aus, der, hochberühmt in den Wissenschaften, dem ahnenreichen Stamm der Pflüge entsprossen, mit Geist die Bürde seines vornehmen Standes lenkte. Er war wegen seiner Geistesgaben und des Glanzes seiner Tugend Kaisern und Fürsten teuer. Als Naumburgs Bischof nach altem Herkommen gewählt, hat er verdient, den Namen Fürst und Vater zu tragen. Denn sein Volk regierte er mit väterlicher Güte, woher seine Sorge und Liebe für seine Bürger rührte. Mehr noch, in tiefer Liebe glühend zu frommer Barmherzigkeit gab er allen Armen mehr als freigebig von seinem Vermögen. Aber endlich von der Sorgenlast und den Jahren gebeugt, beschloß er fromm seinen letzten Tag zu Zeitz am 3. Tag vor den Nonen des September im Jahr des Herrn 1564, im Alter von 65 Jahren.11) Johannes Roth, Doktor. (E)
Versmaß: Sieben elegische Distichen (E).
Textkritischer Apparat
- Zader/O: J(ohannes) R(oth) D(octor) e(t) Canon(icus) Ciz(ensis) F(ecit).
Anmerkungen
- Zader/StArNb, S. 529: neben dem Epitaph des Johann Teuber (Nr. 281).
- Vgl. Krebs, S. 177.
- Restaurierte Kunstwerke in der DDR, Berlin 1979, S. 58.
- Es fehlen dort lediglich die letzte Zeile, die den Auftraggeber des Gemäldes benennt, und Inschrift (F), vgl. DI 6 (Naumburg, Dom und Domfreiheit), Nr. 85. Hier wird vermutet, das Naumburger Gemälde sei eine noch im 16. Jahrhundert entstandene Kopie des Zeitzer Bildes. Zander-Seidel, S. 215, setzt es in das frühe 17. Jahrhundert.
- Gal. 6,14.
- Io. 19,19.
- Nach Phil. 1,23.
- Vgl. z. B. Psalm 50,3; 55,2; 56,2.
- 3. September.
- Möglicherweise der in Zeitz nachgewiesene Maler Lukas Ebert, vgl. auch Nr. 153. Zander-Seidel, S. 212, vermutet einen Naumburger Maler Lukas Eberwein, der 1568 eine damals in den Chor des Naumburger Doms eingebaute Orgel anstreichen und kunstvoll bemalen sollte.
- Versgetreue Übersetzung bei Jansen, Julius Pflug, in: Neue Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen, Bd. 10, 2, Halle 1864, S. 211. Übernommen wie schon in DI 6, Nr. 85.
- Zander-Seidel, S. 215.
- Vgl. DI 6 (Naumburg, Dom und Domfreiheit), Nr. 85.
- Grubner, Dec., S. 23.
Nachweise
- Fabricius, Rerum Germaniae Magnae et Saxomae Universae ..., Bd. 1, Leipzig 1609.
- Zader/O II, S. 224.
- Zader/O/StArZz III, S. 40f.
- Zader/StArNb, S. 425f.
- Zader/Grubner III, S. 53.
- Zader/StArZz, S. 34f.
- Liebner, Bd. 3, S. 805f; Bd. 7, S. 459.
- Restaurierte Kunstwerke in der DDR, Berlin 1979, S. 58.
- Pollet, Julius Pflug (1499–1564) et la crise religieuse dans l’Allemagne du XVIe siècle, Leiden/New York/Kobenhavn/Köln 1990.
- Zander-Seidel, S. 223f.
Zitierhinweis:
DI 52, Stadt Zeitz, Nr. 122 (Martina Voigt), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di052b007k0012207.
Kommentar
Das aufgeschlagene Buch wird von Zander-Seidel als Attribut des Gelehrten, der Handschuh als Attribut des Bischofs gedeutet.12) Neben diesem Typ von Porträts des Bischofs gibt es eine zweite Gruppe, auf denen Pflug ebenfalls als Brustbild und in gleicher Kleidung und Körperhaltung, aber mit anderem Hintergrund (Arkaden oder neutraler Hintergrund, kein Kruzifix) dargestellt wird. Eines davon (Nr. 124) befindet sich im Museum Schloß Moritzburg, Zeitz, das wieder ein Pendant in einem in den Inschriften fast gleichen Gemälde in Naumburg (Marienkirche) hat (DI 6, Nr. 86). Das dritte Bild dieser zweiten Gruppe befindet sich in der Stiftsbibliothek Zeitz (Nr. 123). Inschrift (A) ist der Wahlspruch des Bischofs.13)
Johann Rothe wurde 1556 Domherr an der Stiftskirche Zeitz; er war damals bereits Domherr in Merseburg. 1561 heiratete Rothe, weshalb der Dechant Konrad von Breitenbach ihn aus dem Zeitzer Kapitel ausschließen lassen wollte. Der Kurfürst entschied den Streit zugunsten Rothes.14)