Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 802 Thyrnau, Fk. St. Christophorus vor 1623

Beschreibung

Grabtafel, mutmaßlich Teil eines ehemals größeren Grabmales für den fürstbischöflichen Rat und Kämmerer Urban Schätzl und seine beiden Ehefrauen Anna Maria, geb. Riederer von Paar, und Maria Isabella, geb. von Pötting und Persing, ehemals in der 1812 abgebrochenen St. Michaelskapelle am Domkreuzgang, heute in St. Christophorus in Thyrnau1) im Chor an der Südwand. Heute Schieferplatte in einfachem Holzrahmen. Schrift golden angelegt. Platte am rechten Rand mit Buchstabenverlust beschnitten. Vermutlich Reste eines größeren Grabdenkmals, so belegt Clm 1302 Wappen, die heute fehlen, vermutlich gingen die restlichen Teile bei der Transferierung nach Thyrnau verloren2). Die ersten drei Zeilen des Textes fehlen in Clm 1302. Die Platte ist in den ersten fünf Zeilen im 19. Jahrhundert ergänzt worden3).

Text ergänzt nach Clm 1302.

Maße: H. 89 cm, B. 58 cm, Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. +/ AHNEN/ GUMPPENBERG, SCHWARZENDORF · EGK · / HIC IACET NOBILIS ET STRENUUS DOMINVS URBANVS SCHAEZL / IN HÖRMANSPERG, WAZMANNSTORF ET TIRNAa) SERENISSIMI / ARCHIDVCIS AVSTRIAE LEOPOLDI CVBICVLARIVS CONSILIARIVS ET PRAE=/FECTUSb) DOMINIJ LEOPRECHTI(N)G · QVI ANNO MDC⟨38⟩ DIE ⟨IIII⟩ MEN[SIS] / ⟨OCTob(ris)c)⟩, PIE IN DOMINO OBDORMIVIT, ET ADHUC VIVENS SACELLU[M] / HOC A FUNDAMENTIS EREXIT, ET OFFICIUM DIVINUM PRO SE, SU[I(SQUE)] / CONIUGIB(US)d), POSTERIS ETe) TAM SVORVM, QVAM SUARVM CONIVGVM [MAI]/ORIB(US)d) IN EO PERAGENDVM SEQVENTIBVS DIEBVS FVNDAVITf). / ⟨QVARTO⟩ IN PRIMIS, QVAVIS SEXTA FERIA CUIUSVIS HEBDOMADAE SACR[AE] / CELEBRETVR. PRO SVPRA NOMINATA CONSANGVINITATE ET AFFIN[ITA]/TE. IN FESTO S. MICHAELIS PATROCINIV(M) IN HONOREM ANGELORV[M] / PERAGATVR, ET DOMINICA PROXIMA HOC FESTUM SEQVENTE / DICATIO SACELLI VTRAQ(VE) VICE SACRO CANTATO CELEBRETUR. [SIM]/ILITER IPSO DIE, VEL SALTEM IN OCTAVA OMNIUM ANIMARV(M) VIGIL[IA] / MORTUORVM SACRVM CANTETUR PRO DEFVNCTIS · ET VIGESIM[A]/QVARTAg) APRILIS, QVAE EST FESTVM .S. GEORGY OCTAVA ITE(M) MAY, [QVAE] / EST FESTUM APPARITIONIS S. MICHAELIS, ET SECV(N)DA SEPTEMB(RIS), Q[VAE] / EST FESTVM ANGELI CUSTODIS, ET PER TOTAM HUI(US)d) FESTI OCTA[VAM] / QVOTIDIE MISSA HABEATVR. ID QVOD IN FUNDATIONIS LITERIS, [QVAE] / APVD ADMODVM VENERABILE CAPITULVM ASSERVANTUR, SVPRA [H]/AS REVERSALES ETIAM LITERAE AB EODEM ADM(ODUM) VEN(ERABILE) CAPIT(ULO) IPSI D[OM(INO)] / SCHÄTZL DATAE SVNT, CLARI(US)d) ET FUSIUS CONTINETVRh). / HIC ETIAM SEPVLTAi) EST NOBILIS ET MULTARVM VIRTVTVM DOM[INA] / ANNA MARIA Riedererink) A PARR. PRAEDICTI DOMINI SCHATZLS / CONIVNX, QVAE OBIIT A(NN)Ol) MDCIIII. DIE XXVI ME(N)SIS MARTII. / REQVIESCITm) IBIDEM ILLVSTRIS DOMINA DO(M)INA MARIA SABEL[LA] / NATA EX ILLVSTRI BARONUM Á PÖTTINGn) ET PERSING FAMILIA, SEC[UNDA] / EIUSDEM DO(M)INI SCHATZLS CONIUNX, QVAE AN(N)O MDC⟨XXIII⟩ DIE [⟨XVII⟩] / ME(N)SIS ⟨IVNII⟩ PARITER IN DO(M)INO QVIEVIT, QVIB(US)d) ET OMNIB(US)d) IN CHRIS[TO] / QVIESCENTIB(US)d) FAELICE(M) DEVS RESVRRECTIONE(M) CONCEDAT . AMEN . / ET QVIA EADEM FUNDATIO CONTINET, VT IN HOC ETIAM SACELL[O] / OCTAVA OMNIU(M) ANIMARVM ETIAM PRO NOBILI ET STRENVO DO[M(INO)] / OTHONE LÖSCH AB HILCHERTZHAUSE(N) IN STEFFANSKHIRCH[EN] / ILLVSTRISSIMI EPISCOPI PASSAVIENSIS CONSILIARIO, ET VENA[TION]/UM MAGISTRO. EIVSQVE CONIVGE MARGARETHA EX SCHATZ[L]/ORUM FAMILAo) PROGENITA. VIGILIAE MORTUORUM ET MISSA [CANT]/ETUR . HVIUS EIVSDEM ME(N)TIONEM HIC FIERI PLACUITp).

Übersetzung:

+ Ahnen Gumppenberg, Schwarzendorf, Eck. Hier liegt der edle und gestrenge Herr Urban Schätzl in Hörmansberg, Watzmannsdorf und Thyrnau, des allergnädigsten Erzherzogs von Österreich Leopold Kämmerer, Rat und Pfleger der Herrschaft Leoprechting, der im Jahre 1638, am 4. Tag des Monats Oktober, selig im Herrn entschlafen ist und noch zu Lebzeiten diese Kapelle von Grund auf errichtete und ein heiliges Amt für sich und seine Gemahlinnen, seine Nachkommen und für seine und seiner Gemahlinnen Vorfahren stiftete, das in ihr gehalten werden solle an den folgenden Tagen: Am vierten vor allem und an jedem Freitag jeder Karwoche soll eine Messe gefeiert werden für die oben genannten Blutsverwandten und Angehörigen. Am Fest des Hl. Michael soll das Patrozinium zu Ehren der Engel begangen und am nächsten Sonntag, der auf dieses Fest folgt, soll die Weihe dieser Kapelle mit einer gesungenen Messe beide Male gefeiert werden, ähnlich am Tage selbst und schließlich soll an der Oktav zu Allerseelen eine heilige Totenvigil für die Verstorbenen gesungen werden. Es soll am 24. April, dem Fest des Hl. Georg, ebenso am 08. Mai, dem Fest der Erscheinung des Hl. Michael, am 02. September4), dem Schutzengelfest, und durch die ganze Oktav dieses Festes täglich eine Messe gehalten werden. Was alles in dem Stiftungsbrief, der bei dem hochehrwürdigen Kapitel aufbewahrt wird und über welchen von demselben hochehrwürdigen Kapitel dem Herrn Schätzl auch ein Revers ausgestellt wurde, deutlicher und ausführlicher enthalten ist. Hier ist auch begraben die edle und vieltugendhafte Frau Anna Maria Riederer zu Paar, des eben genannten Herrn Schätzl Gattin, die im Jahre 1604, am 26. Tag des Monats März, gestorben ist. Ebenda ruht auch die erlauchte Frau, Frau Maria Isabella, aus der erlauchten Familie der Freiherren von Pötting und Persing, zweite Gattin ebendieses Herrn Schätzl, die im Jahre 1623, am 17. Tag des Monats Juni, gleichfalls im Herrn zur Ruhe kam. Ihnen und allen in Christus Ruhenden verleihe Gott eine fröhliche Auferstehung. Amen. Und weil ebendiese Stiftung enthält, dass auch in dieser Kapelle in der Oktav von Allerseelen ebenfalls für den edlen und gestrengen Herrn Otto Lösch von Hilchertzhausen zu Steffanskirchen4), Rat des hochwürdigsten Passauer Bischofs und Jägermeister, und seine Gattin Margareth, die aus der Familie der Schätzl stammt, Totenvigilien und eine Messe abgehalten werden sollen, sollte auch dieser hier gedacht werden.

Kommentar

Clm 1302 macht Angaben zu Wappen: So nennt die Handschrift zu Beginn der Inschrift Rieder, Schazl, Pötting; am Ende der Inschrift Gumberg, Schwarzdorf, Egckh. Der Text ist in der Handschrift eingebettet in eine größere Überlieferung, die offenbar in Zusammenhang mit dem Grabmal stand (vgl. Nr. 885†), heute aber nur noch in der Abschrift erhalten ist.

Urban Schätzl war Kämmerer und Rat des Fürstbischofs Leopold von Österreich und Pfleger zu Leoprechting5). Sein Vater war der fürstliche Hofrat Benedikt Schätzl, seine Mutter Anna, geb. Schwarzendorffer6). Er war in erster Ehe mit Anna Riederer von Paar, in zweiter mit Maria Isabella von Pötting und Persing verheiratet. Letztere war eine Tochter des passauischen Hofmeisters Sebastian von Pötting und Persing. Mit Maria Isabella hatte Urban Schätzl zwei, als Kinder verstorbene Töchter, für die Grabschriften von verlorenen Denkmälern in der Michaelskapelle des Passauer Doms überliefert sind7). Darüber hinaus hatte er noch einen Sohn Leopold Benedikt, einen Sohn Georg Adolf und sechs weitere, als Kinder gestorbene Nachkommen: Wolf Willibald, Julia Anna, Maria Elisabeth, Katharina, Willibald und Viktor August. Nicht sicher nachweisbar ist, ob ein Sebastian Schätzl, der eine Eybiswald ehelichte, auch zu seinen Kindern gehörte8). Das Sterbebuch des Domes verzeichnet ihn unter dem 08. Oktober 16389). Margarethe, die Ehefrau des Otto Lösch von Hilchertshausen, war seine Schwester10). Für sie und ihren Mann ist eine Grabschrift im Passauer Domkreuzgang überliefert. Sie ist nach dieser Grabinschrift am 17. November 1598 verstorben11).

Textkritischer Apparat

  1. Es folgen zwei kleine, wie die obere Hälfte eines S geformte Zierhäkchen, evtl. für etcetera.
  2. Ab hier Original des 17. Jh.
  3. -ob verkleinert in Minuskel.
  4. us-Haken hochgestellt.
  5. Verkleinert.
  6. Es folgt ein Zierelement.
  7. Querbalken des ersten A fehlt.
  8. Logischer Plural.
  9. A unter den rechten Balkenabschnitt des T gestellt.
  10. In Fraktur.
  11. o verkleinert, hochgestellt.
  12. Eingerückt.
  13. O mit übergeschriebenem e.
  14. Verschreibung für FAMILIA.
  15. Worttrenner (bis auf ergänzten Teil) in Form eines Dreiecks auf der Grundlinie.

Anmerkungen

  1. Thyrnau, Lkr. Passau.
  2. Zur Transferierung vgl. Leoprechting, Schätzl 135 Anm. 5.
  3. Die Ergänzung hängt wohl mit den Bemühungen der Augsburger Schätzler um den Abstammungsnachweis von den Passauer Schätzler zusammen. Vgl. dazu Leoprechting, Schätzl 144f.
  4. Angabe fehlerhaft, das Schutzengelfest ist am 03. Oktober.
  5. Leoprechting, Gde. Hutthurm, Lkr. Passau.
  6. Vgl. Nr. 626 und Eichhorn, Beichtzettel 133 Anm. 7, 195 Anm. 12.
  7. Vgl. Nr. 755†, 756†.
  8. Vgl. Leoprechting, Schätzl 151.
  9. Nebinger, Totenbuch 111 (vgl. dazu auch Nr. 735† Anm. 4).
  10. Vgl. Leoprechting, Schätzl 151.
  11. Vgl. Nr. 714†.

Nachweise

  1. Clm 1302, p. 32–34; BZAR Gen 1279, Heft 1 p. 52; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 251; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 251; Erhard, Topographie I,1 198; Kdm Passau 132; Kdm BA Passau 230f.; Leoprechting, Schätzl 151.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 802 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0080202.