Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 626 Thyrnau, Fk. St. Christophorus nach 1571

Beschreibung

Epitaph für den fürstbischöflichen Hofrat Benedikt Schätzl und seine Gemahlin Anna, geb. Schwarzendorfer, an der Nordwand über den Stufen zum Altar. Rotmarmorrahmung mit eingelegten Kalksteinreliefs: im Unterhang trapezförmige Kalksteinplatte mit Inschrift (III) von zwei Laubwerkmasken beseitet, in der Sockelzone Darstellung der Familie des Verstorbenen: links der Mann mit sechs Söhnen, rechts die drei Ehefrauen, die beiden Verstorbenen je durch ein erhabenes Kreuz gekennzeichnet, über der dritten ein Sterbekreuz eingeritzt, zu ihren Füßen jeweils Wappenschild und acht Töchter, alle kniend, über ihnen in der Mitte die Heiliggeisttaube. In der Nischenzone auf dem Rahmen je eine Herme und eine Karyatidherme, in der Mitte oben durch Rundbogen abgeschlossenes Kalksteinrelief Kreuzigung: in der Mitte Christus am Kreuz mit erhaben gearbeitetem Titulus (IV), rechts und links unter dem Kreuzbalken zwei querrechteckige Tafeln in einfachem Leistenrahmen mit Bibelstellen und Gebetsanrufung (I, II), links des Kreuzes Maria, rechts Johannes, im Hintergrund bewaldete Landschaft. Über den Bogenzwickeln Engelsköpfe. Im Auszug kreisrundes Kalksteinmedaillon Gottvater, rechts und links davon zwei Wappen, von Putten gehalten. Standort in der 1812 abgebrochenen St. Michaelskapelle am Domkreuzgang zu Passau, der Schätzlerschen Grabkapelle, dann unbekannt, um 1821 durch Johann Lorenz Schätzler nach Thyrnau gebracht1).

Maße: H. 244 cm, B. 119 cm, Bu. 1 cm (I, II), 2 cm (III), 3 cm (IV).

Schriftart(en): Fraktur.

© Universität Passau Lst. f. mittelalterliche Geschichte [1/4]

I.

  1. Also hat got die welt geliebt, das er seinen ain=/igen son gab auf das ain Jeglicher der an in / glaubt nit verlorn werdt sonnder hat das ewig / leben Johinesa) · 3b) · / Ich bin die warhait vnd das leben, niemandt / khumbt zum vatter dan durch mich, Johanes · 14 · / Herrc) hilf durch deinen todt, das nurd) vnnser Kreitz / mit gedurte) dragenb) ·

II.

  1. Ich bin ain guetter Hirt, ain guetter Hirt, sehtf) / sein leben fier seinig) schäffl Johanes · 10 / Warlich er hat vnnser Khranckhait auf sich ge=/nomen, vnd er selbst hat vnsern schmertzn ge=/dragen, vnd durch die wunden Cristi sein Wier / Haill wordenb) / Oc) Herr durch dein Kreitz vnd bittern dot, drest alle betriebte Hrtzenh)

III.

  1. Hie ligt begraben der Edl und Vesst Benedict Schätzl zue Hermansperg2), / Thierna vnd Watzmanstorf3), F(ürstlicher) Hofrath zu Passaw, so in Gott den ⟨..⟩ tag / ⟨– – –⟩ des ·71· Jars entschlaffen Vnd auch die Edl vnd Tugenthafft fraw / Anna Schetzlin, geborne Schwartzendarfferin, sein eliche hausfraw, die / gestorben den ⟨1.⟩ tag ⟨Maii · 1 · 600⟩i) der Almechtig ewig, gietig Gott, / welle Jne(n) vnd alle(n) Christglaubige(n) Seelen, ain fröliche aufersteung / · verleihen Amenk) ·

IV. Titulus:

  1. INRI

    Bibel- und Schriftstellerzitat(e): Joh 3, 16; Joh 14, 6. (I) Joh 10, 11; Jes 53; 4; 1 Petr 2, 24. (II)
 
Wappen:
Schätzl4), Schwarzendorf5), unbekannt6), Seiboldsdorf7).

Kommentar

Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel S. LVII; zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LX.

Bendedikt Schätzl von Hörmannsberg, Watzmannsdorf und Thyrnau war ein Sohn des fürstbischöflichen Hofrats und Anwalts Benedikt (I.) Schätzl und der Apollonia, geb. Rottaler. Er war ebenfalls fürstlich passauischer Hofrat, seine Ehefrau Anna war eine geborene Schwartzendorffer8). Sie starb laut Totenbuch am 04. Mai 1600 als Witwe9). Eichhorn belegt für sie drei Kinder: die unverheiratete Verena, den fürstlichen Hofrat Wolf Adam Schätzl, der noch im selben Jahr am 15. Dezember 1600 verstarb und den fürstlichen Hofrat Urban, Pfleger zu Leoprechting10). Auch Karl von Leoprechting weiß nur von einer Ehe des Benedikt Schätzl mit Anna Schwarzendorffer, belegt aber noch fünf weitere, ins Erwachsenenalter gelangte Kinder nämlich Julius Benedikt (gefallen 1598 vor Ofen, bestattet in St. Stefan zu Wien), Kunigunde (†1595, ledig), Margareth, Ehefrau des Otto Lösch (†1596)11), Anna, Ehefrau des David Ecker von Kapfing12), Elisabetha, Ehefrau des Mathias Isl13), und zusätzlich mehrere in ihrer Kindheit verstorbene Nachkommen14). Das Epitaph zeigt jedoch drei Ehefrauen, neben der belegten Anna, geb. Schwarzendorfer, noch eine Frau aus dem Geschlecht der Seiboldsdorf und eine weitere Frau, die anhand ihres Wappens nicht identifiziert werden konnte. Außerdem zeigt der Stein insgesamt 14 Kinder, sechs Söhne und acht Töchter. Die Zuordnung der bei Eichhorn nicht belegten Kinder zu Anna, geb. Schwarzendorfer, ist nur noch für Margaretha, verehelichte Lösch auf Grund der Ahnenprobe auf ihrem Grabdenkmal sicher. Ob die anderen Kinder ebenfalls von Anna, geb. Schwarzendorfer, oder aus früheren Ehen stammten, ist nicht nachzuweisen. Der Stein bietet von Benedikt nur das Todesjahr. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit seinem Tod 1571 hergestellt wurde.

Textkritischer Apparat

  1. Sic, für Johannes.
  2. Zeile zentriert; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.
  3. Schrift ab hier kleiner, 0,4 cm.
  4. Sic, für wir?
  5. Sic, lies gedult.
  6. Sic, lies setzt; über e zwei Striche.
  7. Sic, für seine.
  8. Sic für Herzen, zwischen H und r Lücke; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.
  9. Das nachgetragene Datum ist nur eingeritzt.
  10. Zeile zentriert; Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte, am Beginn und am Ende der letzten Zeile Quadrangel mit oben und unten ansetzenden, eingerollten Zierstrichen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Leoprechting, Schätzl 135 Anm 5.
  2. Hörmannsberg, Gde. Tiefenbach, Lkr. Passau.
  3. Watzmannsdorf, Gde. Thyrnau, Lkr. Passau.
  4. BayA1 175.
  5. BayA1 179. Das Wappen befindet sich zweimal auf dem Stein, im Auszug das Vollwappen, zu Füßen der Darstellung der dritten Ehefrau der Wappenschild.
  6. Geteilt, oben ein oberhalber Bär.
  7. Bay 22.
  8. Vgl. Eichhorn, Beichtzettel 133 Anm. 7, 195 Anm. 12.
  9. Vgl. Nebinger, Totenbuch 105.
  10. Zu Urban vgl. Nr. 802.
  11. Vgl. Nr. 802.
  12. Vgl. Nr. 768†.
  13. Vgl. Nr. 642†.
  14. Vgl. den Stammbaum bei Leoprechting, Schätzl 150f.

Nachweise

  1. Clm 1302, p. 8; BZAR Gen. 1279, Heft 1 p. 41; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 247; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 247; Erhard, Topographie I, 197; Kdm BA Passau 229, Fig. 188; Leoprechting, Schätzl, mit weiteren Nachweisen.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 626 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0062604.