Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 603 Domhof, Ortenburgkapelle 1568

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Grabtafel für Johann III. von Ortenburg, an der Nordwand in der oberen Reihe. Platte mit zentrierter Inschrift. Kalkstein mit roter Bemalung.

Maße: H. 100 cm, B. 76 cm, Bu. 4,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRVM) / ILLVSTRI IOANI COMITI IN OR=/TENBVRG, ETC(ETERA)a), PERTINACIS INFIR= /MITATISb) ATQ(VE) AEGRITVDINIS DIVTV/NITATEc) PROH DOLOR ANTE TEMPVS / EXTINCTO EVPHEMA CONINXd) ET VNIC(I)e) EX / IPSO FLIIf) HEINRICI, TRIVMO(VE)g) FILIARV(M) / IMPVBERVM OMNIVM MATRh) MOESTI/SIMA HOC FIDEI ET ORBITATIS SVAE LVC/TVOSVM MONVME(N)TVMe) AGNATIS AVTO/RIBVS POSVITi). / OBITk) ANNO A CHRISTO NATO · MDLXVIIIl) / DIE XXII MENSIS FEBRVARII / SVAE AETATIS CVM DIEBVS, XXI MENSIBVS N/VEMm) OCTAVO ET TRIGESIMO

Übersetzung:

Gott, dem besten und größten, geweiht! Dem erlauchten Grafen Johann zu Ortenburg etc., der aufgrund der Dauer seiner hartnäckigen Schwäche und Krankheit – oh Schmerz! – vor der Zeit gestorben ist, setzte nach seinem Tod Euphemia, die Gemahlin und sehr traurige Mutter seines einzigen Sohnes Heinrich und dreier Töchter, alle noch unmündig, dieses Trauermal ihrer Treue und Witwenschaft auf Veranlassung der Verwandten. Er starb im Jahr nach Christi Geburt 1568, am 22. Tag des Monats Februar, im Alter von 38 Jahren, 21 Tagen und neun Monaten.

Kommentar

Johann wurde am 27. April 1529 als erster Sohn von Graf Alexander von Ortenburg und dessen Gemahlin Regina Bianca von Wolkenstein2) geboren. 1551 wurde er kaiserlicher Rat, 1554 ist er als Hauptmann auf dem Nonsberg3) belegt. 1553 vermählte er sich mit Euphemia von Spaur2). Er war seit 1560 Landeshauptmann in Säben und Klausen4), wo seine Gemahlin starb und begraben ist. Im Jahre 1559, dem Sterbejahr Graf Sebastians II. von Ortenburg5), der bereits 1551 zu Gunsten seines Neffen Joachim auf die Regentschaft verzichtete, überließ er aus gesundheitlichen Gründen die Regierung der Grafschaft, die ihm als Ältesten zugestandem hätte, dem ein Jahr jüngeren Joachim, dem Cousin seines Vaters. Die Verwandten, auf deren Veranlassung die Gemahlin das Denkmal setzte, waren die Grafen Joachim als Familienoberhaupt und Ulrich III., der jüngere Bruder Johanns. Bei den in der Inschrift genannten Kindern handelt es sich um den Sohn Heinrich VII (1556–1603) und die Töchter Regina Bianca (1554–1607), Sidonia (1557–1589), verehelicht mit Herkules von Thun zu Castelfondo, und Katharina (1562–1635)6).

Textkritischer Apparat

  1. C verkleinert unter rechten Teil des T-Balkens gestellt.
  2. Komma an Stelle von Trennstrichen.
  3. Sic, statt DIVTVRNITATE.
  4. Sic, V fehlt.
  5. Kein Kürzungszeichen erkennbar.
  6. Sic, erstes I fehlt.
  7. Sic, O statt Q, kein Kürzungszeichen erkennbar.
  8. Sic, E fehlt.
  9. Diese und alle folgenden Zeilen zentriert.
  10. Sic, zweites I fehlt.
  11. Strich über römischen Zahlzeichen.
  12. Sic, O fehlt.

Anmerkungen

  1. Vgl. BHStA KAAA 547 (Sammlung von Briefen Aldersbach-Ortenburg). Für den Hinweis gilt herzlicher Dank Herrn Robert Klugseder, Aldersbach/Wien.
  2. Die Wolkensteiner waren mit den Spaur versippt. Beide Familien stammten aus Südtirol, der Nachbarschaft der älteren Kärntner Grafen Ortenburg. Graf Joachim bemühte sich, einen Zusammenhang zwischen den älteren Kärntner und den jüngeren, bayerischen Grafen Ortenburg herzustellen. Genealogische Verbindungen zwischen beiden Geschlechtern bestehen jedoch nicht.
  3. Val di Non, Trentino, Italien.
  4. Säben (Sabena) und Klausen (Chiusi), Südtirol, Italien.
  5. Vgl. Nr. 572†.
  6. Zu Johann III. vgl. kurz Huschberg, Ortenburg Tab. IX und ausführlicher Hausmann, Grafen zu Ortenburg 33–35.

Nachweise

  1. Clm 1302, p. 91 (allerdings nur ·1568· Jllustri Joanni Comiti de Orttenburg); BZAR Gen. 1279, Heft 1 p. 30; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 171; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 171; Epitaphia 12; ABP DKA VI, 24; Kdm Passau 144; Ortenburg-Tambach, Gesamthaus 2, Anhang III 20.
Addenda & Corrigenda (Stand: 18. Januar 2024):

Aus einem Brief Graf Joachims von Ortenburg an den Abt Bartholomäus Madauer von Aldersbach vom 1.11.1568 geht hervor, dass ein Meister Hans Steinmetz, der für Joachim tätig war, ein Epitaphium für Johann von Ortenburg angefertigt hat, bei dem es sich um diese Tafel handeln dürfte1). Mutmaßlich ist dieser Meister Hans mit dem Passauer Bildhauer Hans Maurer zu identifizieren, dem auch die Grabtafel für Sebastian von Ortenburg (Nr. 600) zugeschrieben wird.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 603 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0060301.