Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 602 Domhof, Ortenburgkapelle 1560–1568

Beschreibung

Grabtafel für Graf Alexander von Ortenburg, an der Südwand, in der Ostnische, obere Reihe. Kalkstein. Schrift vertieft, schwarz angelegt. Das sehr zerstörte Relief mit der Darstellung eines hohen Kreuzes, vor dem ein Verstorbener kniet, der Darstellung des Hl. Andreas im Hintergrund und einer weiteren, nicht näher bestimmbaren Figur, das sich heute über der Schriftplatte befindet, gehört nicht zu dem Grabmal1). Noch 1919 befand sich hier das Allianzwappen Ortenburg-Wolkenstein2).

Maße: H. 130 cm, B. 63 cm, Bu. 2,5–3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. D(EO) · O(PTIMO) · M(AXIMO) · S(ACRVM)a) · / ILLVSTRIb) COMITI ALEXANDRO IN ORTENBVRG / PATRI PIENTISS(IMO) IOANNES ET HVLDRICHVS, SV=/PERSTITES EX REGINA BIANCA MATRE INNOCEN=/TISSIMA FILII, HANC LVCTVS FTc) AMORIS SEDEM, A=/MISSO FRATRE HENRICO ET SORORE PAVLAd) FAEMINA / INCOMPARABILI POSVERE, MORTVVS EST POST / MILLESIMVM QVINGENTESIMVM A, CRISTO / NATO, EODEM ET SVAE AETATIS OCTAVO / ET QVADRAGESIMO / ANNOe)

Übersetzung:

Gott, dem besten und größten, geweiht! Dem erlauchten Grafen Alexander zu Ortenburg, dem gütigsten Vater, setzten Johann und Ulrich, die überlebenden Söhne von der überaus rechtschaffenen Mutter Regina Bianca, diesen Sitz der Trauer und der Liebe, nachdem sie den Bruder Heinrich und die Schwester Paula, die unvergleichliche Frau, verloren hatten. Er starb 1500 Jahre nach Christi Geburt im 48. Jahr des Jahrhunderts und seines Lebensalters.

Kommentar

Graf Alexander war der Sohn Ulrichs II. von Ortenburg und dessen erster Gemahlin Veronika von Aichberg3). Er war der ältere Bruder Karls von Ortenburg (vgl. Nr. 633), wurde 1501 geboren, studierte in Ingolstadt und leistete dann Kriegsdienste unter Georg von Frundsberg in der Schlacht bei Pavia. 1518 wurde er Kanoniker zu Augsburg, resignierte das Kanonikat 1525 und vermählte sich mit Regina Bianca von Wolkenstein. Er starb am 12. Mai 1548. Aus der Ehe gingen die Tochter Paula (†1560), die Gemahlin Paul Jakobs von Starhemberg, und die Söhne Johann III. (†1568), Heinrich (†1531, als Säugling verstorben) und Ulrich III. (†1586) hervor4). Die Platte muss zwischen 1560 (Todesjahr Paulas) und 1568 (Todesjahr Johanns, vgl. Nr. 603) entstanden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner in Form von Punkten auf der Zeilenmitte.
  2. Vergrößerter Anfangsbuchstabe; alle I mit Punkten.
  3. Sic, lies ET.
  4. Linke Schräghaste des A über Balken des L gestellt, über dem Schaft des L ein Punkt.
  5. O gefolgt von Doppelpunkt; ANNO zwischen Ornamenten aus geschwungener Linie mit kleinen Zierlinien und eingerollten Enden.

Anmerkungen

  1. Kdm Passau 111 führt dieses Relief für den Domkreuzgang, Südseite, 2. Schildwand von Osten an. Eventuell könnte es sich auf Grund der Beifiguren um das Relief des verlorenen Grabmals für den Weihbischof Andreas Hofmann (Nr. 750†) handeln. Kdm Passau will das Relief einem nicht näher benannten Propst von St. Nikola aus der ersten Hälfte des 17. Jh. zuweisen.
  2. StBP Hist. eccl. 130 VII gr zitiert diese Inschrift zusammen mit der Grabschrift für Sebastian von Ortenburg (vgl. Nr. 572†) unter einer Nummer. Die Handschrift beschreibt, dass sich unterhalb der Grabschrift für Sebastian von Ortenburg die Wappen Ortenburg und Wolkenstein befanden. Hierunter war die Grabschrift für Alexander von Ortenburg angebracht. Hier scheint es so, als ob es sich um eine Platte handelte, auf der die beiden Grabschriften durch ein Wappenrelief getrennt wären. Auch in Kdm Passau wird diese Anbringung untereinander erwähnt, es werden aber Wappen für beide Platten angegeben. Auch Ortenburg-Tambach, Gesamthaus 2, Anhang III weist auf ein Elternwappen.
  3. Laut Huschberg, Ortenburg Tab. VIII, war Alexander der Sohn der zweiten Ehefrau Ulrichs, Barbara von Starhemberg. Da seine erste Frau Veronika aber erst 1517 verstarb, sein Sohn Alexander jedoch schon 1501 geboren wurde, kann diese Konstellation nicht stimmen, vgl. Hausmann, Grafen zu Ortenburg 30ff.
  4. Ebd. 31–33.

Nachweise

  1. UBM 2o cod. ms. 397, fol. 46v; Clm 1302, p. 89; BZAR Gen. 1279, Heft 1 p. 29; SASR HV NL Wimmer 14d; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 173; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 173; Epitaphia 7; ABP DKA VI, 24; Kdm Passau 141; Ortenburg-Tambach, Gesamthaus 2, Anhang III 19 (Wappen).

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 602 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0060206.