Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 380† Dom St. Stephan 1517

Beschreibung

Grabschrift für Wiguläus Fröschl von Marzoll auf einem Denkmal für ihn, nahe seines Bestattungsortes beim Altar der Hl. Valentin und Maximilian an der Nordwand, bei der Säule.

Text nach Caspar Bruschius.

  1. Natales mihi clara dedit nomenque propago,Quae nunc insigni dexteritate uiget.En ego canonicus primis Patauinus in annis,Casibus in magnis aspera damna tuli.Corporis exposui uires ina) schismate totas, Ecclesiae grandes ne raperentur opes.Curia testatur fortes Romana labores,An mea profuerit officiosa manus.Diuinos ritus exactaque munia templiRite reformaui, quando decanus eram.Consensu patrum conscendi PonitificalemEcclesiae cathedram, praesulis arma ferens.Caesaream cameram iudex bis lectus adiui,Principibus gratus Romuleoque duci.Nunc functus uita, tumba Vigilaeus in illaAntistes iaceo: spiritus astra premit.

Übersetzung:

Edle Geburt und Namen gab mir das berühmte Geschlecht, welches nun durch seine ausgezeichnete Tugend in Ansehen steht. Ach, als Kanoniker in Passau ertrug ich in den ersten Jahren in großen Unglücksfällen harte Verluste. Meine ganzen körperlichen Kräfte setzte ich im Schisma ein, damit der Kirche keine großen Güter entrissen würden. Die römische Kurie bezeugt meine tapferen Mühen und ob meine dienstfertige Hand nützlich war. Die heiligen Riten und die eigentlichen Aufgaben der Kathedrale habe ich in rechter Weise umgestaltet als ich Dekan war. Mit der Zustimmung der Väter bestieg ich den Thron der bischöflichen Kirche, und ich trug die Zeichen des Bischofs. Zweimal bin ich als erwählter Richter zur kaiserlichen Kammer gereist, bei den Fürsten und dem römischen Oberhaupt (dem Kaiser) war ich beliebt. Nun da ich das Leben beschlossen habe, liege ich, der Vorsteher Wiguleus, im diesem Grab, der Geist aber drängt zu den Sternen.

Versmaß: Distichen.

Kommentar

Zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LX.

Caspar Bruschius gibt an, der Text der Grabinschrift sei von Jakob Locher Philomusus verfasst worden. Es ist nicht gelungen, den originalen Text bei Locher zu ermitteln. In Heidloffs Werkverzeichnis ist er nicht genannt1). Locher ist als Autor jedoch durchaus denkbar, jedenfalls beschäftigte er sich durchaus mit Vorgängen in Passau in der Regierungszeit des Bischofs Wiguläus, so verfasste er ein Gedicht anlässlich des Stadtbrandes von 15122).

Wiguläus Fröschl von Marzoll war von 1500 bis 1517 Bischof von Passau. Er wurde am 04. April 1445 als Sohn des Reichenhaller Siedeherren Ludwig Fröschl von Marzoll und der Ursula Trenbach zu Waldberg geboren. Er studierte in Wien3) und erwarb den Grad eines Licentiaten utriusque iuris. 1478 wird er das erste Mal urkundlich als Passauer Kanoniker erwähnt. Im Streit um den Passauer Bischofssitz zwischen Georg Hessler und Friedrich Mauerkircher stand er auf Seiten Mauerkirchers. 1480–1485 war er Offizial für das Land unter der Enns und erhielt in dieser Zeit die Pfründe des Pfarrers von Krems, die er bis zu seinem Tode inne hatte4). Ab 1486 bis zu seiner Wahl zum Domdekan 1490 hatte er das Offizialat ob der Enns inne. Er unterlag bei der Bischofswahl Christof Schachner, wurde aber trotzdem unter seinem Pontifikat Domdekan und übte das Amt mit großer Strenge aus. Am 14. Januar 1500 wurde er als Nachfolger Schachners zum Bischof gewählt und 1501 durch Papst Alexander VI. in Rom geweiht. In seiner Diözese wirkte er als Reformator. Er hielt 1503 eine Synode zur Erneuerung des Klerus ab und ließ ein Direktorium zum Schachnerschen Messbuch erstellen. Ab 1507 war er Präsident des Reichkammergerichtes. Ab 1514 war Ernst von Bayern sein Koadiutor5). Wiguläus wird im Fürstenzeller Nekrolog als Wohltäter des Klosters erwähnt6).

Textkritischer Apparat

  1. Es folgt ein Kreuz und als Glosse am Rand scilicet Haesleriano.

Anmerkungen

  1. Heidloff, Untersuchungen. Zu Locher vgl. auch Schmidt, Humanismus.
  2. Vgl. Boll, Gedicht.
  3. Immatrikulation am 11. April 1562. Vgl. Szaivert/Gall Matrikel II, 75.
  4. Wodka, Inhaber 257.
  5. Gatz, Bischöfe 202f.
  6. MGH Necrologia Germaniae IV, 123.

Nachweise

  1. Bruschius, De Laureaco 267; Krick, Domstift 228, Nr. 19.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 380† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0038009.