Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 327 Heilig-Geist-Spital, Kirche 1507

Beschreibung

Fragment einer Grabplatte für eine unbekannte Person, vermutlich Rueland Frueauf den Älteren, und Margreth Frueauf (II), an der Nordwand im achten Abschnitt von Westen, untere Platte (II). Rotmarmor. Der obere Teil fehlt, wohl die verlorene Grabinschrift für Rueland Frueauf (I), noch Reste zweier Zeilen erhalten. Die Platte ist an der linken und rechten Langseite mit Textverlust steinmetzmäßig behauen.

Maße: H. 92 cm, B. 92 cm, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© Universität Passau Lst. f. mittelalterliche Geschichte [1/1]

  1. I.

    – – – abend der auffart cristy]a)/ [15]07 ⟨Dem · got genad⟩b)

  2. II.

    [E]z leit auch Da begraben di[e] / [er]werg Fraw Margreth Di[e] / [de]s Ruelant Frueauf haus/[fra]w gebesen ist die starb an / [a]bent unser Frauen Lüecht/[me]ss1) Derc) [got genad 151d).

Datum: 1507 Mai 12.

Kommentar

Die beiden Inschriften unterscheiden sich durch die Schrift. Aus den bei der fragmentarischen ersten Inschrift (I) erhaltenen Buchstabenresten lässt sich eindeutig erkennen, dass die Schrift nicht dem Gartnertyp, dem die Inschrift für Margreth Frueauf (II) zugewiesen werden kann, zuzuordnen ist. Vielmehr scheint er der Gotico-Antiqua-Gruppe anzugehören, die gleichzeitig zu Gartner ist und dem späteren Zimbstyp ähnelt. Vor allem der noch erkennbare untere Bogen des a unterscheidet sich von dem Gartnertyp dahingehend, dass das Quadrangel nicht nach links gezogen, dagegen aber mit einem Haarstrich oben mit dem Schaft verbunden wird. Ein solches a tritt bei der besagten Gruppe und beim Zimbstyp auf2). In der zweiten Zeile lässt sich sehr gut der Größenunterschied der beiden Schriftarten erkennen. Die Formel Dem got genad ist nämlich von der Hand der zweiten Inschrift (II) und entspricht dem Schrifttyp der mittleren Phase Gartners, wie auch der Rest der Inschrift2).

Rueland Frueauf stammte wahrscheinlich aus Oberndorf am Inn3). Er war zunächst Bürger in Salzburg und erhielt um 1480 das Passauer Bürgerrecht, das er um 1497 aus eigenem Verschulden verlor und 1498 auf Fürbitte mehrerer Bürger wieder erhielt4). Er besaß in der Kleinen Messergasse ein Haus5), in dem er wahrscheinlich auch seine Malerwerkstatt betrieb, die nach seinem Tod am 12. Mai 1507 sein Sohn Rueland Frueauf der Jüngere übernahm. Er war laut Inschrift mit einer Margreth verheiratet. Grete Ring nahm fälschlicherweise an, dass Rueland Frueauf der Ältere mit Dorothea Frueauf verheiratet war6), die 1503 verstorben ist. Sie war jedoch die erste Frau seines Sohnes, Rueland Frueauf des Jüngeren7).

Textkritischer Apparat

  1. Buchstabenreste; Textergänzung nach Liedke.
  2. Vom Steinmetz der Inschrift II nachgetragen; es folgt ein geschwungener Balken auf der Zeilenmitte.
  3. Restliche Zeile durch steinerne Stufe verdeckt.
  4. Aus den sichtbaren oberen Schaftenden erschlossen.

Anmerkungen

  1. Vorabend von Maria Lichtmess: 01.02.
  2. Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel S. XLVIII und S. XLIX.
  3. Oberndorf am Inn, Pol. Bez. Salzburg-Umgebung/S.
  4. Zu Rueland Frueauf vgl. Thieme/Becker 12, 532–534.
  5. Kleine Messergasse 14. Dort wurde bei einer Fassadenerneuerung ein Rotmarmorstein mit dem Wappen Frueaufs freigelegt.
  6. Grete Ring in Thieme/Becker 12, 533.
  7. Vgl. hierzu die Angaben unter Nr. 308.

Nachweise

  1. Liedke, Frueauf 74, Abb. 1; Epp, Epigraphische Minuskel 179, Abb. 9.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 327 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0032700.