Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 67: Stadt Passau (2006)
Nr. 289† St. Nikola 14. Jh. / 15. Jh.
Beschreibung
Städtelobinschrift, an den Wänden des Nikolaklosters.
Text nach Bruschius, De Laureaco.
Vrbs est insignis, quam laudibus effero dignis,Montibus et fluuys circundata, sed quoque syluis.Non gaudet latis agris, pulchris neque pratis.Non ibi uineta sunt, nec pomoeria laeta:Attamen his laeta fruitur, cunctisque repleta:Laetificat mentes, alias pascit quoque gentes.Vrbs appellatur Passauia, nulla putaturIlli condigna fore nunc per talia signa.
Übersetzung:
Die Stadt ist hervorragend, die ich durch geziemendes Lob hervorhebe. Sie ist von Bergen und Flüssen umgeben und auch von Wäldern. Sie erfreut sich nicht großer Felder und auch nicht schöner Wiesen, es gibt hier keine Weinberge und keine blühenden Obstgärten. Aber dennoch genießt sie diese froh und ist mit allem erfüllt. Sie erfreut die Geister und weidet auch andere Völker. Die Stadt wird Passau genannt und man glaubt heute, dass keine (Stadt) bei solchen Merkmalen jener gleich würdig sein wird.
Versmaß: Leoninische Hexameter.
Anmerkungen
- Vgl. auch DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 103.
- Zu weiteren Lobtexten für Passau vgl. Weißhaar-Kiem, Lobschriften Nr. 386–405, zum Städtelob vgl. Arnold, Städtelob.
Nachweise
- Bruschius, De Laureaco 231f.
Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 289† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0028908.
Kommentar
Der Text ist in leoninischen Hexametern abgefasst, wobei Vers 1 und die Verse 3–8 zweisilbig rein gereimt sind, der Vers 2 einsilbig rein. Solche zweisilbig rein gereimten Leoniner fanden – wie Sebastian Scholz in DI 49 (Darmstadt-Dieburg) Nr. 112 nachwies – vor allem im 14. und 15. Jahrhundert Verwendung1). Die Inschrift wurde deshalb in diesen Zeitraum gesetzt.
Bruscius überliefert sie in seiner Schrift „De Laureaco“ als Zeugnis für die in Passau anzutreffende Gelehrsamkeit und Höhe der Dichtkunst (hier vor allem der Mönche von St. Nikola). Der Text ist der vor allem zur Zeit des Humanismus weitverbreiteten Gruppe des Städtelobes zuzuordnen2).