Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 41† Pfk. und Universitätsk. St. Nikola 1348

Beschreibung

Gedenkinschrift an das Erdbeben von 1348, an der Außenmauer zum Inn hin.

Text nach Bruschius, De Laureaco.

  1. Annis millenis, trecentenis, quadragenis,Octauo post hos, Domini: non decipio uos:Cum dicti Sauli colitur conuersio Pauli.Nec uento flante, pluuia, niue, sole micanteIn sexta feria, uespertinaque sub hora,Fit terraemotus magnus, uehemens quoque totus:Subuertens urbes et castra, simul quoque turres.Villach deiecit, et talia plurima fecit.

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn eintausenddreihundertvierzig und acht danach, ich täusche Euch nicht, als des Saulus genannten Bekehrung zum Paulus gefeiert wurde. Und weder Wind wehte noch Regen noch Schnee, die Sonne schimmerte1), am Freitag zur Vesperstunde, gab es ein großes und ganz gewaltiges Erdbeben. Es stürzte Städte und Burgen um sowie auch Türme, Villach zerstörte es und machte noch mehr dergleichen.

Versmaß: Leoninische Hexameter.

Datum: 1348 Januar 24.

Kommentar

Zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LXIII.

Das Erdbeben von 1348, dessen Epizentrum bei Villach in Kärnten lag und weite Teile dieser Stadt und des Umlandes zerstörte, war weithin spürbar. Nach Angaben zeitgenössischer Chronisten wurden die Erdstöße auch in Bayern wahrgenommen2). Das Erdbeben war von großer Bedeutung für den mittelalterlichen Handel, da auch der Übergang über die Drau zerstört wurde und der Übergang über den Dobratsch zumindest zeitweilig nicht möglich war3).

Anmerkungen

  1. Dem Bild liegt die bereits in der Antike vorhandene Vorstellung zu Grunde, ein Erdbeben müsse mit Unwettern einhergehen. Die beiden Ablativi absoluti sind daher als adversatives Asyndeton zu verstehen. Für diesen Hinweis sei Herrn Clemens M.M. Bayer M.A., Bonn, gedankt.
  2. Vgl. Hoefer, Die Erdbeben Kärntens und ihre Stoßlinien. In: Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 32. Wien 1880, 9. Zum Erdbeben zuletzt Hammerl Christa, Das Erdbeben vom 25. Jänner 1348 – Rekonstruktion des Naturereignisses. Ungedr. Dissertation, Wien 1992 · Für zahlreiche Hinweise sei Frau Mag. Gertrud Mras, Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Arbeitsstelle Inschriften, gedankt.
  3. So verdankt sich der ausführlichste zeitgenössische Bericht des Andreas von Regensburg dem Bericht zweier Regensburger und eines Prager Handelsherren, die zum Zeitpunkt des Erdbebens vor Ort waren. Vgl. Andreas v. Regensburg. Sämtliche Werke. Hg. von Georg Leidinger. In: Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte. Neue Folge 1: München 1903, LXVf.

Nachweise

  1. Bruschius, De Laureaco 230.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 41† (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0004102.