Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 67: Stadt Passau (2006)
Nr. 764 Domhof (1610)
Beschreibung
Fragmentarisch erhaltenes Epitaph für einen Sebastian, seine mutmaßliche Ehefrau Martha und ihre Kinder, an der Südwand im fünften Abschnitt von Westen, oben. Kalkstein. Im oberen Bereich zweigeteiltes Relief in Profilrahmung, im oberen Bild über Wolken links der Auferstandene mit Siegesfahne, rechts ihm gegenüber Gottvater, dazwischen die Heiliggeisttaube, innerhalb der Wolken Engelsflügel und Gesichter. Die Szene ist stark abgewittert und daher nicht recht zu deuten. Darunter, durch eine Profilleiste vom oberen Bild getrennt, in der Mitte der Gekreuzigte, am linken Bildrand der Verstorbene kniend in Beterhaltung, am rechten Bildrand wahrscheinlich die Ehefrau, ebenfalls kniend, beide dem Kreuz zugewandt. Unter dem Relief geschwungener Unterhang mit Grabinschrift. Oberfläche erheblich abgewittert mit Text- und Bildverlust. Möglicherweise fehlen Teile des Epitaphs, wie beispielsweise ein Aufsatz.
Maße: H. 62,5 cm, B. 34 cm, Bu. 0,6 cm.
Schriftart(en): Fraktur.
Alh[i]e ligt begraben der Ehrnvest Fürsichtig weiß Herr Sebasti[an – – –] / [– – –] Rath vnd[– – –] vnd des f(ü)r(st)l(ichen) D(urch)l(aucht) [– – –] / [– – –] vnd Passau / [– – –] / [– – –]o auch starb / [– – –] tu[g]en[t]hafft Frau Mart[ha – – –] / [– – –] verschieden de[n] ⟨..⟩ tag ⟨– – –⟩ / [– – –]ren ehlich erzeu[gt]en khinder / [– – –] Söhn vnd dochtera) welchen der Alme/[chtig] Gottb) // die ewige Fr[ö]/[– – –]b) // welle A[men
Textkritischer Apparat
- Möglicherweise ö-Striche verloren.
- Zeile durch Ornament des Profilrahmens unterbrochen.
Anmerkungen
- Zu Sebastian Moßholtzer vgl. Eichhorn, Beichtzettel 190 Anm. 14; Nebinger,Totenbuch 107.
- Nebinger, Totenbuch 109.
- Vgl. Eichhorn, Beichtzettel 332.
- Vgl. Nr. 876.
- Eichhorn, Beichtzettel 291 Anm. 9.
Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 764 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0076403.
Kommentar
Bei den Verstorbenen könnte es sich möglicherweise um den Stadtrichter Sebastian Moßholtzer und seine Frau Martha handeln. Sebastian war ab 1598 Ratsbürger und von 1601 bis 1610 Stadtrichter. Vor seiner Einbürgerung in Passau, Voraussetzung für das Amt als Stadtrichter, diente er mehrere Jahre der Herrschaft Ranariedl. Sebastian starb am 22. Mai 1610 an der Ungarischen Krankheit und wurde auf dem Bürgerfriedhof bei St. Paul bestattet1). Seine Frau Martha ist nach dem Sterbebuch des Domes am 08. Januar 1633, also lange nach ihm, verstorben2), deshalb wurde ihr Todesdatum wohl nicht nachgetragen. Sebastian und Martha gelten als Begründer einer angesehenen Passauer Bierbrauer- und Beamtenfamilie. Martha wird im Verzeichnis aller Stadtbewohner von 1620 als Witwe mit ihrem Sohn Hans, mit zwei Töchtern, zwei Enkeln und einem Bräuknecht genannt3). Der Sohn Hans ist später als Bürger und Kaufmann belegt4). Ein weiterer Sohn, Wolf Moßholtzer, war wie sein Vater Stadtrichter5). Sie hatten also mindestens vier Kinder. Ob es sich bei dem Fragment tatsächlich um das Epitaph des Sebastian Moßholtzer und seiner Familie handelt und ob es sich ursprünglich entsprechend dem Bestattungsort in St. Paul befand und erst später in den Domkreuzgang gelangte, ist ungeklärt.