Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 447 Domhof, Trenbachkapelle 1531

Beschreibung

Epitaph für den Kanoniker Thomas Ramelsbach, an der Südwand, fünftes von Westen. Rotmarmor. Im oberen Teil der Platte in Relief der kniende Verstorbene in Chorgewand mit Almucia, das Birett in den Händen, integriert in die Darstellung einer Kreuzigungsgruppe, Maria, Maria Magdalena und Johannes zu Füßen des Kruzifixes in einer bewaldeten Landschaft, im Hintergrund eine Stadt, rechts Wappenschild an einem Ast eines Baumes hängend, über dem Haupt des Verstorbenen Schriftband mit Textzitat (I), in der unteren Hälfte der Platte Inschrift (II). Standort 1771 in der Andreaskapelle auf der Epistelseite an der Wand, 1960 in der Ortenburgkapelle, seit 1972 am heutigen Platz.

Maße: H. 184 cm, B. 99 cm, Bu. 2 cm (I), 3 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Bischöfliches Ordinariat Passau [1/3]

  1. I.

    TRAHE ME POST TE / IESV DVLCISSIME

  2. II.

    THOME RAMELSPACH BAVARO · EX HAIMHAVSENa) / DVM · XVIII · IN LIB(ERALIBVS)b) ARTIB(VS)c) · ET · XXVIIII · ATTIGISSETd) · ANNOS / IN SACR(A)e) · THEOLOGIA DOCTORATVSf) · INSIGNIBVS DECORA/TO · PROQ(VE)g) PRECIPVA VIRTVTEf) SVA · IN CELEBRI INGOLSTADI/ENSI GIMNASIO OMNES HONORIS ET DIGNITATVMf) GRADVS / LAVDABILITERh) PERFVNCTO · DEIN · CANONICATVSi) · AC · CON/CIONATORIO MVNEREk) IN HAC PATA(VIENSI) · ECCL(ESI)Al) · NONm) SINE / STRENNVA GRASSANTIVMc) HERETICORVM PERSECVTIONE / FELICITERh) OBITOn) : ELOGII EXECVTORES · AMICO RARISS(IM)Oo) / DEQ(VE)p) RE CHRISTIANAc) OPTIME MERITO · P(ONI)e) · C(VRAVERVNT)e) · VIXITk) / AN(NOS) : XXXXIIII · MEN(SES) : IX : DIE(BVS)e) · X · O(BIIT)q) · ANNO SALVTIS / · M · D · XXXI : DIE · X · MEN(SIS)r) · SEPT(EMBRIS)e)

Übersetzung:

Ziehe mich dir nach, süßester Jesus. (I)

Thomas Ramelsbach, einem Bayern aus Haimhausen, der, als er das 18. Lebensjahr erreicht hatte, in den freien Künsten und, als der das 29. Lebensjahr erreicht hatte, in der Hl. Theologie mit den Insignien des Doktorats ausgezeichnet wurde und sodann, wie auf Grund seiner hervorragenden Begabung zu erwarten war, in lobenswerter Weise alle Ämter und Ehrenaufgaben am ehrwürdigen Gymnasium zu Ingolstadt wahrgenommen hat, schließlich ein Kanonikat und das Amt des Contionators in dieser Kirche zu Passau nicht ohne strenge Verfolgung der sich ausbreitenden Ketzer vortrefflich verwaltet hat und selig verstorben ist, ihm, einem Freunde, wie man ihn kaum je findet und der sich um die christliche Sache in allerhöchster Weise verdient gemacht hat, ließen die Errichter des Lobpreises (dieses Grabmal) setzen. Er lebte 44 Jahre, 9 Monate, 10 Tage. Er starb im Jahre des Heils 1531, am zehnten Tag des Monats September. (II)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Kirchenlied des 14. Jh. (I)
Wappen:
unbekannt1).

Kommentar

Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel S. LII; zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LIX f.

Thomas Ramelsbach wurde am 01. Januar 1487 in Haimhausen2) geboren. Er schrieb sich noch minderjährig an der Universität Ingolstadt ein, wo er ab 1504 auch lehrte, 1516 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert und kurz darauf als Ordinarius für Theologie bestallt, er hatte auch zweimal das Rektorat inne3). 1518 wurde er vom Bischof Ernst von Passau zum Domprediger berufen. Er ist urkundlich 1527 als Passauer Kanoniker belegt. 1527 war er Offizial für das Land ob der Enns und geistlicher Rat, seit 1518 Pfarrer von St. Paul4) und Contionator5) des Bistums Passau6). In seine Amtszeit als Contionator fällt der Prozess gegen Leonhard Käser, der wegen seines Bekenntnisses zur Reformation am 16. August 1527 in Schärding verbrannt wurde7).

Textkritischer Apparat

  1. Vergrößerte Anfangsbuchstaben bei allen Worten außer EX.
  2. Kürzungen durch Doppelpunkte angegeben.
  3. I unter Balken des T gestellt.
  4. Zweites T unter Balken des ersten T gestellt.
  5. Kürzung durch einfachen Punkt.
  6. V unter Balken des T gestellt.
  7. Kürzung durch Durchstreichung der Cauda des Q.
  8. I über Balken des L gestellt.
  9. CA-Enklave, V unter Balken des T gestellt.
  10. Vergrößerter Anfangsbuchstabe.
  11. CC-Enklave.
  12. Erstes N spiegelverkehrt.
  13. Es folgt Doppelpunkt ohne Kürzungsfunktion.
  14. O hochgestellt, nach Kürzung durch Doppelpunkt.
  15. Kürzung durch 3-förmige Durchstreichung der Cauda des Q.
  16. Kürzung durch waagrechte Durchstreichung des O.
  17. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Ein offener Flug durch drei Rauten verbunden.
  2. Haimhausen, Lkr. Dachau.
  3. Zu Ramelsbachs Universitätslaufbahn vgl. Biographisches Lexikon I, 324f. Kausch, Geschichte 29.
  4. Vgl. Krick, Seelsorgevorstände 49.
  5. Der Contionator war der geistliche Richter und Strafverfolger eines geistlichen Territoriums.
  6. Vgl. Krick, Domstift 58.
  7. Vgl. dazu Leidl, Bistumsgeschichte 39–41; Geschichte der Stadt Passau 140 Anm. 381; Kaff, Volksreligion 15 mit weiterführender Literatur.

Nachweise

  1. UBM 2o cod. ms. 397, fol. 74r; Kdm Passau 159f. mit Fig. 130; Krick, Domstift 263 Nr. 116 b; Fuchs, Standorte 325 Nr. 6; Weber, Gedenktafeln 38f.; Kapsner, Passau 76f.; Leidl, Bistumsgeschichte 39ff. mit Abb. 22.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 447 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0044701.