Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 388 Stadtarchäologie vor 1519 August

Beschreibung

Vier Fragmente einer figuralen Grabplatte für einen unbekannten Geistlichen, im Magazin. Auf drei Fragmenten finden sich Reste einer Umschrift. Rotmarmor. Rundbogenarchitektur mit baldachinartigem Rankenwerk, an der erhaltenen, rechten Langseite knorriges Stämmchen. Rücken eines knienden Klerikers im Chorgewand mit Almucia, vor ihm ein hochspringendes Tier (Hund, Wolf oder Löwe?).

Maße: H. 60 cm, B. 68 cm (Fragment 1), H. 66 cm, B. 38 cm (Fragment 2), H. 46 cm, B. 58 cm (Fragment 3), Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

  1. – – –]1 · 5 · ⟨19⟩ · Mens(is) · / ⟨Augusti di[e ..]⟩ //a) Obyt · Reuerendus · //b) Jn · chr(ist)oc) / · Pater · et · d(omin)usd) [– – –

Kommentar

Die Herkunft der Fragmente ist ungeklärt. Sie wurden im Dezember 1990 bei Baggerarbeiten im Hof des Maierhof-Spitals gefunden. Das Denkmal wurde von Högg Jörg Gartner zugewiesen. Typisch für Gartner ist laut Högg bei den Resten der bildlichen Darstellung das knorrige Stämmchen, das den Bogen, unter dem der Kleriker kniet, trägt1). Bei der Gestaltung der Umschrift sind jedoch Zweifel an der Zuweisung der gesamten Umschrift an Gartner anzumelden. Während die Ausgestaltung des Datums typische Merkmale der Gartner-Schrift aufweist (z.B. bei u, g und Schaft-s), zeigt die Schrift außerhalb des Datums Merkmale, die einer anderen Hand innerhalb der Gartnerwerkstatt zuzuweisen sind. So sind die Formen hier runder und unterscheiden sich in ihrer Gestaltung auch von den spezifischen Formen Jörg Gartners. So zeigt z.B. das Bogen-r bei Gartner eine deutliche Ausprägung des oberen Bogens, die Cauda wird nur kurz über der Grundlinie angesetzt und weist in einem fast waagrechten Bogen nach rechts; die hier tätige Hand lässt den Bogen des r bereits in halber Buchstabenhöhe enden und setzt eine steil nach unten gebogene Cauda an. Die Enden des s sind stärker eingerollt als bei Gartner, ebenso der obere Bogen des a, der im Gegensatz zu Gartner nicht zum unteren Bogen herabgeführt wird. Der untere Bogen des a ist quadrangelförmig, wird aber nicht nach links ausgezogen wie bei Gartner. Der Bogen des e wird durch einen unten eingerollten Haarstrich geschlossen, was ebenfalls untypisch für Gartner ist.

Textkritischer Apparat

  1. Übergang von Fragment 1 zu Fragment 2.
  2. Übergang von Fragment 2 zu Fragment 3.
  3. Nomen sacrum xpo mit Kürzungsstrich.
  4. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Dazu vgl. Högg/Niemeier.

Nachweise

  1. Högg/Niemeier, Grabinschriften (Baugrube) 49f., Abb. 31; dies., Grabinschriften (OG) 207f., Abb. 31; Epp, Inschriften 104, Abb. 10.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 388 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0038809.