Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 305 Heilig-Geist-Spital, Kirche 1502/1507

Beschreibung

Grabplatte mit den Grabinschriften für den Goldschmied Steffan Wispeunttner und seine Ehefrau Margret, an der Südwand im 13. Abschnitt von Westen, obere Platte. Rotmarmor. Drei Wappenschilde in Dreipass, 1:2 gestellt.

Maße: H. 146 cm, B. 71 cm, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/3]

  1. I.

    Hie leit begraben der Erberg / Man steffan Wispeunttner go/ltsmidt starb an allerheilligen / abent 150 IIa) Jar dem got genad

  2. II.

    Hie leit begrab(e)n die Erberg / fraw Margret steffan Wis/peuntner hausfraw dy starb / am Weinachtag · 1507 · der / got genadb) ·

Datum: 1502 Oktober 31; 1507 Dezember 25.

Wappen:
unbekannt1), unbekannt2), unbekannt3).

Kommentar

Der Schriftbefund zeigt, dass die beiden Inschriften in zwei zeitlichen Phasen oder zumindest von zwei unterschiedlichen Händen angefertigt wurden. Die zweite Inschrift für Margret Wispeunttner (II) entstammt der mittleren Phase Gartners. Sie weist bereits das runde d mit dem oben umgebogenen freistehenden Bogenabschnitt auf. Auch sonst sind die typischen Elemente des Schriftstils von Gartner vorhanden. Die erste Inschrift für Steffan Wispeunttner (I) unterscheidet sich aber eindeutig von der unteren Inschrift. Sie orientiert sich an den Grundformen Gartners, wirkt dabei aber sehr unbeholfen und klobig. Sie weist – wie bei Gartner – ovale Buchstabenkörper und stumpf auf der Zeile endende Schäfte auf. Die Buchstaben stehen aber gedrängter nebeneinander. Einzelformen werden von Gartner übernommen, so z.B. a, Schaft-s und f. Das g soll offenbar die typische Gartnerform wiedergeben, hat aber einen anderen Aufbau: der untere Bogen wird durch einen links offenen Dreiviertelkreis dargestellt. Der obere Bogen ist hufeisenförmig und sitzt auf dem unteren Bogen auf. Weiter werden d, e, r und w augenscheinlich anders gestaltet. Offenbar machte auch die Gestaltung der Jahreszahl Schwierigkeiten. Auf eine arabische Eins, Fünf und Null folgt eine Zwei in römischen Zahlzeichen. Bei diesem Beispiel ist zu überlegen, ob es sich hier um einen Schüler innerhalb der Gartnerwerkstatt gehandelt haben könnte4).

Schmid belegt einen Stephan Wispeunter als Bürger und Goldschmied 15105). Dies widerspricht der schriftkundlichen Einordnung der Inschrift und der Anordnung der beiden Inschriften auf dem Denkmal. Da Schmid keine Quelle für seinen Beleg angibt, kann nicht letztgültig geklärt werden, ob es sich bei dem als Bürger Belegten um den Verstorbenen – mit fehlerhaft überlieferter Datierung – oder vielleicht einen gleichnamigen Verwandten handelt.

Textkritischer Apparat

  1. Kombination römischer und arabischer Zahlen; StBP Hist. eccl. 130 VII gr liest 1511.
  2. Worttrenner in Form eines nach links bogenförmig ausgezogenen Quadrangels auf der Zeilenmitte; es folgt ein geschwungener Balken auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Zwei schräggestellte, gegenübergesetzte, miteinander verschmolzene Lilien.
  2. Ein fünfsparriges Mühlrad.
  3. Ein schrägrechter, mit zwei Blüten besetzter Rosenzweig.
  4. Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel S. L, besonders zur Gestaltung der Jahreszahl vgl. Einleitungskapitel.
  5. Vgl. Zettelkartei Schmid, Kasten 16.

Nachweise

  1. SASR HV NL Wimmer 14d; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 349; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 349; Epp, Epigraphische Minuskel 182f., Abb. 12; Epp, Inschriften 103, Abb.2.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 305 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0030502.