Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 225 Alte Residenz 1491

Beschreibung

Bauinschrift, im Hof des heutigen Landgerichts außen am Chor der ehemaligen Hofkapelle. Rotmarmor. Schrift erhaben, gleichlaufend zwischen erhabenen Leisten. Am Ende zwei leere Wappenschilde. Restauriert.

Maße: H. 60 cm, B. 180 cm, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotico-Antiqua.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. Anno · salutis · 1 · 4 · 91 · Ex · ordinatio(n)e · Reue(re)n(di) · in · chr(ist)o · p(at)ris · / dom(in)j · d(omi)nj · Christophorj · Schachner · Episcopj · Ecclesie · / Patauiensis · Hec · Capella · diue · Virginis · Marie · / Reparata · ac · ampliata · funditusq(ue) · erecta · esta)

Übersetzung:

Im Jahre des Heils 1491 wurde auf Anordnung des in Christo hochwürdigen Vaters und Herrn, Herrn Christoph Schachner, des Bischofs der Kirche zu Passau, diese Kapelle der Hl. Jungfrau Maria erneuert und von Grund auf größer errichtet.

Kommentar

Es könnte sich bei dieser Inschrift um einen ersten Gestaltungsversuch einer Gotico-Antiqua durch die Hand Jörg Gartners handeln. Die Schrift entspricht aber noch nicht dem typischen Stil Gartners.

Sie steht in ihren Proportionen noch sehr nahe an der Gotischen Minuskel, orientiert sich jedoch auch an der Rotunda, vgl. a-Form und stumpf endende Schäfte. Wie in der Einleitung bereits besprochen (vgl. S. XLVI), fällt bei dieser Schrift die hochrechteckige Form bei d und o auf. Zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LXIII.

Liedke weist die Schriftplatte ohne Begründung Jörg Gartner zu.

Die Hofkapelle Mariae Himmelfahrt wird bereits 1173 in einer Urkunde des Bischofs Diepold von Berg erwähnt1). Bischof Christoph Schachner erbaute sie nach Ausweis der Inschrift Ende des 15. Jahrhunderts neu und größer2). Bei dem Stadtbrand im Jahre 1662 stürzte das Gewölbe ein. Erhalten blieb nur das aufgehende Mauerwerk. Das neue Gewölbe wurde bereits 1663 unter Bischof Johann Philipp von Lamberg eingezogen, die Kapelle wurde barockisiert. Um 1810 wurde sie profaniert und der außergewöhnlich hohe Raum durch zwei Zwischengewölbe geteilt. Die Räume dienten dann als Holzlege des königlichen Landgerichts und seit 1910 bis 1991 als Depot der Dombauhütte. 1992 wurde sie zur Eingangshalle des Landgerichts Passau umgebaut.

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Vgl. RBP 850 sowie RBP 1277, †1278.
  2. Vgl. auch Oswald, Fürstbischof Schachner, und Krick, Seelsorgevorstände 33, 737.

Nachweise

  1. Erhard, Geschichte II, 78; Krick, Inschriften 9; Kdm Passau 380; Oswald, Fürstbischof Schachner 304; Liedke, Gartner 44, Abb. 5; Weber, Gedenktafeln 55f.; Schmidmaier, Residenzen 99; Epp, Epigraphische Minuskel 180f., Abb. 11.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 225 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0022507.