Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 67: Stadt Passau (2006)

Nr. 196 Domhof, Andreaskapelle vor 1476

Beschreibung

Figurale Grabplatte für den Dompropst Seyfrid Nothaft, an der Westwand, südlich des Westportals, früher an der Südwand. Rotmarmor. Der Verstorbene im Chorgewand mit Almucia und Birett auf einem Kissen, das von einem Wilden Mann und einer Wilden Frau gehalten wird, ruhend mit einem Buch in der Linken, zu Füßen eine liegende Bracke, flankiert von zwei Vollwappen. Schrift umlaufend nach innen gerichtet. Standort 1771 im Boden, 1919 an der Südwand, seit 1960 am heutigen Platz.

Maße: H. 228 cm, B. 115 cm, Bu. 10,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Bischöfliches Ordinariat Passau [1/1]

  1. Anno · d(omi)ni · M · cccc · ⟨lxxvjo⟩ Obyt · / Nobilis · Et · Generosus · Vir · Reuerendus · Pater · et · d(omi)n(u)s · d(omi)n(u)s / Seyfridus · Notthafft Canonicus / Et Prepositus Eclesie Patauien(sis) Plebanus In lincz ⟨i(n) · die · erasmy⟩a)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1476 starb der edle und vornehme Mann, der hochwürdige Vater und Herr, Herr Seyfried Nothaft, Kanoniker und Propst der Kirche zu Passau, Pfarrer zu Linz, am Tage des Erasmus.

Datum: 1476 Juni 03.

Wappen:
Nothaft1), unbekannt2).

Kommentar

Miller schreibt die Platte dem sogenannten Seeoner Meister, der mit Hans Paldauf identisch sein soll, zu und setzt das Werk um 1465 an3). Von demselben Meister soll nach Miller auch die Platte des Hans Pykel stammen4). Im Einleitungskapitel zur Schrift wurde ebenfalls auf die Ähnlichkeit der beiden Platten im Schriftstil hingewiesen5).

Seyfried Nothaft zu Wisenbergs Vater war der herzogliche Pfleger in Hengersberg6), Gilg Nothaft von Wysenberg zum Weißenstein, seine Mutter Gaudentia von Trettau. Er scheint das einzige Kind gewesen zu sein. Der Passauer Dompropst Wilhelm Nothaft entstammte einer Seitenlinie7). Seyfried ist 1442 urkundlich belegt. Er war Propst in Mattsee8), 1449–1464 Pfarrer in Tulln9), zuletzt – nach Ausweis der Grabinschrift – auch in Linz10),1449 wurde er Passauer Domkanoniker, 1458 wird er Domherr in Brixen und Trient , 1461 und 1462 hatte er die Stelle eines Kaplans an der Johannes-Kapelle des Brixener Domkreuzganges inne, 1454 wurde er Passauer Dompropst11), 1468 resignierte er sein Trienter Kanonikat zu Gunsten seines Verwandten Georg12).

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner in Form eines Quadrangels auf der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Bay 49.
  2. Durch drei gestürzte Spitzen geteilt.
  3. Miller, Meister von Seeon 142.
  4. Zu Hans Pykel vgl. Nr. 172; zum Meister von Seeon alias Hans Paldauf vgl. Miller, Meister von Seeon.
  5. Vgl. Einleitung S. XLIII.
  6. Hengersberg, Lkr. Deggendorf.
  7. Vgl. Nr. 331†.
  8. Mattsee, Pol. Bez. Salzburg-Umgebung/S., Kollegiatstift St. Michael.
  9. Tulln/NÖ.
  10. Linz/OÖ.
  11. Vgl. auch Krick, Domstift 4, 46, 178 Nr. 106, Krick, Stammtafeln Nr. 115 A.
  12. Vgl. Santifaller, Trienter Domkapitel 122.

Nachweise

  1. UBM 2o cod. ms. 397, fol. 50r; Cgm 1730, fol. 19r; Clm 1302, p. 71 (mit abweichendem Text); BZAR Gen. 1279, Heft 1 p. 17; SASR HV NL Wimmer 14b; ABP OA, Sammlung Stinglhamer/Krick 151, Nr. 162; StBP Hist. eccl. 130 VII gr, Nr. 162; Krick, Domstift 245, 259 Nr. 81; Kdm Passau 160, Fig. 123; Fuchs, Standorte 324 Nr. 3; Weber, Gedenktafeln 30; Miller, Meister von Seeon 142f., Abb. 14.

Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 196 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0019606.