Inschriftenkatalog: Stadt Passau bis zum Stadtbrand von 1662
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 67: Stadt Passau (2006)
Nr. 20 Domhof, Andreaskapelle 1316
Beschreibung
Tumbadeckplatte1) für den Dompropst Gottfried von Kirchberg und den Kanoniker Eberhard von Wartstein-Berg, an der Nordwand. Rotmarmorplatte mit abgeschrägten Kanten, in der Mitte durch Schriftleiste geteilt; je in gotischem Dreipassmaßwerk, auf einem Kissen ruhend links Gottfried von Kirchberg im Messgewand in Beterhaltung, rechts Eberhard von Wartstein-Berg im Superpelliceum mit Buch in der Linken, zu Füßen die Wappen der Verstorbenen. Grabinschrift (I) auf der Schräge umlaufend nach außen gerichtet, in der Mitte der oberen Schmalseite beginnend, auf der Mittelleiste Hexameter (II), Schrift nach links gerichtet. Standort 1771 in der Andreaskapelle belegt. Oberfläche mit erheblichem Text- und Bildverlust abgetreten. Beschädigungen durch die Befestigungsklammern und die Versetzung in die Ortenburgkapelle im Jahr 1960.
Maße: H. 246 cm, B. 131 cm, Bu. 7,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
- I.
· AN(NO) · D(OMI)NI · M · CC[C · / X] VIa) · JN · I(Ṇ)VE[NTIONE] · S(ANCTE) · (CRVCIS)b) · O(BIIT) · NOBIL(IS) · COMES · GOTFRID(VS)c) · D(E) · CHI/RICHP(ER)CH · P(RE)P(OSI)T(V)S · PAT(AVIENSIS) · M · CCC · XV · / I(Ṇ) · EXALTAC(ION)E · S(ANCTE) · (CRVCIS)b) · O(BIIT) · COMES · EB[(ER)]HARD[(VS)] · D(E) · WARTST[A]IN · (ET) · B(ER)G · / [.] PA[TAVIENSIVM]d) · EC(C)Ḷ(ESI)AR(VM) · CAN(ONICVS)e)
- II.
· SIS · PIVS · AMBOR(VM) · COMITVM · PATER · O · DEVS · HORVMf) ·
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1316 an der Auffindung des Hl. Kreuzes starb der edle Graf Gottfried von Kirchberg, Propst zu Passau. 1315 an der Erhebung des Hl. Kreuzes starb Graf Eberhard von Wartstein und Berg, Kanoniker der Kirchen [zu Passau]. (I) Du mögest gnädig sein, Vater dieser beider Grafen, o Gott. (II)
Versmaß: Hexameter. (II)
Datum: 1316 Mai 03; 1315 September 14.
Kirchberg2), Wartstein3). |
Textkritischer Apparat
- Datum nach Krick.
- Statt CRVCIS ein Kreuz.
- Kürzung hochgestellt.
- Wort gekürzt, genaue Art der Kürzung nicht erkennbar, evtl. A und T als Nexus litterarum.
- Letzte Zeile auf rechtem Abschnitt der oberen Schmalseite; Worttrenner in Form von Punkten auf der Zeilenmitte.
- Worttrenner in Form von Punkten auf der Zeilenmitte.
Anmerkungen
- Die Tumba ist zwar verloren. Die Ausführung der umlaufenden Schrift spricht aber für diese Annahme.
- Gespalten, vorne ein halber Adler, hinten ein Balken. Siebmacher, WüA 17, bietet für Konrad von Kirchberg, einen anderen Neffen des Bischofs Bruno von Brixen, ein abweichendes Wappen.
- WüA 28.
- Das Sterbedatum ist in der Literatur durch den schlecht erhaltenen Text meist falsch interpretiert worden. So verhält sich Kdm Passau zwar vorsichtig, suggeriert aber durch eine fehlerhafte Lesung die Verwendung des Römischen Kalenders: M · CCC · XVI / VI · ID · IV... · Ähnlich verhält es sich bei Krick, Domstift 251: ...MCCCXVI) V. Jd. Jun. ... Das Sterbedatum Eberhards konnte offenbar von beiden nicht entziffert werden, Krick setzt das Jahr aber eindeutig 1316 an. Fuchs gibt beide Daten in der richtigen Auflösung an. Allerdings liest auch er im Datum Eberhards 1316.
- Zu Gottfried von Kirchberg vgl. Krick, Domstift 4, 173f. Nr. 77–84; ders., Stammtafeln Nr. 75, 169.
- Am 24. Februar 1318 werden Seyfried der Vaist, Richter zu Passau, Albrecht der Chremer und Stephan der Handschuster als Kirchbergs und Wartsteins Testamentsvollstrecker genannt.
- Zu Eberhard Graf von Wartstein-Berg vgl. Krick, Domstift 29, 174 Nr. 82–84.
Nachweise
- SASR HV NL Wimmer 14b (nur Teile der Inschrift); Schmid, Passau 42; Kdm Passau 171, Fig. 122; Krick, Domstift 251 Nr. 5; Halm, Plastik I, 73; Fuchs, Standorte 325 Nr. 15; Weber, Gedenktafeln 35f.; Schmitt, Grabmäler 512f. (mit Abb).
Zitierhinweis:
DI 67, Stadt Passau, Nr. 20 (Christine Steininger), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di067m010k0002003.
Kommentar
Zur Schrift vgl. Einleitungskapitel S. XXXV f.; zum Inschriftenträger bzw. zur Inschriftenart vgl. Einleitungskapitel S. LVIII.
Graf Gottfried von Kirchberg wird 1261 erstmals als Passauer Kanoniker genannt. Seit dem 05. April 1282 ist er als Dompropst nachweisbar. Er starb am 03. Mai 13164). Sein Vater war Graf Eberhard II., der urkundlich 1254–1281 fassbar ist. Seine Schwester Alhaid war Chorfrau in Niedernburg, sein Onkel Bruno Bischof von Brixen5). Graf Eberhard von Wartstein-Berg wird 1295 erstmals als Passauer Kanoniker erwähnt. Er starb am 14. September 13156). Sein Vater war Graf Otto, seine Mutter eine Schwester des Grafen Gottfried von Kirchberg7).