Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 393 St. Johannis 1559

Beschreibung

Grabplatte des Joachim von Gule. Stein, farbig gefasst. Die hochrechteckige Grabplatte ist in der Turmvorhalle an der Westwand aufgestellt. Im Innenfeld in einer oben durch einen Bogen abgeschlossenen Nische im Relief eine Darstellung des Verstorbenen in Rüstung, zu seinen Füßen links ein Vollwappen, rechts sein Helm,1) oben in den Bogenzwickeln zwei Engelsköpfe. Um den Stein verläuft die Inschrift erhaben in vertiefter Zeile, zwischen den Worten große Spatien.

Maße: H.: 238 cm; B.: 145,5 cm; Bu.: 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/1]

  1. ANNO DOMINI MDLIX DES / FREITAGES NA BARTOLMEI2) / IS DE ERBAR VND ERENTVESTE IOCHIMa) / VAN GVLE HAVPTMAN ERSCHOSSEN / SINS OLDERS IM IARE XXXV DEM GODT GENEDICH SI

Wappen:
Gule3)

Kommentar

Behncke schreibt die Grabplatte dem Bildhauer Albert von Soest zu (vgl. a. Anm. 1). Allerdings zeigt sie weder in der Qualität der figürlichen Darstellung noch in der Buchstabengestaltung Merkmale, die sich mit den von Albert von Soest signierten Stücken vergleichen ließen. Die hier verwendete Kapitalis zeigt abgesehen von der Verwendung von Haar- und Schattenstrichen sowie einem M mit weit über der Grundlinie endendem Mittelteil wenig signifikante Merkmale. Die für Albert von Soest charakteristischen O mit schräger Schattenachse finden sich hier nicht. Die figürliche Gestaltung weist eine große Ähnlichkeit zu dem Epitaph des Abts Herbord von Holle in St. Michaelis auf (Nr. 384). Beide Stücke dürften von demselbem unbekannten Bildhauer stammen (vgl. Einleitung, Kap. 7.5.).

Über den Stadthauptmann Joachim von Gule und seinen gewaltsamen Tod ist nichts bekannt, was über den Inhalt der Inschrift hinausginge. Auch ein Schreiben seines Bruders Matthias von Gule, Domherr in Havelberg, an die Stadt Lüneburg zur Regelung des Nachlasses enthält lediglich die Information, dass Joachim von Gule Im Lande zu Preussenn eine Frau und eine Tochter zurückließ.4) In der Kirchenrechnung von St. Johannis ist verzeichnet, dass Joachim von Gule in der Kirche bestattet wurde und sein Begräbnisplatz 30 Mark kostete.5)

Textkritischer Apparat

  1. Das C wie ein G mit kurzer senkrechter Cauda gestaltet.

Anmerkungen

  1. Auf dem Kamm des Helms soll sich nach Behncke, Albert von Soest, S. 46, das Monogramm Albrechts von Soest befunden haben. Bereits Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 112, haben das Vorhandensein einer Meistermarke bestritten. Heute findet sich keinerlei Anzeichen dafür auf der Grabplatte.
  2. 25. August.
  3. Wappen Gule (springendes Einhorn).
  4. StA Lüneburg, UA b: 1559 September 24.
  5. SKA Lüneburg, Kirchenrechnung St. Johannis I,2, fol. 46v.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 11v.
  2. Behncke, Albert von Soest, S. 46, Abb. S. 47.
  3. Gebhardi, Collectanea, Bd. 1, p. 496.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 393 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0039309.