Die Inschriften der Stadt Lüneburg

7. Schriftarten und Werkstätten

Der hohe Anteil der kopialen Überlieferung an den Lüneburger Inschriften schränkt die Auswertung dieses Bestands im Hinblick auf die Schriftgeschichte deutlich ein.128) Aber auch viele der ‚im Original‘ erhaltenen gemalten Inschriften – ganz besonders aus dem Lüneburger Rathaus – können angesichts der zahlreichen Restaurierungen, denen sie im Laufe der Zeit unterworfen waren, nur bedingt auf detaillierte Schriftmerkmale hin überprüft werden. Dies gilt nicht nur für die Ausführung der Buchstaben selbst, sondern auch für die im heutigen Zustand sichtbaren diakritischen Zeichen bzw. Umlaute in den Inschriften des 16. und 17. Jahrhunderts. Da Diakritika zu dieser Zeit in den gemalten Inschriften die Regel sind, wird nicht jedesmal darauf hingewiesen. Die diakritischen Häkchen über u sind von Restauratoren häufig missverstanden und als Umlaut wiedergegeben worden; derartige Fehler bleiben hier zumeist unerwähnt. Auch wenn die gemalten Inschriften nur bedingt für eine schriftgeschichtliche Auswertung heranzuziehen sind, geben doch gerade die Inschriften des Rathauses Einblicke in die große Werkstatt des Lüneburger Malers Daniel Frese. Äußerst charakteristische Schriftformen zeigen dagegen die aus der Werkstatt des Bildhauers Albert von Soest stammenden geschnitzten Inschriftenträger. Die Glocken der Lüneburger Kirchen demonstrieren die von den verschiedenen Glockengießern verwendeten Buchstabenformen und Schriftarten, und die herausragenden Stücke des Ratssilbers zeigen in ihren Inschriften, dass die Lüneburger Goldschmiede sehr unterschiedliche Sorgfalt auf die Ausführung der Inschriften anwendeten.

7.1. Romanische und gotische Majuskel

Die romanische Majuskel, eine im Wesentlichen durch die Formen der Kapitalis mit einzelnen runden Formen bestimmte Schrift, kommt im Lüneburger Inschriftenbestand dieses Bandes nur deshalb vor, weil bei Gebhardi die Inschrift eines Standkreuzes aus dem Schatz der Goldenen Tafel in St. Michaelis in einer sehr detailgetreuen Zeichnung festgehalten ist (Nr. 2, Abb. 260). Neben rundem C und E in vollkommen offener Form stand hier pseudounziales A mit weit nach links ausgezogenem Deckbalken neben trapezförmigem A mit breitem Deckbalken, links geschlossenes unziales M, rundes T und eingerolltes G mit weit nach rechts geführtem oberen Bogenende.

Die gotische Majuskel, bei der es sich um eine Mischform aus kapitalen und runden Buchstabenformen handelt, zeigt als charakteristische Merkmale Bogenschwellungen und keilförmige Verbreiterungen bzw. Sporen an den Buchstabenenden, die im Laufe der Schriftentwicklung zu einem mehr oder weniger dicken, den Buchstaben abschließenden Strich – ganz besonders bei C und E – ausgezogen werden können. (Zu den wenigen Beispielen der gotischen Majuskel aus St. Michaelis vgl. a. DI 24 Nr. 3, 4, 5, 6 und Nr. 8, 9, 10.) Die ältesten Inschriften in gotischer Majuskel in diesem Band sind als Hinterglasmalerei bzw. als Malerei auf einem Korporalienkasten aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ausgeführt (Nr. 10, Abb. 1–3). Die Buchstaben zeigen die typischen keilförmigen Verbreiterungen der Hastenenden, trapezförmiges A mit tropfenförmiger Verdickung der linken Schräghaste und breitem Deckbalken, Nodi an I und N sowie abgeschlossenes E. Die heute im Museum befindliche, inschriftlich auf 1385 datierte Glocke aus dem Rathaus (Nr. 23, Abb. 267/268) trägt eine Inschrift in gotischer Majuskel, die mit einer Künstlerinschrift in gotischer [Druckseite 69] Minuskel kombiniert ist. Die gotische Majuskel zeigt ausgeprägte Sporen und Zierhäkchen, die jeweils in kleinen Tropfen enden. Die Bögen weisen deutliche Schwellungen auf, Hasten und Balken sind teilweise keilförmig verstärkt. Geradezu als Anschauungsobjekt für die Schriftart der gotischen Majuskel in Kombination mit der frühen Verwendung arabischer Ziffern kann ein Astrolabium (Nr. 30, Abb. 266) dienen, das wohl aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt. Die eingravierte gotische Majuskel zeigt komplett abgeschlossene C und E, A mit breitem Deckbalken und unterschiedlich gestalteten Mittelbalken, die schräg, gebrochen oder auch gerade ausgeführt sind, sowie symmetrisches unziales M mit Abschluss-Strich. Als besondere arabische Ziffern finden sich hier die schlingenförmige 4, die linksgewendete 5 mit kleinem am Schaftende angesetzten Bogen und die lambdaförmige 7. Als Beispiel einer gotischen Majuskel in ganz anderem Material ist noch die Altardecke Nr. 99 (Abb. 27/28) zu nennen, deren in Stickerei ausgeführte Buchstaben trotz der eigentlich runden Grundformen aus technischen Gründen der sehr einfachen Sticktechnik eckig ausfallen, die I immer mit einem kleinen Balken als Nodus in der Mitte. Der Kelch von 1498 aus St. Johannis (Nr. 170, Abb. 297) soll hier noch stellvertretend für die typischen, aus Einzelbuchstaben zusammengesetzten Nodusinschriften spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Kelche erwähnt werden.

7.2. Gotische Minuskel

Bei der gotischen Minuskel handelt es sich um eine aus der Buchschrift übernommene Schrift mit einem seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts allgemein immer mehr verbreiteten Formenkanon, für den Bogenbrechungen und die daraus resultierende parallele, oft gitterartige Anordnung der senkrechten Buchstabenteile charakteristisch sind. Die im Mittelband stehenden Schäfte werden in der gotischen Minuskel an der Oberlinie des Mittelbands und an der Grundlinie gebrochen, Bögen durch stumpfwinklige Brechung oder durch spitzwinkliges Abknicken in senkrechte, waagerechte oder schräge Elemente umgewandelt.

Die ältesten in Lüneburg befindlichen Beispiele einer gotischen Minuskel – allerdings beide in sehr schlechtem Erhaltungszustand – sind die Inschriften auf den Gedenksteinen für Gerhard Semmelbecker (Nr. 12, Abb. 262), möglicherweise von 1360, und für Heinrich Viskule (Nr. 15, Abb. 264/265), der frühestens aus dem Jahr 1371 stammt, beide also aus der Zeit, in der sich die Verwendung dieser Schriftart nach und nach verbreitete. Die Inschrift auf der Semmelbecker-Stele ist erhaben gehauen und zeigt die typischen Formen der frühen gotischen Minuskel ohne Quadrangeln mit stumpf endenden Buchstabenteilen, z. B. an den unteren Buchstabenenden von m und n. Die eingehauenen Inschriften des Viskule-Steins zeigen bereits Quadrangeln an den Buchstabenenden, sind aber vergleichsweise einfach ausgeführt bzw. so schlecht erhalten, dass sich keine detaillierteren Beobachtungen mehr anstellen lassen. Soweit die im Original überlieferten Inschriften Rückschlüsse auf sämtliche Lüneburger Inschriften zulassen, ist die gotische Minuskel die im 15. Jahrhundert hier wie andernorts absolut dominierende Schrift, die auf Materialien aller Art ausgeführt wird und bis weit in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinein noch Verwendung findet. Da sich aus den Lüneburger Stadtkirchen außer den beiden genannten Gedenksteinen, einem Fragment der Grabplatte des Johann Springintgut aus der Zeit vor 1461 (Nr. 120, Abb. 281) sowie einem weiteren Grabplattenfragment (Nr. 276) mit nur fünf lesbaren Buchstaben in gotischer Minuskel keine weiteren mittelalterlichen Grabdenkmäler oder andere Inschriftenträger aus Stein erhalten haben (zu St. Michaelis und Kloster Lüne vgl. DI 24), kommt die in Stein gehauene gotische Minuskel nur noch auf drei ebenfalls sehr schlecht erhaltenen Fragmenten von Beischlagwangen vor, die sich heute im Museum befinden.129)

Auch nicht sehr zahlreich vertreten, aber dafür in Form mehrerer besonders repräsentativer Stücke ist die gotische Minuskel auf den Glocken in Lüneburg. Die älteste gotische Minuskel findet sich in der Künstlerinschrift auf der bereits genannten Rathausglocke von 1385 (Nr. 23, Abb. 269), die spiegelverkehrt angebracht ist und bereits ein Bemühen um dekorative Buchstabengestaltung zeigt. Die Buchstaben weisen Quadrangeln auf, h und f mit deutlicher Oberlänge, beim h leicht gegabelt, der gebrochene Bogen unter die Grundlinie ausgezogen und in einem Tropfen endend, das f mit [Druckseite 70] weit ausgezogenem Bogenende, das doppelstöckige a unten offen und mit zum Schnörkel in die Buchstabenmitte ausgezogenem oberen Bogenende. Besonders feine Zierformen finden sich auf den von Gert Klinge gegossenen Glocken, deren Inschriften sich – bei gutem Erhaltungszustand – auch durch eine besonders scharfe Konturierung auszeichnen wie auf der 1436 gegossenen Apostelglocke von St. Johannis (Nr. 73, Abb. 271/272). Bemerkenswert sind hier die sehr fein gegossenen Zierstriche, die sich besonders an den x der Jahreszahl finden, aber auch beim doppelstöckigen a, dessen zu einem Zierstrich reduzierter oberer Bogen bis unten in den Buchstaben hineingezogen ist. Die Buchstaben der Apostelglocke sind durch sehr kurze Ober- und Unterlängen annähernd in ein Zweilinienschema gestellt. Eine unaufwendiger gestaltete gotische Minuskel zeigt die Glocke des Lüneburger Gießers Hans Snitker von 1440 (Nr. 78, Abb. 277/278). Die Buchstaben sind hier in Doppelkontur mit deutlich erhöhten Rändern gegossen, die s sind als Bänder gestaltet, die in den Brechungen des Buchstabens umgelegt sind. Die 1491 für die Lambertikirche gegossene Glocke (Nr. 165, Abb. 294/295) des berühmten niederländischen Glockengießers Gerhard de Wou zeigt wie die Klingesche Glocke eine gotische Minuskel mit scharf umrissenen Buchstaben, deren dekorativer Charakter durch Zierhäkchen und begleitende Zierstriche hervorgerufen wird. So tragen die Buchstaben f und t jeweils rechts an dem Balken angesetzte lange Zierstriche nach oben und unten, das doppelstöckige a trägt verkreuzte Zierhäkchen, die an den linken Teil des gebrochenen oberen und unteren Bogens angesetzt sind. Die Versalien der gotischen Majuskel zeigen ausgeprägte Bogenschwellungen bei gerader Innenkontur sowie begleitende Zierpunkte und Zierstriche. Der als Schüler des Gerhard de Wou geltende Heinrich von Kampen goss zwischen 1516 und 1519 vermutlich acht Glocken für die Lüneburger Kirchen und das Rathaus, von denen jedoch nur drei erhalten sind (Nr. 241, 247, 251), die – soweit noch erkennbar – ähnliche Schriftmerkmale wie bei Gerhard de Wou aufweisen, besonders die verkreuzten, das doppelstöckige a konstituierenden Zierhäkchen, die an den linken Teil des gebrochenen oberen und unteren Bogens angesetzt sind.

Als weiteres Beispiel einer gotischen Minuskel in Metall, in diesem Fall allerdings nicht gegossen, sondern in Doppelkontur glatt vor schraffiertem Zeilenhintergrund eingraviert, ist die Inschrift der Messingtafel in St. Johannis von 1445 (Nr. 88, Abb. 17) zu nennen, in der mit den eingerollten Ober- und Unterlängen sowie den als eingerollte Bänder gestalteten Worttrennern Zierformen der spätmittelalterlichen Goldschmiedeminuskel eingesetzt sind. Die hohen eleganten Buchstaben betonen den Gittercharakter der Schrift. Unter den Goldschmiedearbeiten sind als besonders schöne Beispiele einer vor schraffiertem Zeilenhintergrund glatt hervorgehobenen gotischen Minuskel der Deckel des Jaspispokals (Nr. 134, Abb. 36–38) und die Evangelistenschale (Nr. 136, Abb. 282–285) aus dem Ratssilber hervorzuheben, die beide von Lüneburger Goldschmieden ausgeführt wurden. Der Deckel des Jaspispokals von Hinrick Sommer trägt eine Inschrift, deren Buchstaben in gotischer Minuskel gespaltene Oberlängen mit tropfenförmigen Enden zeigen und zu Zierhäkchen ausgezogene Unterlängen sowie durchgesteckte Balken bei t und x, einen eingesteckten Zierbalken mit langem begleitenden Zierstrich bei g und einen breiten Mittelbalken des z. Die gotische Minuskel der Evangelistenschale des Cord van Hagen ist ähnlich dekorativ gestaltet und zeichnet sich vor allem durch die Formenvielfalt der Worttrenner aus, die teilweise als Blättchen aus dem voraufgegangenen Buchstaben erwachsen. Ein besonderes Merkmal der Schrift stellen auch hier der durchgesteckte Querbalken des t sowie der in das g eingesteckte Zierbalken dar, die beide mit nach oben und unten eingerollten Zierhäkchen versehen sind.

Auch in den gemalten Inschriften – sowohl in der Glasmalerei als auch auf Gemälden – fand die gotische Minuskel Verwendung. Die Einschätzung der gemalten Buchstaben wird jedoch erschwert durch zahlreiche Restaurierungen wie bei den Glasmalereien aus dem 15. Jahrhundert im Rathaus (Nr. 69, 70, 166, Abb. 4–10) oder der gemalten Weltgerichtsdarstellung in der Gerichtslaube (Nr. 177, Abb. 11–13). Die genannten Beispiele zeigen alle eine gitterartige gotische Minuskel mit hohen Buchstaben, deren parallele Hasten eng aneinander stehen, ganz besonders in den Spruchbändern der Weltgerichtsdarstellung.

Interessant ist die am Bestand der Lüneburger Inschriften zu beobachtende lange Verwendung der gotischen Minuskel bis weit in das 16. Jahrhundert hinein. Um zunächst bei den gemalten Inschriften zu bleiben, sind hier die Inschriften auf den Wandschränken in der Gerichtslaube des Rathauses von 1529 zu nennen (Nr. 290, Abb. 51–54), in denen eine Spätform der gotischen Minuskel mit den für diese Inschriften typischen roten Versalien und roten Worttrennern Verwendung fand. [Druckseite 71] Lediglich der vereinzelt geschwungene Bogen des Schaft-s und die Ausrundung des unteren Bogens beim runden s deuten hier erste Frakturmerkmale an.

Noch im Jahr 1555 wählte Valentin Barchmann für eine der von ihm gegossenen Bronzetafeln der Garlopenhäuser (Nr. 386, Abb. 361) eine gotische Minuskel mit Gittercharakter. Frakturmerkmale erhalten die scharf konturierten erhabenen Minuskeln nur durch gegabelte Oberlängen der l und t sowie durch dünne Zierhäkchen und -striche. Besonders charakteristisch sind die aus Kurzschaft und Quadrangel mit Zierhäkchen nach oben links zusammengesetzten r und die u mit kleinen übergesetzten Bögen als Diakritika sowie die kastenförmigen, doppelstöckigen a.

Ganz besonders beliebt blieb die gotische Minuskel in Lüneburg offenbar bei den Schnitzern, die diese Schrift – jeweils in erhaben geschnitzten Buchstaben – auch noch zu einer Zeit verwendeten, als sich die Kapitalis längst zur vorherrschenden Schrift in den Inschriften entwickelt hatte, z. B. an den Häusern Baumstr. 3 von 1538 (Nr. 327, Abb. 332/333) und Neue Sülze 22 von 1541 (Nr. 345, Abb. 348/349). An dem Haus von 1541 bestehen die r durchgängig aus kurzem Schaft mit aufgesetztem Quadrangel, die über die vertiefte Zeile hinausragenden Oberlängen sind gegabelt, die i mit i-Punkten versehen, die als kleine Kreise oberhalb der vertieften Zeile eingeschnitzt sind. Kombiniert wird die gotische Minuskel im 16. Jahrhundert häufig mit Versalien, die sehr aufwendig gestaltet sein können und häufig Frakturmerkmale aufweisen. Besonders aufwendig sind diese am Hofflügel des Hauses Schröderstr. 12 von 1578 (Nr. 521, Abb. 400/401) geschnitzt; die gotische Minuskel bekommt hier durch Zierhäkchen an den Buchstaben einen sehr dekorativen Charakter. Auffallend archaisch gestaltete Versalien der frühhumanistischen Kapitalis zeigt die Inschrift am Hofflügel des Hauses Große Bäckerstr. 19 von 1538 (Nr. 329, Abb. 334–336). Diese sind mit den Buchstaben der gotischen Minuskel kombiniert, in denen das unten offene Kasten-a vorkommt sowie w, das als doppelte, oben verbundene v gestaltet ist, das linke v mit senkrechter linker Haste und dünner rechter Schräghaste, das rechte v mit zwei senkrechten unten verbundenen Hasten. Als einziges Frakturelement ist hier s in Form eines Schaft-s mit nach rechts angesetztem großen Bogen geschnitzt.

Auch der Lüneburger Bildhauer Albert von Soest, der überwiegend Inschriften in Kapitalis ausführte, verwendete vereinzelt noch die gotische Minuskel: eingeschnitzt auf dem Gestühl in der großen Ratsstube von 1566 (Nr. 435) und erhaben in Stein gehauen auf dem Epitaph des Fabian Lutichius von 1575 (Nr. 489, Abb. 399). Die in strengem Gittercharakter gestalteten Minuskeln, die mit Frakturversalien kombiniert sind, betonen den Kontrast zwischen dem deutschen Bibelzitat und den in Kapitalis ausgeführten lateinischen Inschriften des Epitaphs.

7.3. Frühhumanistische Kapitalis

Diese besonders dekorative Schrift, die Elemente verschiedener Schriftarten wie der gotischen Majuskel und der Kapitalis mit byzantinisch-griechischen Formen vereint und Schmuckelemente wie Ausbuchtungen, Nodi und keilförmig verbreiterte Hasten aufweist, wurde von den Meistern der spätgotischen Altäre ebenso gerne verwendet wie von den Goldschmieden im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. In Lüneburg findet sich die frühhumanistische Kapitalis auf den Altären besonders in dem eher als Dekorationselement denn als Text sich ständig wiederholenden IHES(US) · MARIA in leicht plastischen Buchstaben auf den Rahmenleisten zweier Altäre aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Hier treten die typischen Buchstabenformen auf: byzantinisches M, epsilonförmiges E, A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken, I mit ausgebuchteter Haste (Nr. 244, 266 u. Abb. 29/30, 321). Eine andere typische Verwendungsform der Schrift zeigt der Altar Nr. 265 (Abb. 324–326) in St. Johannis, auf dem die Nimbeninschriften der dargestellten Figuren in frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt sind.

Die Lüneburger Goldschmiede verwendeten die frühhumanistische Kapitalis für verschiedene Stücke. Erstmalig belegt ist die Schrift auf einer Schale des Ratssilbers von 1476 (Nr. 139, Abb. 324–326). Die sehr schlicht gravierten Buchstaben mit überproportional großen O, A mit gebrochenem Mittelbalken, byzantinischem M sowie N mit eingezogenem Schrägbalken könnten eine Frühform der frühhumanistischen Kapitalis darstellen, deren Umsetzung hier erstmalig von einem [Druckseite 72] Goldschmied ausprobiert wurde. Es fehlen hier Nodi oder andere schmückende Merkmale. Auffallend ist dagegen der Variantenreichtum bei der Ausführung des M. Ganz anders und sehr viel dekorativer sind die Inschriften auf drei Kelchen (Nr. 173, 174, 261, Abb. 301, 298–300, 323) gestaltet, auf denen z. B. A mit breitem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken, epsilonförmiges E und spitzovales O (Nr. 173, Abb. 301), bzw. A mit langem Deckbalken nach links, eingerolltes D und gegengleich gestaltetes eingerolltes G, epsilonförmiges E und byzantinisches M eingraviert sind (Nr. 174, Abb. 298). Ein 1533 von dem Lüneburger Goldschmied Cord Obrecht angefertigter Pokal des Ratssilbers (Nr. 309, Abb. 45) trägt eine Inschrift mit epsilonförmigen E, A mit Deckbalken nach links oder rechts, spitzovalen O, oben offenem D und P mit sehr großem Bogen, über den die Haste kaum nach unten verlängert ist. Einzelne Merkmale der frühhumanistischen Kapitalis werden auch gelegentlich noch in die späteren Kapitalisinschriften übernommen wie das I mit halbseitigem Nodus und das eingerollte D auf dem ebenfalls von Cord Obrecht angefertigten Pokal von 1528 (Nr. 284, Abb. 44) oder das A mit großem Deckbalken nach links, Nodi am I und an der Schräghaste des N sowie H mit ausgebuchtetem Querbalken auf dem 1541 von einem unbekannten Goldschmied stammenden Aquamanile (Nr. 343, Abb. 74).

7.4. Humanistische Minuskel und Fraktur

Die humanistische Minuskel kommt als gesonderte Schrift in den Lüneburger Inschriften nur sechsmal vor und bleibt damit – wie überhaupt in den niedersächsischen Inschriftenbeständen – eine eher selten verwendete Schriftart. Allgemein kennzeichnend für die humanistische Minuskel sind runde Bögen und ohne Brechung endende Schäfte, f, Schaft-s und h weisen in der Regel keine Unterlänge auf. Unter den wenigen Lüneburger Beispielen entspricht die gemalte humanistische Minuskel auf dem Ewigen Kalender von 1618 (Nr. 859, Abb. 491) noch am ehesten dem durch Drucktypen vorgegebenen Ideal der humanistischen Minuskel, während es sich bei den anderen Beispielen – einpunziert auf dem Deckel des Spiegels Nr. 578 (Abb. 212/213), erhaben in Stein gehauen auf dem Schild der Löwenfigur Nr. 757 (Abb. 476), erhaben in Holz geschnitzt auf dem Epitaph Witzendorff Nr. 854 (Abb. 222/224), erhaben in Stein gehauen auf dem Epitaph Töbing/Dassel Nr. 863 (Abb. 493), gemalt auf dem Epitaph Schererz Nr. 887 (Abb. 249) – um sehr unterschiedliche, in der Gestaltung des Einzelbuchstabens aber eher schlichte Ausführungen der Schrift handelt.

Die in hohen schlanken Buchstaben – oft mit stumpf endenden Hasten – ausgeführte humanistische Minuskel auf dem Epitaph Witzendorff aus dem Jahr 1617 enthält als Besonderheit neben einstöckigen a und e mit sehr kleinem oberen Bogenabschnitt vor allem r, das aus einem geschwungenen Schaft und einem kurzen Mittelbalken besteht. Das Epitaph Töbing/Dassel aus dem Jahr 1621 (Nr. 863, Abb. 493) weist sehr ähnliche, wenn auch etwas unsorgfältiger ausgeführte Buchstaben auf, hier mit einem r aus zwei übereinandergesetzten gegenläufigen Bögen. Die auffällige Übereinstimmung der Schriftmerkmale lässt darauf schließen, dass beide Epitaphien in derselben – unbekannten – Werkstatt angefertigt wurden. Die Kombination von humanistischer Minuskel (1639) und Fraktur (1626) auf dem Schererz-Epitaph kann als typisch für die Verteilung der beiden Schriftarten gelten: die Fraktur wurde hier für einen langen deutschen Text gewählt, die humanistische Minuskel für den kurzen, später nachgetragenen lateinischen Sterbevermerk.

Die Fraktur ist eine in den Lüneburger Inschriften häufiger verwendete Schrift und kommt in Verbindung mit deutschen Texten ganz besonders im Zusammenhang mit Gemälden vor. Charakteristische Merkmale der Fraktur sind neben den aufwendig gestalteten Versalien Schwellzüge und Schwellschäfte sowie die spitzovale Form der gebrochenen Bögen, a ist in der Regel einstöckig ausgeführt, f, h und Schaft-s weisen oft Unterlängen auf. Die für diese Schrift kennzeichnende Betonung der Ober- und Unterlängen durch Schleifenbildung oder andere ausgeprägte Zierformen sind zwar allgemein in den norddeutschen Beständen eher die Ausnahme, finden sich aber in Lüneburg durchaus. Das älteste inschriftlich datierte Beispiel der Fraktur ist erhaben in Stein gehauen auf den Seiten des Stöterogge-Epitaphs (Nr. 377, Abb. 98/99) aus dem Jahr 1552. Die Versalien sind mit Zierschleifen und Häkchen versehen, teilweise auch die Oberlängen besonders der h. Auffällig ist, dass die etwas aufwendiger verzierten Frakturinschriften auf der linken Seite des Epitaphs einstöckiges a enthalten, während die Inschriften auf der rechten Seite weniger Zierformen [Druckseite 73] und doppelstöckiges a zeigen. Möglicherweise lässt dies auf zwei verschiedene Bildhauer schließen, die an dem Epitaph tätig waren. Dieses Epitaph zeigt die Verwendung der Fraktur für deutsche Inschriften und die Verwendung von Kapitalis für lateinische Inschriften ebenso wie die Grabplatte des Johann Wilken von Weihe von 1617 (Nr. 853, Abb. 489) mit zwei Kartuschen, auf denen sich eine Fraktur aus schmalen hohen Buchstaben mit Frakturversalien – besonders für die in Initialen wiedergegebene deutsche Devise des Verstorbenen – mit lateinischen Textteilen in Kapitalis mischt.

Von den mit Inschriften in Fraktur versehenen Gemälden in Lüneburg wurde ein beträchtlicher Teil von Daniel Frese (zu den Lebensdaten vgl. Nr. 436 u. 466) und seiner Werkstatt angefertigt, die in Lüneburg seit 1570 bis zum Tod Freses im Jahr 1614 tätig waren (Abb. 123–174). Die Menge der Gemälde erlaubt es – trotz aller Einschränkungen, die durch die zahlreichen Restaurierungen bedingt sind – gewisse Konstanten in der Gestaltung der Fraktur Freses herauszuarbeiten, die wohl zur ursprünglichen Ausführung dieser Inschriften gehören. Das gilt insbesondere für die Gemälde der Großen Ratsstube, da die Frakturinschriften in den Gemälden des Fürstensaals größtenteils den Vorstellungen des 19. Jahrhunderts von einer Fraktur Rechnung tragen (s. u.). Die neun allegorischen Gemälde der Großen Ratsstube, zu denen noch die Bemalung der Verkleidung an der Fensterfront hinzukommt,130) tragen alle Inschriften in Fraktur, die Gemälde an der Fensterfront ausschließlich, in den allegorischen Gemälden ist die Fraktur unterhalb der Bilder teilweise mit weiteren Frakturinschriften in den Bildern, teilweise mit Kapitalisinschriften kombiniert. In allen Gemälden ist die Fraktur in schlanken hohen Buchstaben ausgeführt, wodurch sich auch die Buchstabenform bestimmt, z. B. beim e mit kleinem oberen Bogenabschnitt oder beim k mit reduzierten, weit oben angesetzten Schrägbalken, der untere waagerecht; a ist immer einstöckig ausgeführt, o spitzoval, entsprechend auch die unteren Teile von b und d. In den meisten Gemälden der großen Ratsstube finden sich die für die schmuckvolle Form der Fraktur charakteristischen Verzierungen durch Schnörkel, Schleifen und Bögen, nicht nur an den Versalien, aber ganz besonders an diesen, die damit das Bild der jeweiligen Inschrift bestimmen.

Drei der vier von Frese mit der Signatur inventor et fecit versehenen Gemälde (Nr. 494, 495, 502, s. o. Kap. 3.3.7.3.) weisen ganz besonders komplizierte Schleifenbildungen der Versalien auf und auch zahlreiche Verzierungen an den Ober- und Unterlängen der Minuskelbuchstaben. Der Vergleich dieser Frakturinschriften mit den Inschriften unter und in den Fürstenbildern Nr. 474 des Fürstensaals machen es einerseits wahrscheinlich, dass die Fraktur in den Gemälden der Großen Ratsstube noch annähernd den Vorstellungen entsprechen dürfte, die Daniel Frese und seine Mitarbeiter von dieser Schriftform hatten, andererseits belegt der Vergleich anschaulich, dass es sich bei den im Fürstensaal angebrachten Frakturinschriften um eine schablonenhaft wirkende Malerei des 19. Jahrhunderts handelt, die die Texte wie die Buchstabenformen in gleicher Weise normalisiert, allerdings mit zwei Ausnahmen: die Inschriften auf den Schrifttafeln der im Katalogartikel mit O und P bezeichneten Gemälde sind in einer reich mit Schleifen, Begleitstrichen und Bögen verzierten Fraktur ausgeführt, die mit einzelnen Wörtern in Kapitalis kombiniert ist (vgl. Abb. 170). Auch die Inschriftentexte zeigen hier nicht die normalisierten Formen der anderen Inschriften. Dieselbe reich verzierte Fraktur findet sich auch auf dem ebenfalls aus der Frese-Werkstatt stammenden Gemälde Nr. 795 (Abb. 171) im Fürstensaal.

In Holz geschnitzt kommt die Fraktur besonders in den Hausinschriften vor. In Lüneburg gibt es hierfür mehrere besonders dekorative Beispiele. Der von Lukas Daming 1558 errichtete Hofflügel Große Bäckerstr. 15 (Nr. 389, Abb. 92/93) trägt auf dem Schwellbalken eine weitgehend in das Zweilinienschema der vertieften Zeile gestellte Fraktur mit Versalien, die einem Musterbuch für Frakturschrift entnommen sein könnten. Die Versalien sind mit vielfach verschlungenen Schleifen verziert. Die Minuskelbuchstaben zeigen e mit kleinem oberen Bogenabschnitt, einstöckiges a mit geschwungenem und unten gebrochenem Bogen, der linke Bogenteil des o entsprechend gestaltet, h mit einem großen, das Zweilinienschema ausfüllenden Bogen, die Oberlänge darüber sehr schmal als begleitender Bogen, k mit zu einem kleinen Mittelbalken und einem darüber nach rechts angesetztem Haken reduzierten Schrägbalken, die Haste weit im Bogen nach rechts ausgezogen. In den in Fraktur ausgeführten deutschen Text sind die drei lateinischen Wörter FIERI ME FECIT eingefügt, [Druckseite 74] deren Ausführung in einer streng wirkenden schlanken Kapitalis mit der Fraktur kontrastiert. Eine auf begleitende Zierschleifen und -bögen verzichtende Form der Fraktur zeigt das 1596 errichtete Haus Untere Ohlingerstr. 7 (Nr. 653, Abb. 96). Die Strichstärke der schlanken, hohen Buchstaben, die sich teilweise noch an der gotischen Minuskel orientieren, ist schmal. Für die weit im Bogen nach links ausgezogene Unterlänge des g und den ebenso gestalteten, unter die Zeile ausgezogenen Bogen des h ist die vertiefte Zeile des Schwellbalkens nach unten ausgebuchtet. Die Versalien dieser Fraktur wirken auch ohne begleitende Zierelemente sehr dekorativ dadurch, dass die einzelnen Buchstabenelemente in elegante Schwünge aufgelöst sind.

7.5. Kapitalis

Entsprechend der zeitlichen Verteilung der Inschriften der Stadt Lüneburg ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Renaissancekapitalis wie in den anderen bisher edierten norddeutschen Beständen auch hier die bei weitem vorherrschende Schriftform ist, die sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in allen Inschriftengruppen und Ausführungsarten durchsetzt. Der überwiegende Teil der in Holz und Stein ausgeführten Kapitalisinschriften ist erhaben geschnitzt oder gehauen, oft in vertiefter Zeile. Auch wenn viele dieser Inschriften regelmäßig gestaltet sind und durchgehende Stilmerkmale wie den Wechsel von Haar- und Schattenstrichen, Bogenverstärkungen und den Abschluss der Buchstabenbestandteile durch Serifen oder keilförmige Verstärkungen erkennen lassen, so orientieren sich doch die wenigsten streng an den klassischen Proportionen der Kapitalis. Daher weisen die Kapitalisinschriften einen recht großen Variantenreichtum auf und zeigen auch durchaus spezielle Handschriften einzelner Werkstätten.

Die älteste Inschrift in Renaissance-Kapitalis in Lüneburg findet sich auf einem im Jahr 1504 angefertigten Pokal des Lüneburger Ratssilbers (Nr. 225, Abb. 39–41). Die eingravierte Inschrift ist in einer schlichten, sehr sorgfältig gestalteten Kapitalis mit gleichmäßiger Strichstärke ausgeführt, deren Buchstaben wie C, D oder das kreisrunde O verhältnismäßig breit konzipiert sind, die E haben einen sehr kleinen Mittelbalken, M mit bis zur Grundlinie reichendem Mittelteil, die N retrograd, die Cauda des R ist geschwungen und sehr spitz ausgezogen. Da gerade in den Goldschmiedeinschriften aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts die frühhumanistische Kapitalis als dekorative Schrift bevorzugt wird, hebt sich diese Inschrift von anderen Stücken besonders auch des Lüneburger Ratssilbers ab.

Retrograde N enthalten auch die Inschriften des Münzpokals (Nr. 313, Abb. 57–64) von 1536 sowie die Inschriften des Pokals von 1538 (Nr. 328, Abb. 69) und des Aquamanile von 1540 (Nr. 336, Abb. 72), die aufgrund derselben Goldschmiedemarke dem Goldschmied Jochim Gripeswoldt zuzuschreiben sind (hierzu ausführlich Nr. 313). Dieselbe Marke tragen auch zwei weitere Stücke des Ratssilbers, der Interimspokal von 1554 (Nr. 381, Abb. 76–79) und das Becken von 1556 (Nr. 387, Abb. 364–366), deren N zwar nicht retrograd sind, deren Inschriften aber eine andere Besonderheit mit den Inschriften der übrigen drei Stücke desselben Meisters verbindet: in allen ist das auffällige oben offene D verwendet, das dem ebenfalls in den entsprechenden Inschriften vorkommenden G mit senkrechter Cauda in retrograder Ausführung entspricht. Den Münzpokal und den Interimspokal verbindet zudem die Verwendung eines auffälligen J-Versals. Auch wenn die Vermutung, hinter dem J-Versal wie hinter dem oben offenen D (als gespiegeltes G) könnten sich die Initialen des Jochim Gripeswoldt verbergen, einigermaßen gewagt zu sein scheint, so kann das oben offene D doch sicher als eine Art Markenzeichen dieses Goldschmieds gelten. Dafür, dass nicht alle Kapitalis-Inschriften auf Goldschmiedearbeiten mit einer solchen Sorgfalt ausgeführt wurden wie die bisher angeführten Stücke, steht der in Hamburg angefertigte Töbing-Pokal von 1602 (Nr. 743), dessen Tituli sehr unsorgfältig einpunziert sind. Ebenfalls einpunziert – allerdings in sehr sorgfältig in Doppelkontur ausgeführten Kapitalisbuchstaben mit Sporen – ist ein Teil der Inschriften des Prunkspiegels von 1587/1592 (Nr. 578), der außerdem verschiedene als Hinterglasmalerei ausgeführte Kapitalisinschriften (Abb. 211, 214–219) aufweist. Eine große ovale Kartusche im Spiegeldeckel trägt zentriert in schwarzen Buchstaben auf goldenem Grund die fein ausgeführte Inschrift, die Zeilen sind durch breite rote Linien voneinander getrennt, in deren Mitte alternierend goldene Striche und Punkte. Die mit Haar- und Schattenstrichen ausgeführten Buchstaben sind mit ausgeprägten Sporen versehen, die A mit spitz nach unten ausgezogenem oder [Druckseite 75] nach unten ausgebuchtetem Balken und kleinem Deckbalken, einige H mit nach oben oder unten ausgebuchtetem Balken, M mit schrägen Hasten und über der Grundlinie endendem Mittelteil, der untere Schrägbalken des K und die Cauda des R weit ausgezogen und nach oben eingerollt.

Die frühesten erhaltenen Kapitalisinschriften in Stein sind erhaben gehauen und stehen auf zwei farbig gefassten Grabplatten in St. Johannis aus den Jahren 1536 und 1537 (Nr. 314, 321, Abb. 65–67). Sie stammen den übereinstimmenden Schriftmerkmalen zufolge offensichtlich vom selben – allerdings unbekannten – Bildhauer. Die Buchstaben sind verhältnismäßig breit proportioniert, die O kreisrund und zumeist mit einer linksschrägen Schattenachse, das G ebenfalls stark gerundet und mit einer senkrechten Cauda, M mit geraden Hasten und einem über der Grundlinie endenden Mittelteil. Abgesehen von den Buchstaben C, E und S, die an den Enden der Buchstabenteile keilförmige Verbreiterungen aufweisen, enden Hasten, Balken und Bögen der übrigen Buchstaben stumpf. Ein Wechsel der Strichstärke ist zwar zu erkennen, aber nicht besonders betont. Ganz anders ist dies in den erhaben gehauenen und farbig gefassten Kapitalisinschriften des Stöterogge-Epitaphs von 1552 in St. Johannis (Nr. 377, Abb. 97/100), deren breit proportionierte Buchstaben einen ausgeprägten Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen zeigen, die Bögen tragen Bogenverstärkungen, an den Buchstabenenden teilweise weit ausgezogene Sporen, die O kreisrund, M mit schrägen Hasten und bis zur Grundlinie herabgezogenem Mittelteil. Sowohl die Kapitalis- als auch die Frakturinschriften (s. o.) des Epitaphs sprechen für die hohe Qualität der Bildhauerwerkstatt, die sich so auf dem als Gegenstück gestalteten zweiten Stöterogge-Epitaph (Nr. 378, Abb. 101–103) nicht wiederfinden lässt. Die Verwendung von Haar- und Schattenstrichen fehlt hier weitgehend. Die O weisen durch leichte Bogenverstärkungen eine schräge, nach links gekippte Schattenachse auf, M mit geraden Hasten und fast bis zur Grundlinie reichendem Mittelteil; als besonderes Merkmal kann das Q mit weit nach rechts unten ausgezogener Cauda gelten. Eine der Inschriften hebt sich deutlich von den anderen ab: die auf einer Schrifttafel innerhalb der Auferstehungs-Darstellung stehende Kapitalis enthält A mit weit im Bogen ausgezogener linker Schräghaste und nach links im Bogen ausgezogenem Mittelbalken sowie das V mit gerader linker Haste, das später auch in den Inschriften auf den Werken des Albert von Soest vorkommt (mehr hierzu im Kommentar Nr. 378).

Der bedeutendste und wie sein Malerkollege Daniel Frese überregional bekannte Lüneburger Bildhauer der Renaissance, Albert von Soest, signierte viele seiner Werke mit seinen Initialen, was sich – zumindest auf den mit Kapitalisinschriften versehenen Stücken – im Grunde als überflüssig erweist, weil seine Inschriften sehr deutlich die Hand des Bildschnitzers bzw. Bildhauers erkennen lassen (zu seinen Lebensdaten vgl. Nr. 378 u. 435). Der Inschriftenkatalog dieses Bandes enthält mindestens neun in Holz und Stein ausgeführte Werke des Albert von Soest.131) An den erhaben geschnitzten Inschriften des 1568 für die Große Ratsstube angefertigten Portals (Nr. 447, Abb. 117–121) zeigen sich neben dem charakteristischen V mit senkrechter linker Haste besonders die für Albert von Soest typischen O mit Bogenverstärkungen und stark rechtsschräger Schattenachse, die den Buchstaben insgesamt nach rechts gekippt erscheinen lassen, im Gegensatz zu den gegengleich gestalteten Q mit linksschräger Schattenachse. Generell weisen die Buchstaben sehr breite Schattenstriche im Gegensatz zu dünnen Haarstrichen sowie Bogenverstärkungen auf. Der Mittelteil des geraden M ist bis zur Grundlinie herabgezogen. Wo der vorhandene Raum es zulässt, ist der untere Balken des E weit nach rechts verlängert und zum Abschluss nach oben ausgezogen, ebenso der Balken des L. Diese Merkmale finden sich nicht nur in den zahlreichen Holzarbeiten des Bildhauers, sondern zumindest teilweise auch auf einem steinernen Epitaph in St. Johannis (Nr. 489, Abb. 397/398), dessen Kapitalisinschrift (zur Fraktur s. o.) allerdings – neben den charakteristischen E, O und QM mit geraden Hasten und V mit zwei Schräghasten aufweist. Anhand der M lässt sich der in allen Buchstaben angewendete Strichstärkenwechsel besonders gut demonstrieren: die gerade linke Haste und die rechte Schräghaste sind als dünner Haarstrich ausgeführt, die linke Schräghaste und die gerade rechte Haste als breiter Schattenstrich.

Die prägnanten Schriftmerkmale des Albert von Soest können gleichzeitig dazu dienen, Werke die diese Merkmale nicht zeigen, anderen Bildhauerwerkstätten zuzuordnen. Das gilt vor allem für zwei Grabdenkmäler, die ganz offensichtlich derselben Werkstatt entstammen: Die Inschriften des prominenten [Druckseite 76] Epitaphs mit den Reformatorenporträts für den Abt Herbord von Holle in St. Michaelis von 1555 (Nr. 384, Abb. 526–530) und die Grabplatte des Stadthauptmanns Joachim von Gule (Nr. 393, Abb. 367), die Behnke in seiner grundlegenden Arbeit zu Albert von Soest beide dem Bildhauer zuschreibt,132) zeigen weder in der Buchstabengestaltung noch in der Darstellung der Figuren Übereinstimmungen mit den Werken des Albert von Soest, so dass beide Stücke demselben unbekannten Bildhauer zuzuschreiben sind. Dessen Kapitalis zeigt abgesehen von einer übereinstimmend linksgeneigten Schattenachse der O und Q wenig signifikante Merkmale. Die von Michael vorgenommene Zuweisung des Holle-Epitaphs133) an einen überregional tätigen Bildhauer ist insofern richtig, als das Epitaph große Übereinstimmungen mit dem aus demselben Jahr stammenden Braunschweiger Epitaph des Gerhard Pawel von 1555 (DI 56, Nr. 475) und damit auch mit einem Halberstädter Epitaph für Matthias von Veltheim aus dem Jahr 1553 (DI 75, Nr. 200) zeigt. Völlig unzutreffend dürfte allerdings die Vermutung sein, es habe sich dabei um einen Bildhauer namens Jürgen Spinnrad gehandelt (vgl. dazu DI 56, Nr. 475), einer vermutlich im 18. Jahrhundert konstruierten und von dem allgemein recht fantasiebegabten Braunschweiger Kunsthistoriker und Museumsdirektor Paul Jonas Meier weiter ausgeschmückten Figur eines vielseitigen Mannes, der neben seiner militärischen Tätigkeit und der Betätigung als Bildhauer auch noch das Spinnrad nachhaltig verbessert haben soll. Interessant an den Werken dieses unbekannten und auch anhand der Lüneburger Quellen nicht zu lokalisierenden Bildhauers ist aber seine überregionale Tätigkeit und die Beauftragung durch die in Nord- und Mitteldeutschland ansässigen Adelsfamilien, auf die im Fall der beiden Lüneburger Grabdenkmäler die fehlenden Hinweise in den einschlägigen Archivalien der Stadt und des Klosters St. Michaelis hindeuten. Die überregionale Tätigkeit von Bildhauern in Norddeutschland und die Rolle, die der Adel als Auftraggeber dabei spielte, ist ein interessantes Thema, das noch eingehend untersucht werden müsste (vgl. dazu a. DI 66, Nr. 309).

Im Lüneburger Inschriftenbestand gibt es noch eine Reihe weiterer in Stein ausgeführter Kapitalisinschriften, die als erwähnenswerte Einzelfälle in den jeweiligen Katalogartikeln beschrieben sind. Dabei handelt es sich überwiegend um Grabdenkmäler oder Kaminfriese (vgl. z. B. Nr. 487 oder 722), die in der Regel erhaben gehauene Buchstaben tragen. Eingehauene Kapitalisinschriften sind eher selten und treten etwas zahlreicher erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf. Hier soll aber noch auf eine Hausinschrift hingewiesen werden, die in Stein ausgeführt ist und damit aus dem Rahmen des Üblichen fällt: die an der Ratsapotheke unterhalb des Giebels auf einem Fries angebrachte Kapitalisinschrift in erhaben gehauenen und vergoldeten Buchstaben, die wie eine Art Überschrift wirkt. Die breit proportionierten Buchstaben der großzügig angebrachten Inschrift zeigen kaum Strichstärkenwechsel, sie sind sehr sorgfältig gehauen, O und Q kreisrund, die Q mit unten angesetzter geschwungener Cauda, sowie gerade M mit bis zur Grundlinie reichendem Mittelteil.

Alle weiteren über die Hausfronten verlaufenden Kapitalisinschriften in Lüneburg sind in Holz ausgeführt und stehen in der Regel in erhaben in vertiefter Zeile geschnitzten Buchstaben auf den Schwellbalken. Als ältestes und sehr schlichtes Beispiel ist die Inschrift am Hofflügel des Hauses Große Bäckerstr. 18 von 1543 (Nr. 349, Abb. 350) zu erwähnen, die als besonderes Merkmal N mit dünner ausgebuchteter Schräghaste aufweist. Aus dem Jahr 1563 stammt die Inschrift am Haus Lünertorstr. 18 (Nr. 412, Abb. 372/373), die farbig gefasst ist und neben ausgeprägten Sporen an den Buchstabenenden H mit nach oben ausgebuchtetem Balken und gerade M mit bis auf die Grundlinie reichendem Mittelteil zeigt. Ausgeprägte Sporen tragen auch die Buchstaben am Hinterhaus Große Bäckerstr. 24 von 1591 (Nr. 606, Abb. 433/434), die als Besonderheit E mit einem abgeschrägten Mittelbalken enthalten sowie ein in seiner Gestaltung auffallendes G mit senkrecht angesetzter Cauda, die oben waagerecht umgebrochen und am oberen Ende zur Buchstabenmitte hin abgeschrägt ist. Als Beispiel für eine schlichte erhaben geschnitzte Kapitalisinschrift, in diesem Fall auf einem Türsturz, ist die Inschrift am Haus Papenstr. 1 von 1594 mit breiten, keilförmig endenden Buchstabenelementen zu erwähnen (Nr. 632, Abb. 425).

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Was die einfache Gestaltung der erhaben in vertiefter Zeile geschnitzten Kapitalis mit breiten, schmucklosen Buchstabenelementen angeht, stehen auch die Umschriften auf den Wappenmedaillons der Garlopenhäuser (Nr. 383, Abb. 355–358) sowohl im Kontrast zu dem Inhalt – einer Art außen am Haus angebrachter Ahnengeschichte – als auch im Kontrast zu den sehr aufwendig gegossenen, ehemals ebenfalls am Haus angebrachten Bronzetafeln. Die heute an den Häusern angebrachten Kopien der Inschriftenträger zeigen mit ihrer farbigen Fassung wohl in etwa deren ursprüngliches Aussehen. Die im Museum Lüneburg befindlichen Originale der Metalltafeln (Nr. 385, Abb. 359/360) wirken allerdings ohne die Farbfassung – ganz im Gegensatz zu den Wappenmedaillons – sehr viel eleganter als die farbig gefassten Kopien. Die Kapitalisbuchstaben sind an den Buchstabenenden teilweise keilförmig verbreitert; spitzovale, rechtsgeneigte O, R mit weit nach rechts unter den folgenden Buchstaben ausgezogener Cauda, Q mit unten in der Mitte angesetzter und nach links umgebogener Cauda und S mit kleinem oberen und größerem unteren Bogen machen die Besonderheit der gegossenen Schrift aus; die I mit i-Punkten in Form von Quadrangeln. Um eine gegossene Kapitalisinschrift handelt es sich auch bei der Mitteltafel des Witzendorff-Epitaphs von 1617 (Nr. 854, Abb. 220). Allerdings wird die Beurteilung der Buchstabenformen hier dadurch erschwert, dass die heutige Vergoldung der Buchstaben an vielen Stellen nicht den Konturen der erhabenen Buchstaben entspricht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der ausgeprägte Strichstärkenwechsel und die E, L und T mit keilförmigem Balkensporn bzw. Balkensporen nicht erst das Werk eines Restaurators sind, auch wenn die Buchstaben in ihrer heutigen Goldfassung eher dem Geschmack des 19. Jahrhunderts entsprechen als den Vorstellungen der Renaissance.

In besonderem Maße von der Art der Restaurierungen abhängig sind auch die gemalten Inschriften in Kapitalis, unter denen hier vor allem diejenigen Inschriften interessieren, die sich in den von der Frese-Werkstatt ausgeführten Gemälden befinden (zur Fraktur dieser Werkstatt s. o.). Legt man die Bilder der Balkendecke des Fürstensaals im Rathaus (Nr. 798, Abb. 195–198) zugrunde, denen auch die Kapitalis-Einsprengsel in den Inschriften der Fürstenbilder O und P (s. o. zur Fraktur) entsprechen, so fallen besonders die langen, nach rechts über die Buchstaben hinausgreifenden Zierbögen auf, zu denen Hasten, Schräghasten und Cauden nach unten ausgezogen sind. Dies verleiht den Inschriften ein elegantes und schwungvolles Aussehen. Die Inschriften zeigen zudem einen betonten Strichstärkenwechsel, die Buchstabenteile sind durch Sporen oder dünne Striche abgeschlossen. In den neun Frese-Gemälden der Großen Ratsstube134) finden sich zahlreiche Bildbeischriften in Kapitalis, deren Buchstaben zwar insgesamt weniger Verzierungen aufweisen, schon um nicht zu sehr von den Bildinhalten abzulenken, die aber durchgehend einen ausgeprägten Strichstärkenwechsel und eine äußerst sorgfältige Gestaltung jedes einzelnen Buchstabens mit Sporen oder Abschluss-Strichen aufweisen. Im Vergleich zu diesen Inschriften im Fürstensaal und in der Großen Ratsstube wirkt die ebenfalls von der Frese-Werkstatt ausgeführten Kapitalis auf der Balkendecke der Apotheke (Nr. 673, Abb. 226/227) eher schmucklos.

Betrachtet man die Lüneburger Kapitalisinschriften insgesamt, so lässt sich hier wie schon bei anderen norddeutschen Beständen konstatieren, dass die Schrift im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts keine Entwicklung durchläuft, die es erlauben würde, undatierte Kapitalisinschriften einem bestimmten Zeitraum zuzuweisen. Insgesamt gibt es keine zeitgebundenen Merkmale, wenn man einmal von der um die Mitte des 17. Jahrhunderts üblicher werdenden Verwendung des runden U absieht.

7.6. Zusammenarbeit der Werkstätten

Im Hinblick auf verwendete Schriftformen, aber auch allgemein interessant ist die Zusammenarbeit verschiedener Werkstätten in Lüneburg. Edgar Ring hat in der letzten Zeit darauf aufmerksam gemacht,135) dass die Töpferwerkstätten in Lüneburg eng mit Gießern wie Valentin Barchmann zusammenarbeiteten. Der Zufallsfund eines Fragments des Garlop-Wappens, das in der Gestaltung exakt dem Wappen auf der Bronzetafel Nr. 385 entspricht, auf dem Grundstück der Töpferei Auf [Druckseite 78] der Altstadt 29 macht plausibel, dass die Töpferei zur Herstellung des Tonmodels dieselbe Holzform verwendete wie der Gießer. Wer in diesem Fall die Vorlage für beides erstellte, ist nicht bekannt, lässt sich aber an einem anderen Beispiel demonstrieren. Um Vorlagen für die Serienproduktion handelt es sich bei den beiden von Albert von Soest geschnitzten Holztafeln Nr. 597, deren Kapitalisinschriften die für den Bildhauer typischen Buchstabenformen zeigen. Von den als Unikate gefertigten Holztafeln konnten dann die Modeln für die Herstellung der Papiermaché-Reliefs abgeformt werden, die als Andachtsbilder in Serienproduktion hergestellt wurden, wie sie im Museum Lüneburg ausgestellt sind.136) Dass solche Hohlformen von den Töpfern hergestellt wurden, zeigen nach Ring zwei bei Grabungen in Lüneburg gefundene Stücke, die mit den Papiermaché-Reliefs identisch sind.137)

Aber auch ganz andere Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Werkstätten liegen auf der Hand bzw. sind am konkreten Beispiel nachzuweisen. Bei der Neuausstattung des Lüneburger Rathauses wird die Malerwerkstatt des Daniel Frese immer wieder herangezogen, um die von den Bildhauern und Schnitzern geschaffenen Werke zu vergolden oder zu staffieren, d. h. farbig zu fassen. Für die Neugestaltung der Ostfassade des Rathauses zeichnete Daniel Frese zunächst einen heute noch erhaltenen Entwurf (vgl. dazu ausführlich Nr. 775). Einen solchen abriß fertigte er im Jahr 1599 auch für das Epitaph des Abtes Konrad von Bothmer von St. Michaelis an (vgl. Nr. 754).138) Der Abt beauftragte noch zu seinen Lebzeiten den Maler nicht nur mit dem Entwurf seines Epitaphs – und wohl auch einer später erwähnten Grabplatte –, sondern ließ den Fertigungsprozess, der in diesem Fall in Bremen in der Bildhauerwerkstatt des Johann Prange stattfand, ebenfalls durch Daniel Frese überwachen, der zu diesem Zweck 1603 nach Bremen reiste. Dass man hier einmal derartig detaillierte Einblicke in den Produktionsprozess eines großen, bedauerlicherweise nicht erhaltenen Grabdenkmals bekommt, ist dem Umstand zu verdanken, dass der Abt sein Epitaph nicht aus der Privatschatulle finanzierte, sondern sämtliche Kosten für Epitaph, Grabplatte und umgebende Einfassung des Grabes über das Abteiregister des Klosters abwickelte – ein Vorgang, der angesichts von verschiedentlich verweigerten Anträgen auf Setzung von privat finanzierten Grabdenkmälern für Konventualen in St. Michaelis keineswegs selbstverständlich war. Noch bemerkenswerter erscheint dies im Hinblick darauf, dass die Anfertigung des Epitaphs die sehr hohe Summe von 600 Talern kostete, zu der noch einmal 100 Taler für die Grabplatte samt Einfassung hinzukamen. Dass solche aufwendigen Grabdenkmäler sonst in der Regel entweder von denjenigen, für die sie bestimmt waren, noch zu Lebzeiten geplant und bezahlt wurden oder nach deren Tod von ihren Familien, hat zur Folge, dass sich die Produktionsprozesse kaum einmal nachvollziehen lassen. Im Fall des 1585 jung verstorbenen Lehrers Arnold Praetorius verzeichnet das Kämmereiregister von 1590, dass die Stadt Lüneburg bei dem Steinhauer Christoff Roggenberch ein Epitaph in Auftrag gegeben hatte, das außen an der Schule zum Friedhof von St. Johannis hin angebracht wurde und dessen Inschrift überliefert ist (Nr. 602). Der Bildhauer wurde dafür mit 20 Talern und 10 Groschen entlohnt. Für die farbige Fassung des Grabdenkmals sorgte auch hier Daniel Frese, der 8 Taler und 4 Groschen vor gedachtes Epitaphium to illuminieren vnnd to vergulden erhielt.139)

Zitationshinweis:

DI 100, Lüneburg (Stadt), Einleitung, 7. Schriftarten und Werkstätten (Sabine Wehking), in: inschriften.net,   urn:nbn:de:0238-di100g019e009.

  1. Zur Charakterisierung der einzelnen Schriftarten ausführlich: Deutsche Inschriften. Terminologie zur Schriftbeschreibung. Wiesbaden 1999. »
  2. Nr. 143, 146, 176»
  3. Nr. 473 sowie Nr. 494, 495, 496, 497, 498, 502, 518, 519, 520»
  4. Nr. 378?, 435, 441, 447, 454, 489, 505, 534, 543, 597»
  5. Behncke, Albert von Soest, S. 79–82. »
  6. Michael, St. Michaelis, S. 18. »
  7. Nr. 494, 495, 496, 497, 498, 502, 518, 519, 520»
  8. Ring, Ton, Bronze, Papier, passim; hier besonders S. 168. »
  9. Als Serienprodukte finden diese Inschriftenträger keine Berücksichtigung in diesem Band. »
  10. Ring, Ton, Bronze, Papier, S. 170. »
  11. Ich danke Hansjörg Rümelin (Hannover) für den wichtigen Hinweis auf die Einträge im Abtsregister von St. Michaelis StA Lüneburg, St. Mich. 5326, 1599 u. 1603. »
  12. StA Lüneburg, AB 56/6, fol. 176v. »