Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 425(†) Hattendorf, St. Eligius 1603

Beschreibung

Altarretabel. Holz, farbig gefasst. Das Retabel, das mehrfach und zum Teil stark restauriert wurde,1) ist in Form einer Ädikula gestaltet. In der von Säulen gerahmten Nische ein Gemälde mit der Darstellung des Letzten Abendmahls; im Hintergrund ein erhöhter, über eine Treppe zugänglicher Raum, links und rechts jeweils ein Tisch, an dem Diener und Helfer tätig sind. Im Obergeschoss ein Gemälde mit einer Darstellung der Dreifaltigkeit in Wolken, links und rechts davon allegorische Gestalten. Unten links Fides (mit Kreuz) und Spes (mit Säule). Im Sockelfeld auf drei querovalen Feldern links und rechts die Inschriften A und B, in der Mitte ein Wappen. Auf dem Gebälkfries ein aus jüngerer Zeit stammender Stiftervermerk.2) Die Inschriften auf der Vorderseite sind in Gold auf schwarzem Grund aufgemalt. Sie wurden bei einer Restaurierung, vermutlich 1922, neu angefertigt.3) Der heute sichtbare Text dürfte die ursprünglichen Inschriften, allerdings in einer sprachlich und orthographisch modernisierten Form, aufgreifen.

Inschriften nach heutigem Befund.

Maße: H.: ca. 302 cm; B.: 212 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    Nehmet, esset, das ist / mein Leib, der für Euch / gegeben wird; solches tut / zu meinem Gedächtnis4)

  2. B

    Das ist mein Blut, / welches vergossen wird / für Viele, zur Vergebung / der Sünden.5)

Wappen:
Landsberg6)

Kommentar

Das jetzige Erscheinungsbild des Altars ist das Ergebnis einer Restaurierung, vermutlich derjenigen durch den Kirchenmaler August Olbers im Jahr 1922.7) Das Abendmahlsbild entspricht sowohl hinsichtlich der Anordnung und Körperhaltung Jesu und seiner Jünger im Vordergrund als auch hinsichtlich der Hintergrundszene relativ genau einem Stich von Ph. Galle nach einem Entwurf von J. Stradanus, der 1564 erschienen ist.8) Diese Hintergrundszene ist jedoch nicht zu erkennen auf einer Fotografie des Hattendorfer Altars aus dem Jahr 1905.9) Dort sind stattdessen drei Fenster und eine Zimmerdecke zu sehen. Ferner ist der überhängende Teil des Tischtuchs dort von heller Farbe, während er jetzt dunkel erscheint. Auch die Bodenfliesen haben eine andere, perspektivisch auf einen Fluchtpunkt zulaufende Anordnung erhalten. Wie dieser Befund zu deuten ist, müsste durch weitere kunsthistorische Untersuchungen aufgeklärt werden.10) Die starke Veränderung des Abendmahlsbilds lässt jedenfalls die Zweifel an der Authentizität der Inschriften berechtigt erscheinen.

Die Familie von Landsberg auf Gut Wormsthal hatte das Patronat über die Hattendorfer Kirche inne (vgl. Nr. 276). Auch der Taufstein (Nr. 360) ist eine Stiftung der Familie von Landsberg. Allerdings ließ sich für die Zeit um das Jahr 1603, in dem das Altarretabel einer neueren Inschrift auf dem Gebälkfries11) zufolge gestiftet worden sein soll, kein Angehöriger der Familie nachweisen, dessen Vorname mit A beginnt. Möglicherweise liegt in der Inschrift ein Versehen vor und das Altarretabel wurde ebenso wie der Taufstein von Othrabe von Landsberg gestiftet, der damals Herr auf Gut Wormsthal war.

Anmerkungen

  1. Die Restaurierungen sind auf der Rückseite durch aufgemalte Inschriften dokumentiert: Aufgefrischt von E. Saale 1838. Vollständig wiederhergestellt von A. Olbers, Hannover 1922. Renoviert 1958–59 R. Droste – Müller – Jung; RESTAURIERT 1989 DIEDERICHS.
  2. Geschenkt: A. von Landsberg 1603. Das Formular der Inschrift ist untypisch für die Zeit um 1600. Auf einer im Kunstdenkmälerinventar abgedruckten Fotografie aus dem Jahr 1905 (Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, Tafel 70; auch in Bildarchiv Foto Marburg, Bilddatei-Nr. fm1505201, http://www.bildindex.de/document/obj20352247?medium=fm1505201, zuletzt benutzt am 5.5.2017) ist an dieser Stelle eine andere Inschrift zu erkennen, die in dunkler Farbe auf hellem Grund aufgemalt war; dabei handelte es sich offenbar um einen Restaurierungsvermerk aus dem Jahr 1838 (vgl. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 60: „Er [der Altar] ist inschriftlich 1838 wiederhergestellt und 1603 von A. v. Landsberg (…) geschenkt“).
  3. Auf der erwähnten Fotografie aus dem Jahr 1905 (s. Anm. 2) ist zu erkennen, dass die Inschriften A und B damals auf hellem Grund aufgemalt waren.
  4. Einsetzungsworte zum Abendmahl nach Mt 26,26 und 1 Ko 11,24.
  5. Einsetzungsworte zum Abendmahl nach Mt 26,28.
  6. Wappen Landsberg (geteilt: 1. Fuchs, 2. Schräggitter); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 78 u. Bd. 2, Tafel 190.
  7. Dieser war zur gleichen Zeit auch an den Wandmalereien der Hattendorfer Kirche tätig und übermalte insbesondere die Apostelreihe an der Südwand so stark, dass ihm dies Kritik von Seiten des Landeskonservators eintrug (vgl. dazu Nr. 124).
  8. Oertel, Das protestantische Abendmahlsbild, S. 235, 238.
  9. Vgl. oben Anm. 2.
  10. Die Formulierung auf der Rückseite des Altars, die von einer vollständigen Wiederherstellung des Altars durch Olbers spricht, erweckt den Eindruck, Olbers habe eine zwischenzeitliche Übermalung entfernt. Allerdings scheint es fraglich, ob ursprünglich korrekt perspektivisch dargestellte Bodenfliesen zwischenzeitlich durch unperspektivische übermalt worden sind. Durchaus nicht auszuschließen ist, dass Olbers das Gemälde an die Stichvorlage angleichen wollte.
  11. Vgl. oben Anm. 2.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 425(†) (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0042506.