Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 404† Petzen, St. Cosmas und Damian 2. H. 16. Jh.?

Beschreibung

Bildnis. Stein. In der Nähe der Kanzel befand sich an der Südwand der Kirche ein steinernes, farbig gefasstes Bildnis des Grafen von Arnum. Er soll dort dargestellt gewesen sein, „wie er als ein Räuber ausgesehen, einen Helm auf dem Haupte, grosse Sporren, eine sehr lange vorne ein wenig aufgebogene Spitze an den Schuhen, und einen Streit-Hammer in der Hand“. Unter dem Bildnis war die Bildbeischrift angebracht. Das Bild soll 1709 überstrichen worden sein.1) Eine Bildbeischrift mit ähnlichem Wortlaut aus der Petzener Kirche ist auch bereits in einer juristischen Streitschrift aus dem Jahr 1644 überliefert.2) Unklar ist, ob sie sich auf dasselbe Bildnis bezieht, da darüber hinaus ein Ölgemälde aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit einer Darstellung des Grafen von Arnum existiert, das eine ähnliche Inschrift trägt3) und möglicherweise ehemals in der Kirche von Petzen hing.

Inschrift nach Dolle, S. 422.

  1. Ein Grave von Arnum und Anoisa) bin ich genandtIch han gevehdetb) mannig Land

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Der in der Inschrift genannte sagenumwobene Graf wird mit Hermann von Arnhem identifiziert, der um 1150 geboren wurde und zwischen 1213 und 1216 starb. Die Burg der Grafen von Arnhem, das Hus Aren, lag zwischen Bückeburg und Minden; sie hatten Grundbesitz in der Gegend um Petzen.4) In der Sage wird der Graf von Arnhem/Arnum, der letzte Burgherr der Burg Aren, als grausamer Raubritter beschrieben, der anfangs noch heidnischen Kulten angehangen habe.5) Ein romanisches Tympanon an der Petzener Kirche wurde fehlgedeutet und auf diese angeblichen heidnischen Kulte bezogen.6)

Das steinerne Bildnis in der Kirche von Petzen soll der Graf von Arnum selbst dort haben anbringen lassen.7) Die Beischrift kann jedoch nicht aus dem Hochmittelalter stammen. Unklar ist zudem, in wessen Auftrag das erwähnte Ölgemälde – anscheinend aus antiquarischem Interesse – angefertigt wurde; die Grafen von Arnhem waren bereits im ausgehenden Mittelalter erloschen. Vermutlich sind die Inschrift auf dem Ölgemälde und die fast gleichlautende Bildbeischrift des steinernen Bildnisses in nur geringem zeitlichem Abstand entstanden.

Textkritischer Apparat

  1. Grave von Arnum und Anois] Graff von Arn Kurtze vorlauffende […] Ablehn- und Hindertreibung.
  2. gevehdet] befeedet Kurtze vorlauffende […] Ablehn- und Hindertreibung.

Anmerkungen

  1. Dolle, Bibliotheca Historiae Schauenburgicae, S. 422.
  2. Kurtze vorlauffende […] Ablehn- und Hindertreibung, S. 38.
  3. Berlin, Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr. VII 60/396x; s. den Katalog Marksteine. Eine Entdeckungsreise durch Brandenburg-Preußen. Eröffnungsausstellung des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte 18. August – 11. November 2001, Berlin 2001, Kat.-Nr. V.2/35, S. 249 (mit Abb.); vgl. auch Fauth, Steinbergen, S. 376f. (mit Abb.). Die in Fraktur in der oberen rechten Ecke des Gemäldes in Gold auf grünem Grund aufgemalte Inschrift lautet: En greue Van Arnum / vnd Annois genandt / ik han gheuedet mannick / landt. Das Gemälde war im 19. Jahrhundert in den Besitz der Familie von Arnim gelangt (darüber berichtet Siegmund von Arnim in einem Brief aus dem Jahr 1851, zit. bei Fauth, Steinbergen, S. 375f.). Von dem Gemälde gibt oder gab es weitere, jüngere Kopien, von denen eine im 19. Jahrhundert auf der Arensburg hing (Katalog Marksteine, ebd.; vgl. Fauth, ebd. sowie Sabine Seifert, Die Sage vom Hus Aren, Bückeburg 2011, S. 16f. u. 19).
  4. Seifert, Sage vom Hus Aren (wie oben Anm. 3), S. 12. Vgl. zu dem Themenkomplex auch Sabine Seifert, Vorläufige chronologische Darstellung der Geschichte der Familie von der Bukkeburch und Arnhem, o. O. o. J. [2010]. „Anois“ könnte eine alternative Namensform für die Herrschaft Adenoys (Adensen, Lkr. Hildesheim) sein.
  5. Dolle, Bibliotheca Historiae Schauenburgicae, S. 418–428: „I. F. H. Geschichte von den Grafen und der Gräfin Arnum oder Annois“. Weitere Versionen der Sage sind zitiert bei Seifert, Sage vom Hus Aren (wie oben Anm. 3).
  6. Das Tympanon zeigt auf einer Bahre eine liegende Gestalt mit Bischofsstab, links und rechts davon zwei Adoranten, der linke mit Weihrauchfass. In der Sage wurde die Bahre als Opferaltar gedeutet, auf dem der Graf von Arnum und seine Ehefrau ein heidnisches Schweineopfer dargebracht hätten; vgl. Seifert, Sage vom Hus Aren (wie oben Anm. 3), S. 21.
  7. Dolle, Bibliotheca Historiae Schauenburgicae, S. 422.

Nachweise

  1. Dolle, Bibliotheca Historiae Schauenburgicae, S. 319, Anm. a u. S. 422.
  2. Kurtze vorlauffende […] Ablehn- und Hindertreibung / deren von der Gräfflichen Fraw Wittiben jüngst in Druck außgelassenen Possessorii et Petitorii Manifestorum: Worauß hell vnd klar zu Tage scheinet / Daß das hochlöbliche Stifft Minden die Possession der vier […] Aempter rechtlich ergriffen […], Bremen 1644, S. 38.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 404† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0040407.