Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 94 Stadthagen, St. Martini 1511

Beschreibung

Glocke. Bronze. Die erhaben gegossene Inschrift verläuft unterhalb der Schulter zwischen zwei Stegen, darüber eine Perlschnur und ein Kreuzblumenfries. Nach der Jahreszahl ein Medaillon als Worttrenner. An der Schärfe weitere zwei, am Schlag fünf Stege.1)

Maße: H.: 70 cm; Dm.: 91 cm; Bu.: 3–4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. Anno domini m ccccc xi ·Antistes divvs Anne modo nomine sanxit Me parvam : lavdes ipsivs en recinoa)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1511.

Der heilige Bischof hat mich, die kleine Glocke, soeben mit dem Namen Anna geweiht. Siehe, ihr Lob lasse ich erklingen.

Versmaß: Elegisches Distichon.

Kommentar

i in sanxit, Antistes, domini und in der Jahreszahl mit spiegelverkehrten Brechungen. Beim a sind der Schaft und der senkrechte Teil des gebrochenen unteren Bogens unten nach links statt nach rechts umgebrochen. Der Versal A in Antistes und in Anno mit beidseitig überstehendem Deckbalken und nach unten gebrochenem Mittelbalken, der nach links und rechts über die Schrägschäfte hinausragt; diese hinausragenden Enden sind nach unten abgeknickt (vgl. Nr. 95). Beim konischen M am linken und rechten Schaft jeweils Halbnodi; genauso ist das M auf einer Glocke in Bippen (Lkr. Osnabrück) aus dem Jahr 1526 gestaltet, auf der sich der Gießer als M(eister) h(er)bert bezeichnet. Herbert von Bippen goss für die Stadthäger St. Martini-Kirche auch die Glocke Nr. 95, ferner 1516 eine Glocke für die Kirche in Leeste (Lkr. Diepholz). Allen genannten Glocken gemeinsam sind die nach links umgebrochenen Schaft- und Bogenenden des a sowie der von einer Perlschnur begleitete Kreuzblumenfries.2)

Textkritischer Apparat

  1. recino] resino Kdm., NLA BU, Dep. 22 Nr. 610, Peitmann; der Befund legt eine solche Lesung zwar nahe, aber zum einen ragt beim vorliegenden Gießer häufiger das c leicht in den Oberlängenbereich (vgl. die Jahreszahl sowie die Umzeichnung der Glocke Nr. 95 in Kdm.), zum anderen ist eine Vokabel resinare oder resinere nicht belegt.

Anmerkungen

  1. Die Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg abgeliefert, kam aber nach Kriegsende zurück nach Stadthagen (Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 191).
  2. Für wertvolle Hinweise und Fotografien danke ich Andreas Philipp (Göttingen), der ferner darauf verweist, dass bei allen Glocken Herbert von Bippens die Rippenkonstruktion ähnlich sei; „sie weisen eine markante Unternone in der Teiltonstruktur auf“ (briefliche Mitteilung vom 30.11.2015). – Weitere Glocken Herbert von Bippens sind nachgewiesen für Kirchdornberg (Bielefeld, Nordrhein-Westfalen; vgl. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Bielefeld-Land, bearb. von A. Ludorff, Münster 1906, S. 12), für Hillentrup (Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen; dazu Otto Preuß, Die baulichen Alterthümer des Lippischen Landes, Detmold 21881, S. 147) und für Westerkappeln (Region Tecklenburger Land, Nordrhein-Westfalen; dazu Walter, Glockenkunde, S. 696; vgl. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Tecklenburg, bearb. von A. Ludorff, Münster 1907, S. 112; auf der Glocke mit Namen Anna nennt er sich harbart bippen).

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 70.
  2. NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 (Heidkämper, Die Glocken in den luth. Kirchen Schaumburg-Lippes), fol. 250av.
  3. Peitmann, Glocken, S. 8.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 94 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0009408.