Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 91 Hohenrode, Petri und Andreae-Kirche 1509, 1533 o. später

Beschreibung

Kanzel. Holz, farbig gefasst. Die sechsseitige Kanzel ist an der Südseite des Chors aufgestellt. Über einem achtseitigen Steinfuß ein achtseitiger hölzerner Schaft mit einer Inschrift aus jüngerer Zeit auf sechs der Flächen.1) Inschrift A verläuft am Sockel des hölzernen Kanzelkorbs, dessen Brüstungsplatten in zwei Etagen mit spätgotischer Faltwerk-Ornamentik verziert sind. Inschrift A ist erhaben in vertiefter Zeile gefertigt und war zum Zeitpunkt der Aufnahme im Sommer 2008 in Gold auf rotem Grund gefasst. Paragraphzeichenförmige Worttrenner. Der Kürzungsstrich ist in der Rahmenleiste in Kontur eingeschnitzt. Inschrift B ist an einer der oberen Brüstungsplatten am unteren Rand eingeritzt.

Maße: H.: 206 cm; Dm.: 99,5 cm; Bu.: 7 cm (A), 1–2 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal (A), frühhumanistische Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/3]

  1. A

    Allenth · wat · se / · nv · seggen · schole · g/i don · aur · na · eren · / warke(n) · schole · gi · ind/va) · do(n)b) · matec) 232)

  2. B

    A(NN)O 1509 / T K

Übersetzung:

Alles, was sie nun sagen, sollt ihr tun, aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln. (A)

Kommentar

In Inschrift A sehr eng spationierte gotische Minuskel aus hohen, schlanken Buchstaben mit zahlreichen Zierelementen. Die oberen Schaftenden der Oberlängen sind in der Regel gegabelt. Der Balken des e als s-förmige Zierlinie. Die zum Quadrangel reduzierte Fahne des r ist oben und unten zu geschwungenen Zierstrichen ausgezogen. Kastenförmiges a. Auffällig ist das flachgedeckte g, das vollständig im Mittelband steht. Der Deckbalken ist über den am oberen Ende gegabelten Schaft gelegt. Die Brechung, die den Übergang vom Deckbalken zum senkrechten Teil des gebrochenen oberen Bogens markiert, ist nach links ausgezogen. Der untere Bogenabschnitt ist in der Mitte gebrochen, das offene Ende weist linksschräg nach oben. 2 in Form eines Z.

Die Buchstaben der Inschrift B haben eher die Form eines Graffito. A mit gebrochenem Mittelbalken; das O ist rautenförmig.

Das Bibelzitat in Inschrift A ist der im Jahr 1533 in Lübeck erschienenen niederdeutschen Bibelübersetzung des Johannes Bugenhagen entnommen;3) diese Inschrift kann also nicht vor 1533 entstanden sein. Es ist denkbar, dass die Brüstungsplatten, deren eine die Jahreszahl 1509 trägt, ursprünglich von einem anderen Objekt, möglicherweise einem Möbelstück, stammen. TK könnten die Initialen des ausführenden Tischlers gewesen sein.

Textkritischer Apparat

  1. ind/v] statt nicht (so Kdm., Petrus- und Andreaskirche, Chronik Hohenrode), Fehlrestaurierung.
  2. Kürzungsstrich nicht farbig gefasst.
  3. mate] farbig gefasst mar.

Anmerkungen

  1. M C M L V I.
  2. Mt 23,3.
  3. De Biblie vth der vthlegginge Doctoris Martini Luthers yn dyth dudesche vlitich vthgesettet […], Lübeck 1533.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 64 (A).
  2. Petrus- und Andreaskirche zu Hohenrode, ohne Seitenzählung [S. 6].
  3. Chronik Hohenrode, S. 21 (A).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 91 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0009104.