Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 67 Stadthagen, St. Martini 2. H. 15. Jh.?

Beschreibung

Wandmalerei. Die Malereien sind auf die Ostwand des Chors links von der Tür zum Mausoleum aufgemalt. Links und rechts des Wandpfeilers zwei überlebensgroße Personendarstellungen, deren Köpfe jedoch nicht mehr erhalten sind. Rechts des Pfeilers eine Figur in rotem Kleid und hellblauem Übergewand, vermutlich Maria, zu ihrer Linken eine Blumenvase. Zu ihren Füßen ein am linken Ende eingerolltes Schriftband mit der Inschrift A; das Schriftband läuft im rechten Bereich zweizeilig weiter. Die Inschrift ist in schwarzer Farbe auf hellem Grund aufgemalt, die Initiale in Rot mit schwarzer Kontur. Unterhalb des Schriftbands auf einem Podest sitzend und in das Schriftband hineinragend die kleinere gemalte Figur eines Mannes mit einem Hut. In der rechten Hand hält er ein Buch, von dem ein verschlungenes Schriftband ausgeht, dessen Inschrift jedoch nicht mehr lesbar ist. Unterhalb seines Podestes die Inschrift B. Links des Pfeilers eine mit einem roten Mantel bekleidete Figur, die auf einem gemalten Podest steht, das nach unten hin spitz zuläuft. Sie hält in der linken Hand ein Buch. In der Laibung der links sich anschließenden Fensternische eine weitere, kleinere gemalte Figur eines Mannes mit Schwert, der mit Steinen wirft.

Maße: Bu.: 8,5 cm (A), 4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal (A), gotische Minuskel (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    O d(omi)na · glorie · regi[ . . . . . . . . . fon . . . . . e]ta[ti]s // [ . . . . . . . ]

  2. B

    ysayas

Übersetzung:

Oh Herrin der Ehre, Königin […] (A)

Jesaja. (B)

Kommentar

In Inschrift A kastenförmiges a. Das Schluss-s in e]ta[ti]s als rundes s ohne die für die gotische Minuskel charakteristischen Brechungen. Das Schluss-s in ysayas mit Diagonalstrich.

Bei dem Text handelt es sich um den Beginn eines vielfach in Handschriften des 15. Jahrhunderts (mit geringfügig abweichenden Varianten) überlieferten Marienhymnus: O domina gloriae, o regina laetitiae, o fons pietatis, o vena misericordiae. („Oh Herrin der Ehre, oh Königin der Freude, oh Quelle der Frömmigkeit, oh Ader der Barmherzigkeit.“)1)

Dass im Kontext des Marienhymnus Jesaja dargestellt ist, dürfte seinen Grund in der Prophezeiung in Jesaja 7,14 haben: ecce virgo concipiet et pariet filium. („Siehe, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären.“) Möglicherweise war dieses Bibelzitat Inhalt des nicht mehr leserlichen Schriftbands.

Anmerkungen

  1. Z. B. Anna Amalia Bibliothek Weimar, Oct 62, fol. 31v; Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 10126, fol. 58v; Universitätsbibliothek München, 8° Cod. ms. 213, fol. 166r; Stadtbibliothek Mainz, I 312, fol. 65v, 69r; Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, msb 0022, pag. 210; Universitätsbibliothek Uppsala, C 517h, fol. 107v. Vgl. zu dem Gebet Franz Xaver Haimerl, Mittelalterliche Frömmigkeit im Spiegel der Gebetbuchliteratur Süddeutschlands, München 1952, S. 75, Anm. 416 u. S. 93, Anm. 557.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 67 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0006704.