Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 37 Wiedensahl, St. Nicolai 1. H. 15. Jh.

Beschreibung

Relief. Stein. Das Kreuzigungsrelief ist im Inneren der Kirche an der Nordwand angebracht.1) Es schließt nach oben hin in drei Stufen ab. Die Stufenecken wurden jedoch so behauen, dass das Relief möglicherweise zwischenzeitlich auch in einer Spitzbogennische Platz fand. An den vier Kreuzenden die Evangelistensymbole mit leeren Schriftbändern. Auch das Schriftband über dem Gekreuzigten ist leer. Unter dem Kreuz Maria und Johannes und außen zwei Mönche mit Tonsur: Der Mönch links mit Kelch, der Mönch rechts mit zum Gebet gefalteten Händen, vermutlich der Stifter. Von seinen Händen geht ein Schriftband aus, das die erhaben ausgehauene Inschrift trägt.

Maße: H.: 76 cm; B.: 66 cm; Bu.: 2–2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. o fili dei miserere · me

Übersetzung:

O Sohn Gottes, erbarme dich meiner.

Kommentar

Die Schrift weist so gut wie keinen Ober- und Unterlängenbereich auf; dies ist insbesondere beim f auffällig. Die Gestaltung der Schrift erlaubt keine präzise zeitliche Einordnung. Stilkritische Merkmale legen eine Datierung in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts nahe; die Figurendarstellungen entsprechen dem sogenannten Weichen Stil.2)

Die Text des Spruchbandes ist vor allem auf Epitaphien bezeugt (üblicher wäre miserere mei). Er geht zum einen auf Psalm 50,3 (Miserere mei, Deus) zurück, zum anderen auf Lc 18,38 (Iesu Fili David miserere mei). Ein Responsorium lautete: Christe, Fili Dei vivi, miserere nobis.3)

Die dargestellten Mönche sind möglicherweise dem nahegelegenen Zisterzienserkloster Loccum zuzuordnen,4) zu dessen Stiftsbesitz Wiedensahl gehörte.5)

Anmerkungen

  1. Bentrup gibt an, dass es ursprünglich an der Kirchhofmauer angebracht war und von dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Sakristeiwand versetzt worden sei (Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 225).
  2. Für wertvolle Hinweise danke ich Thomas Noll (Göttingen).
  3. CAO 4, Nr. 6276. Vgl. eine Inschrift auf einem Epitaph in Einbeck (DI 42 (Stadt Einbeck), Nr. 85): O IHESV FILI DEI · MISERERE MEI.
  4. Bentrup, Kirchen in Schaumburg, S. 225.
  5. Hahn, Wiedensahl, S. 23–25.

Nachweise

  1. Tebbe, Epitaphien, Nr. 162, S. 257 (die Wiedergabe der Inschriften in deutscher Übersetzung beruht auf Verwechslung mit einem anderen Kreuzigungsrelief; siehe Nr. 64).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 37 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0003706.