Inschriftenkatalog: Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 28 Stadthagen, St. Martini 1434

Beschreibung

Glocke. Bronze. Die erhaben gegossene Inschrift A verläuft zwischen zweimal zwei Schnurstegen unterhalb der Glockenschulter, zu Beginn ein Medaillon; die Worte et maria magdalena sind mit geringerer Buchstabenhöhe ausgeführt. Die Kürzungszeichen befinden sich zwischen den beiden oberen Schnurstegen. Auf der Flanke ein Kruzifix; links von dem Kruzifix die verrutschten Buchstaben der ebenfalls erhaben gegossenen Inschrift B, darunter Abgüsse von Pilgerzeichen. Unterhalb der Jahreszahl fünf ins Kreuz gestellte Brakteatenabdrücke; an der Flanke weitere Reliefs und eine Ritzzeichnung. Am Schlag drei Stege.

Maße: H.: 112 cm; Dm.: 135 cm; Bu.: ca. 2–4 cm (A), ca. 2 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A), gotische Minuskel (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    Anno · d(omi)ni · mo co cococo · xxx iiii · in die Vitalia)1) · o · rex · glorie · chr(ist)eb) · veni cvm · pace · Sanctus · martinvs et maria magdalena

  2. B

    hans meigerc) me fecit

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1434, am Tag Vitalis. O König der Ehre, Christus, komm mit Frieden. Der heilige Martin und Maria Magdalena. (A)

Hans Meiger hat mich gegossen. (B)

Kommentar

Der Balken des e besteht aus einem bis fast auf die Grundlinie herabreichenden Zierstrich. Der Rechtsschrägschaft des x ist zu einem Haarstrich reduziert und unten verkürzt. Beim p durchschneidet der untere Bogenabschnitt den Schaft. Der Bogen des g reicht oben und unten nach rechts über den Schaft hinaus; oben setzt ein schräger Zierstrich an. p, e und x sowie der Versal A sind ähnlich gestaltet wie auf einer ebenfalls von Hans Meiger gegossenen Glocke in Wrisbergholzen.2) Zu p, e und g vgl. Nr. 31 und 33.

Hans Meiger3) goss außer dieser Glocke eine weitere für die Kirche in Probsthagen (Nr. 31) und eine Glocke für die Kirche in Beckedorf (Nr. 33), die ihm beide aufgrund des Gießerzeichens zugeschrieben werden können.4) Eine Glocke Meigers aus dem Jahr 1433 hing in der Kirche in Brunkensen, eine Glocke von 1436 in Eime (Lkr. Hildesheim);5) erhalten ist eine Glocke in der Kirche von Wrisbergholzen.6) Die genannten Glocken tragen dasselbe Glockengebet wie die vorliegende Glocke.7) Der in der Inschrift erwähnte heilige Martin ist 1324 als Patron der Stadthäger Kirche nachgewiesen.8)

Eines der Pilgerzeichen zeigt einen thronenden Bischof mit zwei Engeln und zwei Pilgern; vermutlich handelt es sich um eine Darstellung des heiligen Theobald aus dem elsässischen Wallfahrtsort Thann.9) Die Kombination mehrerer verschiedener Pilgerzeichen ist ebenso ein Charakteristikum von Meigers Glocken wie die doppelten Schnurstege, zwischen denen die Inschrift verläuft, ergänzt von drei Stegen am Schlag.

Textkritischer Apparat

  1. Vitali] wohl versehentlich statt Vitalis.
  2. Befund: xpe.
  3. meiger] Seiger NLA BU, Dep. 22 Nr. 610, fol. 250ar.

Anmerkungen

  1. 28. April.
  2. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 27.
  3. Walter, Glockenkunde, S. 819. Eine Liste von möglicherweise von Meiger oder seiner Werkstatt stammenden Glocken in DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 24, Anm. 5.
  4. Auf einer Glocke in Kirchhorst finden sich Name und Meisterzeichen in Kombination (Deutsches Glockenarchiv im GNM, Glocke Nr. 5/22/32; vgl. Glockenkartei der Evangelischen Landeskirche Hannovers s. v. Kirchhorst). Vgl. auch Mithoff, Fürstenthum Calenberg, S. 112f., wonach die verlorene Glocke aus Eime (DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 24) neben dem ausgeschriebenen Namen Meigers dasselbe Gießerzeichen enthielt wie eine noch vorhandene Glocke aus Landringhausen, die sich jetzt im Landesmuseum Braunschweig befindet.
  5. Vgl. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 20 u. 24; beide Glocken sind verloren.
  6. DI 88 (Lkr. Hildesheim), Nr. 27.
  7. Zu O rex glorie Christe veni cum pace vgl. Nr. 12.
  8. Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien, S. 200.
  9. Pilgerzeichendatenbank der Staatlichen Museen zu Berlin, Nr. #521 (http://www.pilgerzeichen.de/search/index/dGhhbm4gNTIx/0/0/pz/0/0/0/+a-, zuletzt benutzt am 23.11.2015).

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 70 u. Abb. 134 (S. 69).
  2. NLA BU, Dep. 22 Nr. 610 (Heidkämper, Die Glocken in den luth. Kirchen Schaumburg-Lippes), fol. 250ar–250av.
  3. Peitmann, Glocken, S. 7.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 28 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0002807.