Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 644 Stadthagen, Museum Amtspforte 1. H. 17. Jh.

Beschreibung

Schwert. Stahl. Das Schwert stammt aus dem Stadthäger Rathaus.1) Auf beiden Seiten der Klinge sind im oberen Bereich Inschriften entlang der Längsrichtung der Klinge angebracht. Auf der einen Seite die dreizeilig ausgeführte Inschrift A, rechts daneben auf dem schmaler zulaufenden Stück die zweizeilige Inschrift B. Auf der anderen Seite an identischer Stelle die dreizeilige Inschrift D und die zweizeilige Inschrift E. Im 90°-Winkel zur Klingenrichtung sind auf der Fehlschärfe zu beiden Seiten zwischen begrenzenden Linien Ornamente eingraviert, unterhalb des der Parierstange am nächsten liegenden Ornaments die Initialen C und F, wiederum darunter jeweils eine Marke (M46). Die Inschriften sind in gekehlt vertiefte Zeilen eingraviert und erscheinen vor dem Metallhintergrund schwarz. Zu Beginn der dreizeiligen Inschriften A und C jeweils Ornamente am Zeilenbeginn, am Ende der dreizeiligen und zu Beginn der zweizeiligen Inschriften schmale Kreuzbänder, am Ende der zweizeiligen Inschriften je Zeile ein Fabelwesen. Auf die zweizeiligen Inschriften folgen zur Richtung der Schwertspitze hin je ein rundes, eingraviertes Medaillon und weitere rollwerkähnliche Verzierungen.

Maße: L.: 84 cm; Bu.: 0,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    HANS · MOVMa) · KLING(EN)/SCHMIDT · ZV · SOLINGE(N) / SOLI · DEO · GLORIA : PY

  2. B

    VERITATEM · DILIG(E)b) / PVGNA · PRO · PATR(IA)2)

  3. C

    · G · V · S ·

  4. D

    SIc) · DEVS · PRO · NOBIS · d)/ QVIS · CONTRA · NOS3) / VIDEe) · SED · CVI · VIDE :4)

  5. E

    INTER · ARMA :f) / SELENT · LEGES :5)

  6. F

    · [ . ] · S · P ·

Übersetzung:

Gott allein die Ehre. (A)

Liebe die Wahrheit, kämpfe für das Vaterland. (B)

Wenn Gott für uns ist, wer vermag dann etwas gegen uns? Trau, aber schau, wem. (D)

Unter Waffen schweigen die Gesetze. (E)

Kommentar

Die manierierte Kapitalis weist zahlreiche Zierelemente auf. Das V wird von einer nach oben weisenden Spitze durchkreuzt, deren nach außen gebogene untere Enden in Tropfen auslaufen. Der Bogen des P ist dort, wo er auf den Schaft trifft, nach rechts umgebogen und läuft in einem dünnen Zierstrich aus; ähnliches gilt für den oberen Bogen des B, dessen Ende in den unteren Bogen hineinreicht. Die Cauda des R ist stark geschwungen. A mit beidseitig überstehendem Deckbalken und sehr weit unten ansetzendem, gebrochenem Mittelbalken. Symmetrisches unziales M; die nach außen umgebogenen Bogenenden als Haarstriche. Der untere Balken des Z läuft in einer verschlungenen Zierlinie aus. Am Balken des H ein Halbnodus.

Von dem Solinger Schwertschmied Johannes (Hans) Moum sind mehrere Hieb- und Stichwaffen erhalten, die auf die Zeit zwischen etwa 1600 und 1650 datiert werden. Ob er mit dem Johan Moum identisch ist, der 1641/43 als Ratmann der Silberschmiede fungierte,6) ist ungewiss.

Johannes Moum benutzte üblicherweise auf seinen Waffen die Signatur Hans Moum me fecit Solingen. Soli Deo Gloria. Mehrere von ihm verwendete Marken sind nachgewiesen, unter anderem die als „K“ beschriebene Marke, die auch auf dem vorliegenden Schwert sichtbar ist.7)

Einige der Inschriften auf dem vorliegenden Schwert wurden entsprechend dem militärischen Kontext ausgewählt;8) der Spruch Si deus pro nobis, quis contra nos ist jedoch auch in Hausinschriften und in anderen Zusammenhängen verbreitet (vgl. Nr. 247).

Textkritischer Apparat

  1. MOVM] ZOVM Weiland.
  2. DILIG(E)] DILLING. Weiland.
  3. SI] DI Weiland.
  4. Es folgt ein Zeilenfüller in Form einer 2.
  5. VIDE] statt FIDE; BIDE Weiland.
  6. Es folgt ein Zeilenfüller in Form einer 2.

Anmerkungen

  1. Wilhelm Weiland, Die Stadthäger Richtschwerter, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 22 (1971), N. 11, ohne Seitenzählung – In dem Beitrag wird ferner ein angeblich aus Stadthagen stammendes Richtschwert mit der Inschrift Wer Böses meidet, dem geschieht nicht solches erwähnt. Die Datierung ist unklar. Das Schwert soll von dem gebürtigen Stadthäger Heinrich Peitmann (geb. 1875) während seiner Studienzeit in einem Berliner Panoptikum entdeckt worden sein. Später soll es nach Dresden verkauft worden sein. Sein Verbleib ist unklar.
  2. Der Spruch Pugna pro patria wird Cato zugeschrieben (Ps. Cato, breves sententiae 23; vgl. Walther, Proverbia, Nr. 22840a).
  3. Rm 8,31.
  4. Für FIDE SED CVI VIDE vgl. Wander, Sprichwörterlexikon, Nr. 36926.
  5. Silent enim leges inter arma stammt aus Ciceros Rede Pro Milone (Kap. 11); vgl. Otto, Sprichwörter s. v. „lex“, Nr. 3; Walther, Proverbia, Nr. 13640a.
  6. Weyersberg, Solinger Schwertschmiede, S. 32.
  7. Nachweis der Signatur und der Marke bei Boeheim, Handbuch der Waffenkunde, S. 650; vgl. zu Hans Moum Weyersberg, Solinger Schwertschmiede, S. 31f. In Weyersbergs Zusammenstellung ist das vorliegende Schwert nicht enthalten.
  8. Zu Inschriften auf Waffen vgl. Drös, Tradition und Wandel.

Nachweise

  1. Wilhelm Weiland, Die Stadthäger Richtschwerter, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 22 (1971), N. 11, ohne Seitenzählung (A, B, D, E).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 644 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0064401.