Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 642 Bückeburg, Schloss 1. H. 17. Jh.

Beschreibung

Lade. Holz, farbig gefasst. Provenienz unklar. Die Front der kleinen Kufentruhe zeigt ein querrechteckiges Bildfeld mit einer im Relief geschnitzten Darstellung des Urteils des Salomo. In der Mitte das nackte Kind auf einem Bett, links daneben eine kniende Frau sowie ein bärtiger Mann. Am linken Rand ein Soldat, der das Kind am linken Bein in die Höhe hebt, in seiner rechten Hand ein erhobenes Schwert. Rechts Salomo auf einem Thron mit Krone und Szepter, flankiert von Löwen. Er wendet sich einer Frau und einem Mann zu, die am rechten Rand stehen. Um diese Darstellung läuft dreiseitig die erhaben in vertiefter Zeile geschnitzte Inschrift um, beginnend links unten. Die Inschrift setzt sich auf dem schräggestellten Sockelbrett fort. Links und rechts jeweils ein Hermenpilaster mit einem Wappenschild. Die linke Kufe fehlt.

Maße: H.: 50 cm; B.: 83,5 cm; Bu.: 2,4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. VNDE KONINCK / SALOMNE SIN ERSTE GERICHTE / SADT EIN RIC//HTES ADa) ORDEL HE ALSO GESPRAKEN H(EFT)

Übersetzung:

Als König Salomo zum ersten Mal zu Gericht saß, sprach er also ein […] [?] Urteil.

Wappen:
?,1) ?2)

Kommentar

Die Kapitalis zeichnet sich durch eine breite Strichstärke ohne erkennbaren Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen aus. Der obere und untere Balken des E, der Balken des L und der Balken des T sind keilförmig zu einem Sporn verdickt. Die Sporen haben jedoch keinen senkrechten, sondern einen schrägen Abschluss. Auch die Schäfte des H sind nach oben und unten hin keilförmig verbreitert.

Die Darstellung fußt auf 1 Könige 3,16–28; bereits im Bibeltext wird die Hochachtung vor Salomos weisem Richterspruch ausgedrückt (1 Kö 3,28).

Die Szene lässt sich häufiger auf Möbeln nachweisen.3) Als Vorbilder kommen druckgraphische Werke in Frage. Bei der vorliegenden Bildkomposition dürfte der Soldat, der das Kind mit dem Schwert zu zerteilen droht, dem entsprechenden Holzschnitt aus der Sammlung Neuwe Biblische Figuren von Iost Amman entnommen sein (fol. G2r). Große Ähnlichkeiten in der Darstellung sind mit einer Truhe aus Bremen aus der Zeit um 1615 festzustellen: Der rechte Teil der Truhenfront behandelt das Urteil Salomos; darauf bezieht sich folgende Inschrift: ER · ORDELT · RECHT · TWISCHEN · TVEN · WIBEREN.4) Vermutlich ist auch die vorliegende Truhe in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden; wann sie ins Schloss Bückeburg gelangte, bleibt unklar.

Textkritischer Apparat

  1. RIC//HTES AD] Schnitzfehler (Dittographie zu GERICHTE SADT); möglicherweise statt RECHTES.

Anmerkungen

  1. Wappen ? (Baum mit Eichenblättern und Eicheln).
  2. Wappen ? (Ast mit drei Blüten).
  3. Claudia Horbas, Möbel der Renaissance im Weserraum (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 15), Marburg 1994, S. 83–94.
  4. Städtisches Museum Goslar (Inv.-Nr. 290), nach Horbas, Möbel der Renaissance (wie Anm. 3), Kat. Nr. 19, S. 187–193.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 642 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0064207.