Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 606 Apelern, Kirche 1640

Beschreibung

Grabplatte für den Pastor Anton Mensching. Stein. Die hochrechteckige Platte lag zum Zeitpunkt der Aufnahme im Herbst 2008 nördlich der Kirche im Gras. Die eingehauene Inschrift ist in einem vertieften, achteckigen Feld zentriert angeordnet.

Maße: H.: 207,5 cm; B.: 121 cm; Bu.: 4,5–7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. VIR DEI / PERQVAM VENERANDVSa) / D(OMI)N(V)S ANTHONIVS MENS=/CHINGVS APELARIAE NATVS · / RENATVS INEORMATVSb) · AD ACA=/DEMIAS SAXONIAE · HASSIAE MIS=/SVS VBI MAG(ISTER) · SSc) · THEOL(OGIAE) · LIC(ENTIATVS) · / CREATVS PATRIAE VT PROFES=/SOR ET PASTOR SERVIIT/ ANNOS 37 : / MORBIS VERO EXHAVSTVS · / NATVM VIDIT · SVCCESSOREM / SVAE ATATISd) 60 · / ANIMAM DEO PRECIBVS / CORPVS · TERRAE MANDANS / ANNO CHRI(STI) 1640 · / HIC RECVBAT / CVRANTE HANC TVMBAM / PIA VIDVA ET LIBERIS ·

Übersetzung:

Der sehr ehrwürdige Gottesmann, Herr Anton Mensching, geboren, getauft und unterwiesen in Apelern, an die Universitäten Sachsens und Hessens geschickt, wo er zum Magister und Licentiaten der hochheiligen Theologie ernannt wurde, diente seiner Heimat als Professor und Pastor 37 Jahre lang. Als er jedoch von Krankheiten ausgezehrt war, erlebte er, wie sein Sohn zu seinem Nachfolger wurde. Im 60. Lebensjahr übergab er im Jahr 1640 seine Seele unter Gebeten Gott, seinen Leib der Erde. Er ruht hier; für diese Begräbnisstätte haben seine fromme Witwe und seine Kinder gesorgt.

Kommentar

Die gleichmäßig ausgeführten Buchstaben orientieren sich weitgehend an der klassischen Idealform der Kapitalis mit Bogen- und Linksschrägenverstärkung sowie Serifen. Der rechte Schrägschaft des A steht meist senkrecht. Die beiden Schrägschäfte des X sind geschwungen. Am Wortanfang läuft der linke Schrägschaft des A unten in einer Schlinge aus. I-Punkte. In CHRI(STI) eine Schleife als Kürzungsstrich. Die Grabplatte ähnelt mit ihrem achteckigen Schriftfeld und der zentrierten Anordnung der Inschrift einigen der Grabplatten an der Bückeburger Stadtkirche (vgl. Einleitung Kap. 6.1).

Anton Mensching wurde am 10. November 1580 als Sohn des Conrad Mensching (Nr. 423) und der Katharina Frie (Frige) in Apelern geboren.1) Er besuchte Schulen in Verden, Hannover und Braunschweig und immatrikulierte sich am 27. Oktober 1599 an der Universität Helmstedt.2) 1600 wechselte er an die Universität Wittenberg3) und 1602 an die Universität Marburg, wo er den Magistergrad erwarb.4) Im folgenden Jahr wurde er Pastor in Apelern, zunächst als Adjunkt seines Vaters,5) der noch im selben Jahr starb. 1604 heiratete Anton Mensching Magdalene Cropp aus Stadthagen, die Tochter Heinrich Cropps.6) An der Universität Wittenberg erwarb Anton Mensching 1610 den Grad eines Lizentiaten der Theologie.7) Im selben Jahr wurde er außerordentlicher Professor für Theologie am Gymnasium illustre in Stadthagen und blieb dies auch nach der Verlegung der Universität nach Rinteln im Jahr 1621, war aber weiterhin als Pastor in Apelern tätig.8) Nach dem Tod seiner ersten Frau im Jahr 1626 heiratete er 1628 Engel Vordemann aus Hattendorf, die Tochter des dortigen Pastors Othrabius Vordemann.9) Anton Mensching starb am 14. Februar 1640.10) Sein Sohn Conrad Mensching wurde sein Nachfolger im Amt des Pastors von Apelern; er wurde dafür bereits am 29. September 1637 ordiniert,11) weil sein Vater aus Krankheitsgründen sein Amt nicht mehr ausüben konnte; der Nenndorfer Pastor Christian Bokelmann (zu ihm Nr. 513) spricht in der Leichenpredigt von einem morbus apoplecticus Hypochandrianus [sic] et Podagricus.12) Ein weiterer Sohn namens Julius wurde Pastor in Bakede (Lkr. Hameln-Pyrmont). Anton Menschings Tochter Anna Magdalena heiratete den späteren schaumburgischen Superintendenten Hermann Elert.13)

Anton Mensching publizierte eine Reihe von Schriften und Disputationen theologischen Inhalts.14) Bokelmann hebt in der Leichenpredigt ferner Menschings Fremdsprachenkenntnisse des Hebräischen, Syrischen, Italienischen, Französischen und Spanischen hervor.15)

Von Bokelmann stammt möglicherweise der Text der vorliegenden Grabplatte. Dafür spricht, dass in einem im Anhang der Leichenpredigt abgedruckten Epicedium in elegischen Distichen Bokelmann ebenfalls die Formulierung exhaustum morbis wählt.16)

Textkritischer Apparat

  1. S kleiner auf die Zeile gesetzt.
  2. INEORMATVS] statt INFORMATVS.
  3. Aufzulösen als S(ACRO)S(ANCTAE) oder S(ANCTISSIMAE).
  4. ATATIS] statt AETATIS.

Anmerkungen

  1. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, Tafel 68.
  2. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 145, Nr. 144. Er schrieb sich dort zusammen mit Conrad und Johannes Mensching ein, vermutlich seinen Brüdern.
  3. Matrikel Wittenberg, Bd. 2, S. 468b, Z. 13f. (Eintrag vom 3. Juni 1600).
  4. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 26; die Immatrikulation in Marburg erfolgte am 17. Mai 1602 (Matrikel Marburg, Teil 3, S. 147).
  5. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 27.
  6. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 315, Anm. 1; Weiland, Trauungen, S. 14. Anton Mensching war dadurch Schwager von Johann Jakob Bernhardi (Nr. 484, 486) und Josua Stegmann (Nr. 580, 589). Zu Heinrich Cropp Nr. 328.
  7. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 27f.
  8. Hänsel, Catalogus Professorum Rinteliensium, S. 3.
  9. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, Tafel 68; zu Othrabius Vordemann vgl. Nr. 635. Das Todesjahr von Menschings erster Ehefrau nach der Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 28.
  10. Leichenpredigt für Anton Mensching, Titelblatt.
  11. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 29; vgl. Paulus, Nachrichten, S. 77 u. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 27.
  12. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 29. morbus apoplecticus meint einen Schlaganfall. Unter morbus hypochondriacus (eine Erkrankung in dem Bereich des Oberbauchs, der zwischen Brustbein und Nabel liegt, i. d. R. als „Milzsucht“ wiedergegeben) ist eine depressive Verstimmung zu verstehen, die von Humoralpathologen durch das Überwiegen bzw. einen Stau schwarzer Galle erklärt wurde. Podagra bezeichnet die Gicht. Für wertvolle Hilfe danke ich Mathias Witt (München).
  13. Paulus, Nachrichten, S. 76.
  14. Hänsel, Catalogus Professorum Rinteliensium, S. 3; vgl. Paulus, Nachrichten, S. 76f.; weitere Titel sind über VD17 zu erschließen.
  15. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 27.
  16. Leichenpredigt für Anton Mensching, S. 32.

Nachweise

  1. Tebbe, Epitaphien, Nr. 6, S. 185.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 606 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0060601.