Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 605 Bückeburg, Stadtkirche 1639

Beschreibung

Grabplatte für Amalia Lucia von Münchhausen. Stein. Die hochrechteckige Grabplatte ist außen an der Südseite der Kirche als fünfte Platte von Westen aufgestellt. Sie ist als Gegenstück zur Grabplatte für den Bruder der Verstorbenen, Johann Hermann von Münchhausen (Nr. 601), gestaltet und zeigt im achteckigen, vertieften Innenfeld die zentriert angeordnete eingehauene Inschrift A. In den vier Ecken der Platte in hochrechteckigen, jeweils zum Innenfeld hin abgeschrägten, vertieften Feldern vier Vollwappen. Vermutlich waren alle vier Wappen mit eingehauenen Beischriften versehen, von denen jedoch nur noch die Beischrift zum Wappen heraldisch oben links zu erkennen ist (B).

Maße: H.: 241 cm; B.: 140 cm; Bu.: 4,6–7,2 cm (A), 2,8 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. A

    B(ONAE) M(EMORIAE) S(ACRVM) / A[ . ]ALIA LVCIA À / [M]VNCHAVSEN, / VIRGO, / GENERE, MORIBUSQUÈ NOBI=/LISSIMA, / VERNANTE IAM AETATISa) FLOS=/CULO, / ADFECTIS AEGRA PULMONI=/BUS, / ELEVANTE, MEDICORUM SOLER=/TIAM, FATO, / TANDEM / AD ILLOS, QUI ANTECESSERE,b) / IVIT, / QUODQUE EX ILLÂ, MORTALE FUIT, / AD LATUS FRATRIS, / PRO VOTO, / HUCc) DEDUCTUM EST, / MORITUR STEIERBERGAE / IV. IANUARII. / ANNO M DC XXXIX / POSTQUAM VIXISSET ANNOSd) XVIII / MENSES VI. / HAVE ET VALE SIC IN COELIS, / QUAM NOVUS NUNC ET MANGN(US)e) / IN TERRIS, PARENTUM / DOLOR ESf).

  2. B

    [ - - - ]  D(IE) V(ON) RIPPERDA 
    [ - - - ]  [ - - - ] 

Übersetzung:

Dem guten Andenken geweiht. Amalia Lucia von Münchhausen, eine junge Frau von edelster Abstammung und edelstem Charakter, war schon in der frühlingshaften Blüte ihrer Jahre durch ihre geschwächten Lungen krank. Nachdem das Schicksal die Kunst der Ärzte zunichte gemacht hatte, ging sie schließlich zu denen, die ihr vorausgegangen waren. Und was von ihr sterblich war, wurde entsprechend ihrem Wunsch hierher an die Seite ihres Bruders überführt. Sie starb in Steyerberg am 4. Januar 1639, nachdem sie 18 Jahre und 6 Monate gelebt hatte. Sei gegrüßt, und lebe so wohl im Himmel, wie du nun der erneute und große Schmerz der Eltern auf Erden bist. (A)

Wappen:
Münchhausen1)Ripperda3)
Hasberg2)Heyden4)

Kommentar

Die Grabplatte gleicht hinsichtlich der Buchstabenformen und der äußeren Gestaltung denjenigen für Johann Hermann von Münchhausen (Nr. 601) und für Anna Catharina Gans (Nr. 602). Das für die Buchstabenformen der Grabplatte Nr. 601 Gesagte gilt auch für das vorliegende Stück, mit der Einschränkung, dass der rechte Schrägschaft des V hier stets nach rechts umgebogen ist. Der Steinmetz verwendet Interpunktionszeichen und Diakritika.

Zur sprachlichen Gestaltung der Grabinschrift vgl. Einleitung Kap. 6.1.

Amalia Lucia von Münchhausen war eine Tochter des Statius von Münchhausen und der Agnesa von Ripperda. Nach den Angaben auf ihrem Grabstein wurde sie im Juli 1620 geboren und verstarb am 4. Januar 1639 im Alter von 18 Jahren und 6 Monaten in Steyerberg (Lkr. Nienburg/Weser). Sie starb nur etwa ein halbes Jahr nach ihrem ältesten Bruder Johann Hermann (Nr. 601),5) worauf in der Inschrift durch die Worte NOVUS … DOLOR Bezug genommen wird.

Textkritischer Apparat

  1. AETATIS] AETATES von Lenthe/Mahrenholtz.
  2. ANTECESSERE] mit Zirkumflex über dem R; ANTECCERE Michel; ANTESSERE von Lenthe/Mahrenholtz.
  3. HUC] fehlt von Arnswaldt, Tebbe.
  4. ANNOS] anno von Arnswaldt, Tebbe.
  5. ET MANGN(US)] ETMANGNO Michel, von Lenthe/Mahrenholtz.
  6. DOLOR ES] dolor est von Arnswaldt, Tebbe; DOLORES Michel, von Lenthe/Mahrenholtz.

Anmerkungen

  1. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  2. Wappen Hasberg (Kammrad in Seitenansicht, überhöht von zwei Rosen); vgl. Siebmachers Wappenbuch von 1605, Tafel 186; Rosen beim vorliegenden Wappen nur ansatzweise erkennbar. Die Großmutter der Verstorbenen gehörte nicht der Adelsfamilie von Hasberg an. Armgard Hasberg, die erste Ehefrau Hans von Münchhausens, war ursprünglich seine Haushälterin (von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 259, S. 112f.).
  3. Wappen Ripperda (rechtssprengender Reiter auf Ross, sein Schwert schwingend); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 106 u. Bd. 2, Tafel 263.
  4. Wappen Heyden (drei Balken); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 68 u. Bd. 2, Tafel 163.
  5. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 446, S. 163. Dort ist der 15. Januar als Todesdatum angegeben; dies beruht auf Michels (Grabsteine, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 9 (1958), Nr. 8, ohne Seitenzählung, Grabstein 5) abwegiger Erklärung, wonach die Datumsangabe IV. für Idibus vertentibus stehe (die Iden des Januar wären im Übrigen der 13., nicht der 15. Januar).

Nachweise

  1. Von Arnswaldt, Einige Inschriften und Wappen von Epitaphien in Stift Obernkirchen und Bückeburg, S. 17.
  2. Michel, Grabsteine, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 9 (1958), Nr. 8, ohne Seitenzählung, Grabstein 5.
  3. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 446, S. 163.
  4. Tebbe, Epitaphien, Nr. 24, S. 190f. (nach von Arnswaldt).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 605 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0060504.