Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 601 Bückeburg, Stadtkirche 1638

Beschreibung

Grabplatte für Johann Hermann von Münchhausen. Stein. Die hochrechteckige Grabplatte ist außen an der Südseite der Kirche als sechste Platte von Westen aufgestellt. Sie ist als Gegenstück zur Grabplatte für die Schwester des Verstorbenen, Amalia Lucia von Münchhausen (Nr. 605), gestaltet und zeigt im achteckigen, vertieften Innenfeld die zentriert angeordnete eingehauene Inschrift A; der Vorname des Verstorbenen ist in größerer Buchstabenhöhe ausgeführt. In den vier Ecken der Platte in hochrechteckigen, jeweils zum Innenfeld hin abgeschrägten, vertieften Feldern vier Vollwappen mit den jeweils darüber (obere Wappen) bzw. darunter (untere Wappen) eingehauenen Beischriften B; die Beischrift heraldisch rechts unten ist durch Verwitterung unkenntlich geworden.

Maße: H.: 243,5 cm; B.: 140 cm; Bu.: 5–7,5 cm (A), 3 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. A

    B(ONAE) M(EMORIAE) S(ACRUM) / FATA OPUS SUUM AGERE / PRAETER INNUMEROS, / FIDEM QUOQUÈ FECIT / IOHAN HERMAN À / MUNCHAUSEN, / IUVENIS, / È STIRPE ANNOSISSIMÂ, / NOBILISSIMUS, / ET / DUM VITAa) FUIT, / VIVIDUSb) ET VALENS / QUEM / PARENTES MOESTISSIMI / CONTRA SPEM ET VOTUM, / IPSO AETATIS FLORE, / FEBRI, PLUSQUAMc) MALIGNÂ / EVITATUM,d) / HOC SUB SAXO COMPOSUÊRE / POSTQUAM / ANNOS IN SUPERIS FECISSET / XXIV. / HAVE ET VALE.

  2. B

    D(IE) V(ON) MVNICHAVSEN  D(IE) V(ON) RIPPERDA 
    [ - - - ]  D(IE) V(ON) HEIDEN 

Übersetzung:

Dem guten Andenken geweiht. Dass das Schicksal sein Werk vollbringt, das bestätigte neben unzähligen anderen auch der junge Mann Johann Hermann von Münchhausen aus uraltem Geschlecht, überaus edel und, solange er lebte, lebhaft und kräftig. Seine tief betrübten Eltern haben ihn, als ihm wider Erwarten und gegen jeden Wunsch in der Blüte seines Alters von einem mehr als bösartigen Fieber das Leben geraubt worden war, unter diesem Stein begraben, nachdem er 24 Jahre auf der Oberwelt verlebt hatte. Sei gegrüßt und lebe wohl. (A)

Wappen:
Münchhausen1)Ripperda3)
Hasberg2)Heyden4)

Kommentar

In Inschrift A gleichmäßig gestaltete Kapitalis mit deutlichem Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen. Die breiten Schattenstriche sind mit rechtwinkliger, teils leicht u-förmiger Kerbe eingehauen. Die Strichsporen sind insbesondere an der Oberlinie sehr ausgeprägt; dort sind sie in der Regel schräggestellt und reichen über die Oberlinie hinaus. Auffälligste Besonderheit ist das Q, dessen raumgreifende geschwungene Cauda die Bogenlinie zweifach durchschneidet. Konisches M. Rundes U, dessen linker und rechter Bogenabschnitt leicht schräg nach außen gestellt sind. Der rechte Schrägschaft des V ist über die Oberlinie ausgezogen und teils nach links, teils nach rechts umgebogen; er endet in einer tropfenförmigen Verdickung. Die geschwungene Cauda des R mit ausgeprägter Bogenverstärkung. In der Schrift werden i-Punkte, Interpunktionszeichen und Diakritika verwendet. Hinsichtlich der Buchstabenformen, aber auch hinsichtlich der äußeren Gestaltung (achteckiges Innenfeld, Wappendarstellungen) gleicht die Grabplatte denjenigen für Amalia Lucia von Münchhausen (Nr. 605) und Anna Catharina Gans (Nr. 602).

Zur sprachlichen Gestaltung der Grabinschrift vgl. Einleitung Kap. 6.1.

Johann Hermann von Münchhausen war der älteste Sohn des Statius von Münchhausen, Herrn auf Steyerberg (Lkr. Nienburg/Weser), und der Agnesa von Ripperda. Statius von Münchhausen war seit 1622 Geheimrat und Landdrost in Bückeburg.5) Sein Sohn Johann Hermann wurde 1613 oder 1614 geboren und starb der Inschrift zufolge im Alter von 24 Jahren. Er wurde am 8. Juli 1638 in Bückeburg begraben.6)

Textkritischer Apparat

  1. DUM VITA] dum in vita von Arnswaldt, Tebbe.
  2. VIVIDUS] VIVISUS von Arnswaldt, Tebbe.
  3. Accentus gravis über dem M statt über dem A.
  4. EVITATUM,] evivatum von Arnswaldt, Tebbe.

Anmerkungen

  1. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  2. Wappen Hasberg (Kammrad in Seitenansicht, überhöht von zwei Rosen); vgl. Siebmachers Wappenbuch von 1605, Tafel 186. Die Großmutter des Verstorbenen gehörte nicht der Adelsfamilie von Hasberg an. Armgard Hasberg, die erste Ehefrau Hans von Münchhausens, war ursprünglich seine Haushälterin (von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 259, S. 112f.).
  3. Wappen Ripperda (rechtssprengender Reiter auf Ross, sein Schwert schwingend); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 106 u. Bd. 2, Tafel 263; hier abweichend: Schwert nicht erkennbar.
  4. Wappen Heyden (drei Balken); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 68 u. Bd. 2, Tafel 163.
  5. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 337, S. 133.
  6. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 440, S. 161f. (mit Verweis auf das Kirchenbuch); vgl. Nr. 337, S. 133.

Nachweise

  1. Von Arnswaldt, Einige Inschriften und Wappen von Epitaphien in Stift Obernkirchen und Bückeburg, S. 17. –Michel, Grabsteine, in: Schaumburg-Lippische Heimat-Blätter 9 (1958), Nr. 8, ohne Seitenzählung, Grabstein 6 (A).
  2. Von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 440, S. 162 (A).
  3. Tebbe, Epitaphien, Nr. 25, S. 191 (A nach von Arnswaldt).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 601 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0060106.