Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 597 Rinteln, St. Nikolai 1637

Beschreibung

Grabplatte für Anna Catharina Berchmann. Stein. Die hochrechteckige Platte ist außen an der Nordseite des Langhauses aufgestellt. In den vier Ecken in hochovalen Medaillons Vollwappen. In der Mitte ein achteckiges vertieftes Innenfeld, in das Inschrift A eingehauen ist. Die ebenfalls eingehauenen Inschriften B als Wappenbeischriften, die der unteren Rundung der Medaillons folgen.

Maße: H.: 215,5 cm; B.: 139 cm; Bu.: 5,5 cm (A), 2,5 cm (B).

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. A

    BUSTUM MATRONAE / LECTISSIMAE CASTISSIMAE / ANNAE CATHARINAE BERCH/MANS VXORIS D(OCTORIS) DAVIDIS / PESTEL NATAE AN(NO) 1616 / CUM LUCTU MARITI ET / MULTORUM PROBORUM / PESTE MORTUAE AN(NO) / 1637. 3. NOV(EMBRIS)

  2. B

    PESTEL  [ - - - ] 
    WIPPERMAN  [ - - - ] 

Übersetzung:

Grab der vortrefflichsten und keuschesten Frau Anna Catharina Berchmann, Ehefrau des David Pestel, geboren im Jahr 1616, zum Schmerz des Gatten und vieler Rechtschaffener an der Pest gestorben im Jahr 1637, am 3. November. (A)

Wappen:
Pestel1)Berchmann?3)
Wippermann2)?4)

Kommentar

Bei der sorgfältig ausgeführten leicht schrägliegenden Kapitalis sind alle senkrechten Schäfte mit breiter Kerbe eingehauen; der Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen ist sehr ausgeprägt. Strichsporen. Rundes U mit rechtem Schaft. Die geschwungene, nach rechts ausgestellte Cauda des R reicht unter die Grundlinie. Der rechte Schrägschaft des V geschwungen und über die Oberlinie hinausragend. Spitze 3.

Anna Catharina Berchmann, geboren 1616, war die Tochter des in Herford ansässigen Doktors beider Rechte Conrad Berchmann. 1634 oder kurz danach heiratete sie den damals in Lemgo (Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen) tätigen Juristen und späteren Professor an der Universität Rinteln David Pestel. Ihm gebar sie zwei Kinder, die jedoch beide kurz nach der Geburt starben.5)

David Pestel (1603–1684) stammte aus Minden. Er war der Sohn des Ratsherrn Johann Pestel und der Margaretha Wippermann. Nach dem Besuch der Schule seiner Heimatstadt und des Gymnasiums in Lemgo studierte er seit 1623 zunächst in Rinteln,6) dann ab Herbst desselben Jahres an der Universität Rostock.7) Nach einer Zeit als Hauslehrer in den Niederlanden hielt er sich in Speyer auf, um Prozesse am Reichskammergericht zu verfolgen.8) Die Promotion zum Doktor des Rechts erfolgte 1634 in Marburg.9) 1635 ist er in der Matrikel der Universität Straßburg nachgewiesen.10) 1641 oder 1642 wurde er als Professor an die juristische Fakultät der Universität Rinteln berufen. Er galt als Spezialist für Hexenprozesse.11) 1646 wurde er darüber hinaus Rat und Konsistorialpräsident am Bückeburger Hof.12) Pestel war in schaumburgischem Auftrag an den Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück beteiligt.13) Später stand er in Diensten der Landgräfin Amalia von Hessen und war einer der Unterzeichner des Teilungsrezesses zwischen Hessen und Schaumburg-Lippe.14)

Nach dem Tod Anna Catharina Berchmanns an der Pest im Jahr 1637 heiratete Pestel 1639 in zweiter Ehe Maria Borries aus Minden, die schon am 9. Juni 1640 achtzehnjährig starb.15) In dritter Ehe heiratete er 1646 Maria Clara Varendorf aus Bielefeld, die ihm dreizehn Kinder gebar; sie starb nach dreißigjähriger Ehe im Jahr 1676.16)

Anmerkungen

  1. Wappen Pestel (Rasen mit Rosenstock, an welchem ein Bock heraufspringt); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 99 u. Bd. 2, Tafel 242.
  2. Wappen Wippermann (mit Stern belegter Balken, begleitet von drei Stechringen 2:1; Helmzier: Wulst, darüber zwei quergeteilte Büffelhörner); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 133 u. Bd. 2, Tafel 336; hier abweichend: als Helmzier Wulst, darüber Flug mit Stechring.
  3. Wappen Berchmann (Querstrom, begleitet von 5 querliegenden Aststücken 3:2, je mit wachsendem Tannenzapfen; Helmzier: Aststück mit wachsendem Tannenzapfen zwischen zwei Büffelhörnern); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 3, S. 3 u. Tafel 2; vom Schildinhalt ist nur der Querstrom sicher zu erkennen; Helmzier hier abweichend: querliegender Ast mit drei wachsenden Blättern.
  4. Wappen ? (Schildinhalt unkenntlich; Helmzier: Flug).
  5. Leichenpredigt für David Pestel, S. 31f.
  6. Leichenpredigt für David Pestel, S. 28–30; Schormann, Rintelner Juristenfakultät, S. 79.
  7. Matrikel Rostock, Bd. 3, S. 55, Z. 46.
  8. Leichenpredigt für David Pestel, S. 31.
  9. Matrikel Marburg 1629–1636, S. 55.
  10. Matrikel Straßburg, Bd. 2, S. 234 (Eintrag vom 22. April 1635); vgl. Schormann, Rintelner Juristenfakultät, S. 79.
  11. Schormann, Rintelner Juristenfakultät, S. 78.
  12. Hänsel, Catalogus Professorum Rinteliensium, S. 28; Schormann, Rintelner Juristenfakultät, S. 78.
  13. Leichenpredigt für David Pestel, S. 35.
  14. Hänsel, Catalogus Professorum Rinteliensium, S. 28.
  15. Leichenpredigt für Maria Borries, S. 29–31 u. 33.
  16. Leichenpredigt für David Pestel, S. 33f.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 597 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0059707.