Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 578 Möllenbeck, Kloster 1570–1631

Beschreibung

Wandmalerei. Die Inschriften befinden sich auf einer freigelegten Wandfläche oberhalb der Tür des Raums 48a im Obergeschoss des Ostflügels. Die Fragmente der in Schwarz auf hellem Grund aufgemalten Inschrift A befinden sich in einem in Kontur gemalten, oben getreppten schildförmigen Feld. Die Fragmente der Inschrift B sind darüber und auf der linken Seite des Schilds angeordnet. Auf der gesamten Fläche sind Reste einer dunkleren Farbschicht zu erkennen. Raum 48a bildete früher mit Raum 48b (Nr. 579) einen zusammenhängenden Raum.1)

Maße: Bu.: ca. 5–6 cm (A, Überschrift), ca. 2 cm (A, Text), ca. 3–6 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien und Minuskeln (A), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    J[ . ]O[H]ANES / SIC DEVS AETERNO MVNDVM COMPLEXVS AMORE . / VT DARET [ . ]NIgSNVMa) PIgNORA CERTA S[V]VM / [ . . . . . . ]b) HVIC C[ . . ]DENSc) DEVOTO PECTORE S[ . ]L[ . ]d) / [ - - - J] ILL[I] CERTAM DAT SINE IABEe) FIDOf) /[ - - - E . ]Tg) DJ[R]OS [L]VCTVS ACHERONTE SVOh) IMO/[ - - - ] PE[ . AT]i) INFER[N]I CVNCTICREMANJISj) AQVAS /[ - - - ]D[ . . ] ATk) ASTRIFERI SPETIOSA PA[L]ATIA CA[ . . . ]l) /[ - - - g]VINEOm) CHRISTI PARTA DOLORE ME,/CISn) ·2)

  2. B

    [ - - - ]VS ET AP[ . . . . ] MINIS[TR]O / [ - - - ]V / [ - - - ] BO[ . . ]S / [ - - - ]S AB [ . . . ]Eo) / [ - - - ]V[ . . ]EN ANTE DEM/[ - - - ]

Übersetzung:

So sehr hat Gott die Welt mit seiner ewigen Liebe umfangen, dass er ihr als sicheres Pfand seinen eingeborenen Sohn gab. Wer an diesen allein [?] mit frommem Herzen glaubt und ihm seine feste und vollkommene Treue schenkt [?], der leidet nicht [?] unter der schlimmen Trauer in der tiefsten Unterwelt […] die Strudel der alles verbrennenden Hölle, sondern steigt empor zu den strahlenden Palästen des gestirnten Himmels, die ihm durch den blutigen Schmerz Christi […] erworben wurden. (A)

Versmaß: Elegische Distichen (A).

Kommentar

Alle g der Inschrift A als Minuskeln. Das S ist in Inschrift A sehr breit ausgeführt; oberes und unteres Bogenende sowie Mittelteil stehen nahezu waagrecht. Konisches M. In V. 6 der Inschrift A sind einige Schäfte zu Zierlinien ausgezogen, die weit unter die Grundlinie reichen und dort zum Teil mehrfache Schlingen bilden. Inschrift A stammt mit großer Wahrscheinlichkeit von derselben Hand wie die Inschrift im jetzigen Raum 48b (Nr. 579). Im Gegensatz zu anderen eher monumental wirkenden Wandmalerei-Inschriften im Stift Möllenbeck scheinen die beiden vorliegenden Inschriften, die von verschiedenen Händen stammen, nicht von einem professionellen Maler ausgeführt worden zu sein. Die Inschriften dürften in den Jahren entstanden sein, in denen das Stift Möllenbeck einen Schulbetrieb beherbergte.

Die Inschrift A nimmt Bezug auf Johannes 3,16 (Sic enim dilexit Deus mundum ut Filium suum unigenitum daret, ut omnis qui credit in eum non pereat, sed habeat vitam aeternam.) und setzt die biblischen Inhalte in eine humanistische Versinschrift mit antikisierenden Elementen (ACHERON V. 5) um. Ob Inschrift B ebenfalls aus Versen bestand, lässt sich nicht mehr entscheiden. MINIS[TR]O und AB [VRB]E kämen als Hexameterschlüsse in Frage.

Textkritischer Apparat

  1. [ . ]NIgSNVM] statt [V]NIGENVM.
  2. Am Zeilenanfang möglicherweise QVISQVIS. Reste eines Versal-Q sind zu erahnen.
  3. C[ . . ]DENS] zu ergänzen zu C[RE]DENS?
  4. S[ . ]L[ . ]] vermutlich S[O]L[I].
  5. IABE] statt LABE.
  6. Ob FIDO korrekt ist, ist fraglich, da das Adjektiv fidus normalerweise langes i hat. Möglicherweise FIDEM.
  7. E . ]T] denkbar wäre NON SVFFERT (Hinweis von Fidel Rädle, Göttingen).
  8. SVO] statt SVB.
  9. Zwischen E und A ein Schaft.
  10. CVNCTICREMANJIS] statt CVNCTICREMANTIS.
  11. [ - - - ]D[ . . ] AT] möglicherweise SCANDET AT.
  12. CA[ . . . ]] zu ergänzen zu CA[ELI].
  13. [ - - - g]VINEO] zu ergänzen zu [SANg]VINEO.
  14. ME,/CIS] statt NE/CIS; Fehlrestaurierung für CRV/CIS?
  15. [ . . . ]E] möglicherweise [VRB]E.

Anmerkungen

  1. Vgl. Schlöder, Befunderhebung/Restaurierung. Fotodokumentation, S. 10–14.
  2. Gemeint ist, dass der Gläubige den Qualen der Hölle entgeht und stattdessen in den Himmel eingeht. Für Hilfe bei den Konjekturen und der Übersetzung danke ich Fidel Rädle (Göttingen) und Wilfried Stroh (München).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 578 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0057802.