Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 575† Stadthagen, St. Martini 1629

Beschreibung

Grabplatte für Konrad Rhendorf. Stein. Die Grabplatte befand sich im östlichen Teil der Kirche. Inschrift A war gerahmt von Darstellungen der Fides auf der einen und der Spes auf der anderen Seite. Im oberen Teil der Grabplatte das Haupt Christi mit der Dornenkrone, begleitet von der Beischrift B. Im unteren Teil ein Agnus Dei mit der Beischrift C.1) Die &-Ligatur des Drucks wird als et wiedergegeben.

Inschrift nach Hauber (auch Interpunktion).

  1. A

    Quod DEO placitum
    Hic Theosebia serta suspende, Hic Harmoniae modos Inscribe Supremo Honori CONRADI RENTORPII Viri pro veteri forma et ultra seculi Hujus mores verè PII ac DOCTI Musaeque Sioniae cumprimis Peramantis. Qui Ita Jubente summo Chori Daducho Et Praecentore post Sacra Praeconis officia ad annos non multos cum laude peracta Nimium properantibus fatis Inter Ipsas Jehovae Laudes Inclamantibus coelum votorum Modulis Fideique fidibus consonantibus Pausam vitae fecit ex abrupto Hagae Schaumburgicorum Die non suo XVIII. Junii Anno Christi M DC XXIX. AEtatis XLII. Quod mortale erat Monumentum Hoc Recondit Signum Mortis in spem vitae Beatioris. Atque sic quidem fuit ille sed non diu. Et tu Lector Brevi fors diceris fuisse. Poënite.a)

  2. B

    Ecce Homo!2)

  3. C

    Ecce Agnus DEI, qui tollit peccata mundi3)

Übersetzung:

Was Gott beschlossen hat. Hier, Gottesfurcht, hänge Kränze auf, hier schreibe eine Melodie nieder zur letzten Ehre des Konrad Rhendorf, eines Mannes, der nach alter Art und über das heutzutage übliche Maß hinaus fromm und gelehrt war und der die Dichtung Davids besonders innig liebte. Weil der allerhöchste Chorführer und Vorsänger es so befahl, hat er – nachdem er das heilige Amt des Predigers wenige Jahre mit Anerkennung ausgeübt hatte – weil das Schicksal es zu eilig hatte, mitten unter dem Lobgesang Gottes, als die Bittgesänge zum Himmel riefen und die Saiten des Glaubens die Begleitmusik spielten, sein Leben plötzlich vor der Zeit in Stadthagen geendet am 28. Juni im Jahr des Herrn 1629, als er 42 Jahre alt war. Was sterblich an ihm war, bedeckt dieses Grabmal, ein Symbol des Todes für die Hoffnung auf ein glücklicheres Leben. Und so hat er zwar gelebt, aber nicht lange. Auch von dir, Leser, wird man vielleicht in Kürze sagen: „Er hat gelebt“. Buße […] (A)

Sieh, der Mensch. (B)

Sieh, das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt. (C)

Kommentar

Konrad Rhendorf, der der Inschrift zufolge um 1587/88 geboren ist, war zunächst Leiter der Schule in Möllenbeck, ehe er 1619 Konrektor der Stadthäger Lateinschule wurde. 1620 stieg er zu ihrem Rektor auf. Er heiratete im Jahr 1622 Magdalene Koch, die Tochter des Kämmerers Heine Koch.4) 1626 erhielt er die dritte Pfarrstelle an der St. Martini-Kirche von Stadthagen.5) Hauber bescheinigt ihm eine hervorragende Begabung als Musiker.6)

Auf seine Liebe zur Musik nimmt die um ausgefallene Formulierungen bemühte Grabinschrift mehrfach Bezug: Explizit wird Rhendorfs Hochschätzung der „sionischen Muse“ erwähnt, womit die Psalmen Davids gemeint sind. Leben und Sterben Rhendorfs wird in Begriffen der Musik umschrieben: So wird beispielsweise Gott metaphorisch als Chorleiter,7) Rhendorfs Frömmigkeit als Saitenklang bezeichnet (im Deutschen nicht wiederzugeben ist das Wortspiel fideifidibus).

Textkritischer Apparat

  1. Möglicherweise zu ergänzen zu Poënite(ntiam age).

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Hauber, Primitiae Schauenburgicae, S. 286, Anm. g.
  2. Io 19,5.
  3. Liturgischer Text aus dem Canon missae (nach Io 1,29).
  4. Röhling, Lateinschule, S. 212.
  5. Dassel, Beschreibung der St. Martini Kirche, S. 4.
  6. Hauber, Primitiae Schauenburgicae, S. 285f.
  7. Daduchus (von griech. δᾳδοῦχος, „Fackelträger“) ist eigentlich ein Priesteramt beim Mysterienkult von Eleusis (Kern, Daduchos, in: RE IV,2, Sp. 1979f.).

Nachweise

  1. Hauber, Primitiae Schauenburgicae, S. 286f.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 575† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0057501.