Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 560† Bückeburg, Jetenburger Kirche 1626

Beschreibung

Grabplatte für das Kind Heinrich von der Borgh (Burg). Stein. Die Platte war nach dem Plan bei Prinz1) unterhalb des nordwestlichen Fensters vermutlich in den Fußboden eingelassen und schon 1939 „schlecht erhalten“ und durch Feuchtigkeit angegriffen.2) Sie war zum Zeitpunkt der Aufnahme im sichtbaren Teil des Kirchenbodens nicht zu identifizieren, liegt aber möglicherweise noch unter dem Gestühlspodest verborgen.

Inschrift nach Prinz.

  1. Henricus Leonhardi von der Burg i(uris) d(octoris) et Gertrudis Holste conjugum filius heic cub(at) qui cum anno MDCXXVI die XXV. augusti hora IV po(st) merid(iem) nas(citur) hor(a) eadem Christo redemptori per.a) bap(tisma) renas(citur) cor(pore) mundoque septem post hor(as) [ - - - ]

Übersetzung:

Heinrich, Sohn der Eheleute Leonhard von der Borgh, Doktor des Rechts, und der Gertrud Holste, ruht hier. Er wurde, nachdem er im Jahr 1626 am 25. August in der vierten Nachmittagsstunde geboren worden war, zur selben Stunde durch die Taufe Christus dem Erlöser wiedergeboren. Vom Körper und der Welt nach sieben Stunden […]

Kommentar

Heinrich von der Borgh (Burg), der noch am Tag seiner Geburt starb, war, wie die Inschrift besagt, der Sohn des Doktors der Rechte Leonhard von der Borgh (Burg) und der Gertrud Holste.

Der aus Osnabrück stammende Leonhard von der Borgh war der Sohn des Leinwandhändlers Jobst von der Borgh. Er studierte in Helmstedt und Heidelberg.3) Dort absolvierte er im Jahr 1613 eine juristische Disputation.4) Gertrud Holste war die im Jahr 1588 geborene Tochter des Gerhard Holste, Ratsherr in Werne, und der Ida von Schwansbell.5) 1616 erlangten die Eheleute Leonhard von der Borgh und Gertrud Holste das Bürgerrecht in Münster. Sie verließen Münster im Jahr 1622 zusammen mit ihren Kindern Jodocus, Johann, Dietrich und Catharina Elisabeth und sollen sich zunächst in Minden niedergelassen haben, wofür allerdings die Quellenbelege fehlen.6) Ab 1622 war Leonhard von der Borgh Rat und später Geheimrat am Hof des Grafen Jobst Hermann von Holstein-Schaumburg in Bückeburg.7) Von diesem erhielt er 1629 ein Haus in der Langen Straße zum Geschenk, das zuvor Graf Ernsts Leibarzt Hermann Conerding gehört hatte.8)

Neben Heinrich wurden zwei weitere Kinder Leonhard von der Borghs in Bückeburg getauft: Jobst Hermann (1629), dessen Pate Graf Jobst Hermann wurde, und Hedwig (1633), für die die Fürstinwitwe die Patenschaft übernahm.9) Mehrere Söhne schlugen einen höheren Bildungsweg ein: Der noch in Münster geborene Jodocus immatrikulierte sich im Oktober 1637 in Rostock,10) Jobst Hermann besuchte das Gymnasium illustre in Bremen, Statius Leonhard die Universität Greifswald.11) Ein weiterer Sohn studierte in Groningen.12)

Allerdings geriet die Familie in finanzielle Bedrängnis, weil der zahlungsunfähige Graf Jobst Hermann von 1629 an kein Gehalt mehr an Leonhard von der Borgh auszahlen konnte. 1637 verließ dieser mit seiner Familie Bückeburg und zog nach Stade. 1639 wurde er Syndikus in Lübeck, wo er am 20. oder 21. November 1641 starb. Noch mehrere Jahre lang stritten die Erben Leonhard von der Borghs mit den Nachfolgern der Grafen von Holstein-Schaumburg um eine Begleichung ihrer finanziellen Forderungen.13)

Textkritischer Apparat

  1. Punkt so bei Prinz.

Anmerkungen

  1. Prinz, Grabdenkmäler, Lageplan, S. 7.
  2. Prinz, Grabdenkmäler, S. 54.
  3. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 144, Nr. 53 (Eintrag vom 1. Juni 1599); Matrikel Heidelberg, Teil 2, S. 262, Nr. 135 (Eintrag vom 5. November 1612).
  4. Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 137.
  5. Hans Jürgen Warnecke, Münsterländische Beamte, Kaufhändler und Textilunternehmer als Nachkommen der Erbmarschälle von Morrien, in: Beiträge zur westfälischen Familienforschung 27–29 (1969–1971), S. 52–84, dort S. 70.
  6. Warnecke, Münsterländische Beamte (wie oben Anm. 5), S. 70; Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 137.
  7. Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 137f.
  8. Prinz, Grabdenkmäler, S. 55; Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 139.
  9. Prinz, Grabdenkmäler, S. 54f.; vgl. Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 146.
  10. Matrikel Rostock, Bd. 3, S. 111, Nr. 248.
  11. Der Matrikeleintrag für Statius Leonhard vom 24. September 1646 lautet: Statius Leonhardus von der Burg, Bucceburgo-Westphalus, iuravit, gratis inscriptus ob egestatem (Matrikel Greifswald, Bd. 1, S. 633, Z. 13ff.).
  12. Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 142.
  13. Bei der Wieden, Lebensverhältnisse, S. 140–147.

Nachweise

  1. Prinz, Grabdenkmäler, Nr. 31, S. 54.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 560† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0056000.