Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 557 Bückeburg, Stadtkirche 1626

Beschreibung

Grabplatte für Dietrich vom Brinck. Stein. Die hochrechteckige Grabplatte ist an der nördlichen Außenseite der Kirche als zweite Platte von Westen aufgestellt. Sie zeigt im achteckigen, vertieften Innenfeld die zentriert angeordnete eingehauene Inschrift A, die in der oberen Hälfte zum Teil abgetreten ist. In den vier Ecken der Platte in quadratischen, jeweils zum Innenfeld hin abgeschrägten, vertieften Feldern vier Vollwappen. Unterhalb der beiden unteren Wappen die eingehauenen Beischriften B. Am oberen Rand der Platte sind keine Beischriften mehr erkennbar.

Maße: H.: 255 cm; B.: 136 cm; Bu.: 5–5,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien und Minuskeln (A), Kapitalis mit Versalien (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    P(IIS) M(ANIBUS) S(ACRUM) / THEO[DOR]US Â BRINCK / ILLUST[R]IS[SIMU]M PRINCIPEM / E[R]NESTUM / HOLS[A]T(IAE) S[CHA]UWENB(URGI) ET STERN(BERGAE) etc.a) / CO[MI]TEM DOMINUM SUUM / IN SEC[RE]T[ORUM] OMNIUM CON=/SCIENTIA / ADEOQUE / TRISTI[UM] ET LAETORUM QUA=/SI SOCIETATE / AD VICES USQUE PRINCIPALES / PROMOT[I]S OFFICIORUM HONORIBUS / FELICITER EMENSUS / POSTQUAM / FO[R]TUNÂ CONSTANTER ADLU=/BESCENTE / REBUS EX VOTO DOMI ORDINATIS / AD SUUM QUOQUE VENIT FATUM / EX ORBE / ADORTUMb) TERRAM / SEQUENTE SUORUM DESIDERIO / HUC DELATUS EST / EXCESSIT ANNO M. DC : XXVI / XXV DIE SEPTEMB(RIS) / CUM VIXISSET ANNOS LXI / MENSES VII DIEM I. HORAS XV. / TANTUM EST LECTOR / VALE ET / SECUTURUM TE COGITATO.

  2. B

    D(IE) V(ON) WECHLER.  D(IE) [V(ON)] KNIGGEN. 

Übersetzung:

Der frommen Seele geweiht. Dietrich vom Brinck, der den durchlauchtigsten Fürsten, den Grafen Ernst von Holstein, Schaumburg und Sternberg usw., seinen Herrn, glücklich überlebt hat, war, weil er in alle geheimen Angelegenheiten eingeweiht war und deshalb gewissermaßen Wegbegleiter in traurigen und freudigen Ereignissen war, in der Ämterlaufbahn bis zum Stellvertreter des Fürsten aufgestiegen. Als auch er, nachdem ihm das Glück beständig zugetan gewesen war und er seine häuslichen Angelegenheiten wunschgemäß geordnet hatte, zu seinem Ende gekommen war und sich aus der Welt in die Erde aufgemacht hatte, woraus den Seinen schmerzliche Sehnsucht erwuchs, wurde er hierher gebracht. Er starb im Jahr 1626 am 25. September, nachdem er 61 Jahre, sieben Monate, einen Tag und fünfzehn Stunden gelebt hatte. Soviel nur. Leser, lebe wohl und bedenke, dass du ihm folgen wirst.1) (A)

Wappen:
vom Brinck2)Exterde4)
Wechler3)Knigge5)

Kommentar

Die Kapitalis orientiert sich am klassischen Formideal. Bogen- und Linksschrägenverstärkung, Strichsporen. Teilweise i-Punkte. Rundes U. Beim E ist der untere Balken nicht länger als der obere. Gerades M, dessen Mittelteil bis zur Grundlinie herabreicht.

Dietrich (Theodor) vom Brinck wurde am 25. März 1565 als Sohn des Drosten in Stolzenau (Lkr. Nienburg/Weser) und Jever, Johann vom Brinck,6) und der Anne von Exterde geboren.7) Er ging in Herford (Kreis Herford, Nordrhein-Westfalen) und Lemgo (Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen) zur Schule8) und studierte an den Universitäten Helmstedt9) und Wittenberg.10) Anschließend stand er zunächst in lippischen, dann in schaumburgischen Diensten.11) Johann Prange hebt in seiner Leichenpredigt hervor, dass er ein enger, unverzichtbarer Mitarbeiter des Grafen Ernst von Holstein-Schaumburg war;12) dies deckt sich mit den Aussagen der Grabinschrift. Für seine treuen Dienste erhielt er von Graf Ernst 5000 Taler als Geschenk.13) Von 1607 bis 1615 oder 1616 war Dietrich vom Brinck Drost in Bückeburg. Von 1616 bis 1621 ist er als Landdrost, von 1621 bis 1626 als Statthalter in Bückeburg bezeugt.14) Er begleitete den Grafen auf Reisen innerhalb Deutschlands, nach Italien, Frankreich, Ungarn, Dänemark und in die Niederlande, diente aber auch als gräflicher und fürstlicher Gesandter.15) Nach dem Tod des Fürsten Ernst 1622 trat vom Brinck in die Dienste des Grafen Jobst Hermann, blieb Vertrauter der fürstlichen Witwe und wurde von den Ständen zum Schatzrat berufen.16) Neben dem Sitz seiner Familie in Iggenhausen (Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen) zählten auch Güter in Riepen17) und in Bückeburg zu seinem Besitz. Dort hatte er seit 1603 den früheren Münchhausenschen Burgmannshof inne.18) Dietrich vom Brinck tätigte Stiftungen zugunsten der Armen, der Kirchen und der Schulen, deren Förderung ihm, wie es in der Leichenpredigt heißt, besonders am Herzen lag.19)

In erster Ehe heiratete er Margaretha Christina von Lehrbach. Sie starb 1602 oder 160320) und wurde in Stadthagen begraben.21)

Anlässlich der Hochzeit vom Brincks mit seiner zweiten Ehefrau Lucia Maria von Steding zu Holzhausen (Nr. 625) im Jahr 160522) verfasste der Rektor der Lateinschule in Stadthagen, Johannes Orsaeus (zu ihm Nr. 486), ein Festgedicht.23) Das Paar bekam fünf Söhne und drei Töchter.24)

Dietrich vom Brinck starb am 25. September 1626 und wurde am 29. Oktober in der Bückeburger Stadtkirche begraben.25) Anlässlich seines Todes wurde abgesehen von der Leichenpredigt auch eine eigenständige Sammlung von Epicedia mit Trauergedichten Rintelner Professoren gedruckt, was seinen hohen Rang in der Grafschaft Schaumburg unterstreicht.26)

Textkritischer Apparat

  1. etc. kleiner.
  2. ADORTUM] möglicherweise Haufehler statt ADORTUS (Vorschlag Fidel Rädle, Göttingen).

Anmerkungen

  1. Für Hilfe bei der Übersetzung danke ich Fidel Rädle (Göttingen).
  2. Wappen vom Brinck (schwebender Dreiberg; Helmzier: Flug); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 10, S. 2 u. Tafel 2 (Schildinhalt weitgehend unkenntlich).
  3. Wappen Wechler oder Wechelde (so Michel, Grabsteine) (zwei Pfähle). Auf der Grabplatte für Albert vom Brinck, den Bruder des Verstorbenen in Idensen (Region Hannover) ist der Familienname als Wechlern angegeben (Kdm. Kreis Neustadt a. R., Bd. 1, S. 76 u. Bd. 2, Abb. 165.).
  4. Wappen Exterde (rechtsschräge Reihe von Rauten); vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 50 u. Tafel 120.
  5. Wappen Knigge (geteilt: 1. wachsender Löwe, 2. viermal geteilt); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 10 u. Tafeln 11f.
  6. Schormann, Academia Ernestina, S. 21f.
  7. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 26. Von Arnswaldt zufolge sind die Wappen der Großmütter auf der Grabplatte nicht richtig angegeben (von Arnswaldt, Einige Inschriften und Wappen von Epitaphien in Stift Obernkirchen und Bückeburg, S. 18); allerdings wird in der Leichenpredigt für Albert vom Brinck eine von Knigge als Mutter der Anne von Exterde genannt (Roth, Auswertungen von Leichenpredigten, Bd. 9, R8697). Die gleichen vier Wappen in entsprechender Anordnung finden sich auch auf der Grabplatte für Albert vom Brinck (s. oben Anm. 2) und auf dem Epitaph für die Familie von Ditfurth (Nr. 637).
  8. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 27.
  9. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 43 (Eintrag vom 26. Oktober 1583).
  10. Matrikel Wittenberg, Bd. 2, S. 340 (Eintrag vom 24. September 1586).
  11. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 28f.
  12. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 31.
  13. Sommer, Zur Geschichte eines Burgmannshofes, S. 9, Anm. 45.
  14. Bei der Wieden, Die leitenden Beamten, S. 337 u. 339f.
  15. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 31f.
  16. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 33f.
  17. NLA BU, Orig. F Nr. 490 (nach Findbuch).
  18. Heute Hubschraubermuseum; dazu Sommer, Zur Geschichte eines Burgmannshofes, S. 9–11; vgl. Albrecht, Adelshöfe in Bückeburg, S. 14.
  19. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 30 u. 37.
  20. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 34f.
  21. Vgl. Doebner, Urkunden-Regesten von Stadthagen, Nr. 495 u. die Kirchenrechnungen der Martini-Kirche Stadthagen (StA Stadthagen, K Nr. 302, ohne Blattzählung).
  22. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 35.
  23. Johannes Orsaeus, Thalassio in Honorem Nuptiarum […] D. Theodoricus a Brincke, Satrapae & Consiliario Schawenburgico Sponso: & […] virgini, Luciae-Mariae Stedingiae, […] D. Johannis Stedingii […] filiae Sponsae, Lemgo 1604 (VD17 1:626414M).
  24. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, S. 35. Die Tochter Anna Margarethe heiratete 1628 Franz von Ditfurth (Nr. 637).
  25. Leichenpredigt für Dietrich vom Brinck, Titelblatt.
  26. Epicedia in obitum magnifici, perstrenui et Nobilissimi viri Domini Diterich vom Brinck, Rinteln 1626 (GWLB Hannover, Sign. Cm 136).

Nachweise

  1. Von Arnswaldt, Einige Inschriften und Wappen von Epitaphien in Stift Obernkirchen und Bückeburg, S. 18.
  2. Michel, Grabsteine, in: Schaumburg-lippische Heimat-Blätter 10 (1959), Nr. 4, ohne Seitenzählung, Grabstein 17.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 557 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0055703.