Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 524 Hohnhorst, Martinskirche 1622

Beschreibung

Grabplatte für den Pastor Cordt Backhaus. Stein. Die hochrechteckige, stark verwitterte Grabplatte ist außen an der Südwand des Turms aufgestellt. Inschrift A läuft erhaben in vertiefter Zeile um den Stein um. Im Innenfeld im oberen Drittel des Steins ein vertieftes Schriftfeld mit der erhaben ausgehauenen Inschrift B2, darüber ist in der Rahmenleiste Inschrift B1 als Überschrift eingehauen. Unterhalb von B2 zwei Wappenschilde, im heraldisch rechten Wappen die Buchstaben C, im heraldisch linken die Buchstaben D; beide sind erhaben in vertieftem Feld ausgehauen. Unterhalb der Wappen folgt ein vertieftes Feld mit der erhaben ausgehauenen Inschrift E2, darüber ist Inschrift E1 als Überschrift eingehauen. Ganz unten ein vertieftes Feld mit der erhaben ausgehauenen Inschrift F2, darüber ist die Inschrift F1 als Überschrift eingehauen. Rechts neben der Inschrift F1 ein vertieftes Feld mit der erhaben ausgehauenen Inschrift G.

Inschriften ergänzt nach Fotografie bei Munk, Inschrift F2 ergänzt nach dem Bibeltext.

Maße: H.: 237 cm; B.: 141,5 cm; Bu.: 5,6 cm (A), 5 cm (B1), 4,5 cm (B2), 3,5 cm (C), 17 cm (D), 4 cm (E1), 4,2 cm (E2), 4,7 cm (F1, G), 4,4 cm (F2).

Schriftart(en): Schrägliegende Kapitalis (B1, C, D, E1, F1, G), schrägliegende Kapitalis mit Versal (A, B2, E2, F2).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. A

    A(NN)O 1622 DE[ . ] 27 A[PR(ILIS)] ABEND[E]S / NACH 3 UHR IST DER EHRWÜRDIGE ACHTBAHR UND WOLGELAHRTE HER / CURD BACKHAUS SELIG IN [GOTT ENT/SCHLAFFEN SEINE]S ALTERS IM 63 SEINES PREDIGAMBTS IM 35 IAHRE.

  2. B1

    2. TIM. 4

  3. B2

    ICH HAB EINEN GUTEN KAMPF GEKEMPFET / ICH HABE DEN L[AVF] VOLLENDET ICH HABE / GLAUBEN GE[HALT]EN HINFVRT IST MIR / BE[I]GELEGT DIE [KRON] DER GERECHTIGKEIT, / WELCHE MIR DER [H]ERR AN IENEM TAGE, / DER GERECHT[E] RICHTER GEBEN WIRT / NI[CH] [M]IR ABER ALLEIN SONDER AVCH / [ALL]EN D[I]E SEINE ERSCHEINVNG / LIEB HABEN1)

  4. C

    C(URD) B(ACKHAUS)

  5. D

    A(NNA) R(ODE)

  6. E1

    EPITAB

  7. E2

    CONQERAR AN SILEAM SVNT HOC SUB TEGMINE / VATISa) / BACHVSI E[X]UVIAE CONQERAR AN SILEAM · /VT DOCUIT [P]OPVLUM TRIGINTA QUINQ(UE) PER ANNOS . /EXTRUXIT[Q(VE)] SCHOLAM NON SINE LAV[D]E DEO . /V[T] BAPTISTERIVM, SIMVL ATQ(UE) SEDILIA TEMPLI /APTA[UI]T MORTIS FALCE RESECTUS OBIT . /ERGO DOLENT MERITO CONIVNX ET C[AR]A PROPAGO /ERGO SENEM EREPTUM [ . . ]N[ . ]I[ . ]b) [ . . . DOLE]Tc) /CONCIP[E T]U VOTUM PR[O VIUO] CU[ . . . . ]ATORd) /BAC[H]VS IN AETHEREA CLAREAT IL[LE D]OMO .

  8. F1

    [V]LTIMVM IN AGONE SVSPIRIVM

  9. F2

    EX PSAL(MO) [25] / [HERR DIE] ANGST MEINES HER[Tz]ENS IST G[RO]S / FURE [MI]CH AVS MEINE[N] [NOE]TEN, S[IHE] AN [ME]Y[N] / IAMER VNDT ELEND[T VNDT VERGI]B [MIR] / ALLE MEIN[E SUN]D[E]2)

  10. G

    H. L. W.

Übersetzung:

Soll ich klagen oder schweigen? Unter dieser Abdeckung befindet sich die sterbliche Hülle des Priesters Backhaus. Soll ich klagen oder schweigen? Als er 35 Jahre lang das Volk gelehrt hatte, als er für Gott eine Schule gebaut hatte, nicht ohne sich damit Lob zu verdienen, als er das Taufbecken und zugleich die Kirchenstühle instandgesetzt hatte, starb er, von der Sichel des Todes abgeschnitten. Daher empfinden seine Gattin und seine lieben Nachkommen zu Recht Schmerz darüber, dass der alte Mann ihnen entrissen wurde […] Verrichte ein Gebet […] für den Lebenden […] Backhaus möge im himmlischen Haus leuchten. (E2)

Der letzte Seufzer im Todeskampf. (F1)

Versmaß: Elegische Distichen (E2).

Wappen:
Backhaus,3) Anna Rode4)

Kommentar

Schrägliegende Kapitalis aus schmalen, hohen Buchstaben mit breiter Strichstärke und dreieckigen Sporen. Rundes U mit rechtem Schaft. Der obere Schrägbalken des K ist durchgebogen, der untere geschwungen; die Cauda des R ist geschwungen und einwärts gekrümmt. 2 in Form eines Z, spitze 3.

Cordt Backhaus studierte in Rostock,5) bevor er 1587 der erste Pastor in Hohnhorst nach der Einführung der Reformation wurde.6) 1588 ließ er eine Glocke für die Hohnhorster Kirche gießen (Nr. 324), 1601 schaffte er einen Taufstein an (Nr. 412), der auch in der Inschrift erwähnt wird. Dort ist ferner von Kirchensitzen sowie vom Bau einer Schule die Rede. 1605 begann Backhaus, die Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle in seinem Kirchspiel in einem Kirchenbuch zu verzeichnen.7)

Seine Ehefrau Anna Rode, mit der zusammen er 1595 in einer Stadthäger Urkunde genannt ist,8) war die Urenkelin des Lindhorster Pfarrers Johann Rode. Das Paar hatte zusammen fünf Kinder. Die dritte Tochter, Margaretha, heiratete den Oberförster im Amt Rodenberg, Otto Klott (Clodius) (Nr. 660).9) Cordt Backhaus und Anna Rode kauften am 23. April 1595 für 500 Taler vom Bürgermeister und dem Rat der Stadt Stadthagen eine Rente von 20 Talern.10) Cordt Backhaus starb der Inschrift zufolge am 27. April 1622 nach 35-jähriger Amtszeit als Hohnhorster Pastor.

Nicht ganz klar ist die Funktion der Initialen H. L. W. (Inschrift G). Möglicherweise handelt es sich um eine Verfasserangabe zu dem unmittelbar darüber stehenden Epigramm (Inschrift E2). Die Buchstaben könnten für H(ERR) L(UDOLF) W(ALTHER) stehen; er war Cordt Backhaus’ Nachfolger als Pastor in Hohnhorst.11)

Textkritischer Apparat

  1. VATIS über der Zeile.
  2. [ . . ]N[ . ]I[ . ]] möglicherweise CONCIO.
  3. Lesung unsicher.
  4. Das letzte Wort möglicherweise [VI]ATOR.

Anmerkungen

  1. 2 Ti 4,7f.
  2. Ps 25,17f.
  3. Wappen Backhaus (von Pflanze umwundener, schräggestellter Stab, oben und unten begleitet von je einer Blüte).
  4. Wappen Anna Rode (Initialen AR).
  5. Matrikel Rostock, Bd. 2, S. 213, Nr. 20 (Eintrag vom Mai 1584).
  6. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 528; vgl. Paulus, Nachrichten, S. 203. Die Angabe bei Munk (Hohnhorst, S. 69), Cordt Backhaus sei ein Sohn des Stadthäger Schmieds Hans Backhaus gewesen, beruht möglicherweise auf einer Verwechslung mit dem Conrad Backhaus, der von 1599 bis 1624 die dritte Pfarrstelle in Stadthagen innehatte (Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 398).
  7. Munk, Hohnhorst, S. 73; vgl. Paulus, Nachrichten, S. 202f. (demnach setzt das Kirchenbuch bereits 1603 ein).
  8. Doebner, Urkunden-Regesten von Stadthagen, Nr. 483.
  9. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 360; vgl. Paulus, Nachrichten, S. 203.
  10. Doebner, Urkunden-Regesten von Stadthagen, Nr. 483.
  11. Zu ihm Paulus, Nachrichten, S. 203–205.

Nachweise

  1. Munk, Hohnhorst, S. 70 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 524 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0052404.