Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 522† Stadthagen, Echternstraße 22? 1621?

Beschreibung

Haus. Die Fassade des Hauses ist heute aus Backsteinen aufgemauert, an der Traufseite Fachwerkbauweise aus jüngerer Zeit. Der ursprüngliche Anbringungsort von Inschrift A ist nicht bekannt, Inschrift B befand sich „an den Knaggen unter dem Sturze“.1) Die Überlieferungslage dieser Inschrift wirft mehrere Probleme auf: Im 1897 erschienenen Kunstdenkmälerinventar überliefert Schönermark fragmentarisch die damals teilweise unleserliche Inschrift des Hauses Echternstraße 22 mit der Jahreszahl 1621.2) Conze (1859) überliefert ohne Angabe einer Adresse eine vollständige, im Wortlaut und in der Kombination der Texte übereinstimmende Inschrift, die allerdings zusätzlich die Namen der Erbauer des Hauses enthält und die Jahreszahl 1671. Weiland (1981) ging als erster davon aus, dass es sich um zwei verschiedene Inschriften handele. Er lokalisiert die bei Conze überlieferte Inschrift am gegenüberliegenden Haus in der Echternstraße 18, nennt aber die Jahreszahl 1651.3) Dieses Gebäude war sicherlich bereits zu Weilands Zeit verputzt,4) seine Editionen beruhen also nicht auf Autopsie. In der vorliegenden Edition wird von nur einer Inschrift ausgegangen. Zur Datierung vgl. den Kommentar.

Inschriften nach Kdm.

  1. A

    WO GODE VERTRVVETa) HEFT WOLGEBVWET [JM]b) HIMMEL VNDT VP ERDEN5) 1621

  2. B

    WAT GODT GIFT IS WOL GERADEN · AFGVNST DER MIN SCHADENc)6) ICK TRVWE [ - - - ]

Inschriften nach Conze.

  1. A

    Wol godt vortruwet heft wol gebuwet im himmel undt uf erden Harmen Backhus Anna Heinne 1671d)

  2. B

    Wate) godt gift is wol geraden Afgunst der min schaden ick truw up got und sin gebot7) he wert idt wol geven

Übersetzung:

Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut im Himmel und auf Erden. (A).
Was Gott gibt, ist wohl geraten. Missgunst ist mein Schaden. Ich vertraue auf Gott und halte sein Gebot. Er wird es wohl geben. (B)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Der Schuster und Schmied Hermann Backhaus wurde 1591 Bürger von Stadthagen.8) 1613 bis 1628 war er Mitglied des Rats. Das Datum der Hochzeit mit Anna Heine ist nicht überliefert; als Eheleute sind sie 1623 bezeugt.9) Bereits 1627 ist eine Tochter des Hermann Backhaus namens Dorothea als Ehefrau des Schneiders Heine Schmiedt erwähnt. Ihr Testament wurde 1675 eröffnet.10) Die bei Conze angegebene Jahreszahl 1671 dürfte also von einer Fehllesung herrühren. Der niederdeutsche Sprachstand der Inschrift spricht eher für eine Datierung noch ins 16. Jahrhundert. Steinicke schlägt eine Emendation zu 1591 vor.11) Der Vergleich mit anderen Stadthäger Hausinschriften zeigt, dass häufig das Datum des Hausbaus in zeitlicher Nähe zum Erwerb des Bürgerrechts (und der Eheschließung) liegt (vgl. etwa Nr. 248, 294, 327, 466 oder 465). Allerdings ist eine Verlesung von 1621 zu 1671 aus paläographischer Sicht deutlich leichter möglich als zu 1591.

Textkritischer Apparat

  1. WO GODE VERTRVVET] WAT GODT VERTRVVETT Weiland, S. 19; Wol Godt vortruwet Steinicke.
  2. JM] ergänzt nach Weiland; fehlt Kdm.
  3. MIN SCHADEN] MINSCH ADEN Kdm.; MINSCH … Weiland, S. 19.
  4. 1671] 1651 Weiland, S. 15.
  5. Wat] Wo Weiland, S. 15.

Anmerkungen

  1. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 89.
  2. Laut Weiland wurde das Gebäude 1893 durch einen Neubau ersetzt (Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 2, S. 19), doch hatte Schönermark die Aufnahme der Kunstdenkmäler im Kreis Schaumburg-Lippe bereits 1891 durchgeführt (Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, Vorwort).
  3. Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 2, S. 15.
  4. Die Echternstraße 18 fehlt in Weiland, Die alten Häuser in Stadthagen, wo auch die Inschrift der Echternstraße 22 nicht erwähnt wird. Das traufenständige Haus Nr. 18 scheint zu klein für derart umfangreiche Inschriften. Vermutlich liegt ein Irrtum Weilands vor. Die Aufspaltung in zwei Inschriften setzt sich fort bei Steinicke, Hausinschriften, S. 63 (Nr. 33 u. 34).
  5. Wackernagel, Kirchenlied, Bd. 3, Nr. 1213; vgl. Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. 2, Sp. 90, Nr. 2200.
  6. Vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 629: [Aff]gunst der lude kan nicht vil schaden den was got will mus wol geraden; vgl. ebd., Nr. 521, 648, 651.
  7. Vgl. Nr. 214, 229 sowie DI 59 (Stadt Lemgo), Nr. 193: · FVRCHTE . GOTT . VND . HALT SEINE GEBOT.
  8. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 54,27.
  9. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 274,14.
  10. Burchard, Stadtarchiv Stadthagen, S. 411,28f.; vgl. ebd., Anm. 6; S. 465f. mit Anm. 2.
  11. Steinicke, Hausinschriften, S. 63 zu Nr. 33.

Nachweise

  1. Conze, Haussprüche, S. 97.
  2. Kdm. Kreis Schaumburg-Lippe, S. 89.
  3. Flemming, Stadthagener Hausinschriften, ohne Seitenzählung (B).
  4. Weiland, Die Häuser und deren Eigentümer, Teil 2, S. 15 u. 19.
  5. Steinicke, Hausinschriften, Nr. 33 u. 34, S. 63 (nach Weiland).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 522† (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0052200.